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Rekonstruktive Überlegungen zu Differenz- und Differenzierungskonstruktionen im inklusiven Englischunterricht: Sprachexpertinnen und -experten im multikulturellen Klassenzimmer

Svenja Johannsen (Europa-Universität Flensburg)

Abstract

Im folgenden Beitrag steht die Analyse eines Grundschulenglischunterrichts im Anspruch von Inklusion auf Basis einer praxistheoretisch-orientierten Ethnografie im Fokus. Zunächst wird die Bedeutung differenzierender Maßnahmen für den Fachunterricht skizziert, welche – so die Ausgangsthese – Vielfalt anerkennen und zur Herstellung von Gemeinschaft im Lebensraum Schule beitragen sollen. Daran anschließend werden ausgewählte Rekonstruktionen ethnografischer Unterrichtsbeobachtungen der ‚DiEG’-Studie (Formen der Differenzierung und Differenzkonstruktion im Englischunterricht der Grundschule im Anspruch von Inklusion) dargestellt und differenztheoretisch gedeutet. Diese bringen das Heterogenitätsfeld des multikulturellen Klassenzimmers hervor, das im Kontext von Teilhabe und Partizipation kritisch diskutiert wird. Der Beitrag mündet in Überlegungen zu einem relationalen Spannungsfeld inklusiven Unterrichts, nach dem interkulturelle Praktiken im Englischunterricht durchaus Möglichkeitsräume für Differenzierung offenlegen, unter dem das methodisch-didaktische Prinzip der Schülerinnen- und Schülerorientierung sowie der Lebensweltorientierung als Konsequenz jedoch stets auch Formen der Differenzmarkierung mit der Gefahr der Stigmatisierung Einzelner nach sich zieht. 

1. Einleitung und Problemstellung 

Nach wie vor stellt Heterogenität ein zentrales Thema im derzeitigen Bildungsdiskurs dar und erlebt durch die Inklusionsdebatte nachhaltigen Aufschwung. Mit der Verlagerung von früheren kompensatorischen, integrativen Ansätzen hin zu einer ganzheitlichen inklusiven Ausrichtung, die mehrere Heterogenitätsdimensionen in den Blick nimmt, geht ein Paradigmenwechsel einher, der dem Umgang mit heterogenen Lerngruppen einen erhöhten Anspruch zugrunde legt. Im Fokus steht die gleichberechtigte Teilhabe und Partizipation aller Schülerinnen und Schüler an Schule und Unterricht (vgl. Boban & Hinz, 2003). In allgemein-pädagogischen und fachdidaktischen Diskursen wird intensiv darüber diskutiert, wie diese Herausforderung didaktisch zu lösen sei. Diskursübergreifend werden als konstitutive Basis inklusiver Lehr- und Lernsettings insbesondere Formen innerer Differenzierung gesehen (vgl. z.B. Eisenmann, 2016; Köpfer, 2014; Reich, 2014; Seitz & Scheidt, 2012; Thaler, 2012). Das Thema „Differenzierung als didaktische Herausforderung im inklusiven Unterricht“ könnte sich dabei als altes Thema im neuen Gewand erweisen, wenn inklusiver Unterricht als „Herausforderung zur Weiterentwicklung eines guten differenzierten Unterrichts, in dem jedes Kind sozial eingebunden an der aktuellen individuellen Leistungsgrenze lernen kann“, interpretiert wird (Seitz & Scheidt, 2012, S.2). 

Im Diskurs über die Englischdidaktik an der Grundschule tauchten die Schlagwörter Differenzierung und Individualisierung als zentrale didaktische Prinzipien bis vor wenigen Jahren nur marginal auf (vgl. z.B. Schäfer, 2014, S. 49). Inzwischen wird eine diversitätssensible Partizipation am gemeinsamen Lerngegenstand (Feuser, 2011) als ein übergeordnetes Unterrichtsziel angesehen und die Klassifizierung innerer Differenzierung als ein eigenständiges Kernprinzip inklusiven Englischunterrichts betont (vgl. Johannsen, 2018, S. 102; Bongartz & Rohde, 2015, S. 12). Im Rahmen des vorliegenden Beitrags soll der Blick von klassischen Differenzierungsformen auf die Rekonstruktion alternativer Formen der Differenzierung im Kontext von Alltagspraktiken verlagert werden, die Schülerinnen und Schülern Teilhabe an und individuelle Zugänge zu Unterrichtsgegenstand und Sprache ermöglichen. Differenzierung wird dabei mit einem breiten, weitläufigen Verständnis verhandelt, sozusagen als „Differenzierung 2.0“(Johannsen, 2018, S. 100). Dabei schließt der vorliegende Beitrag in seinen Ausführungen und seiner Analyse an die Auffassung eines sogenannten weiten Inklusionsverständnisses an. Dieses bemüht sich um Flexibilisierung und Verflüssigung unterschiedlicher Differenzkategorien und verfolgt dabei einen intersektionalen Blick (Budde & Hummrich, 2015). Er geht über eine an Behinderungen orientierte Sichtweise hinaus und diskutiert grundlegende Fragen nach dem Umgang mit Heterogenität und Differenz sowie der Relation von Inklusion und Exklusion. 

Ein Heterogenitätsfeld, das insbesondere im Englischunterricht in Erscheinung tritt, ist das der Multikulturalität und Mehrsprachigkeit. Kaum ein anderes Fach scheint prädestinierter sich dieser Differenzlinie anzunehmen als der Englischunterricht, der als „Gateway to Languages“ (Schröder, 2009, S. 69) oder „Brücke und Tor in die Welt anderer Sprachen“ und Kulturen (Hallet, 2011, S. 220) per se auf das Fremde, Andersartige rekurriert und Interkulturalität in den Blick nimmt. Dabei liegt dem Englischunterricht eine doppelte interkulturelle Perspektivierung zugrunde, da Fremdheit und Andersartigkeit in zweierlei Hinsicht erfahren werden – sprachlich und konzeptuell. Indem der Unterricht die sprachlich-kulturelle und individuell-persönliche Heterogenität seiner Lernenden sichtbar macht und ihre verschiedenen interkulturellen (Sprach-)Erfahrungen aufgreift (vgl. Köpfer, 2014, S. 163; Doms, 2018, S. 123), kann er dazu beitragen, ein nachhaltiges Bewusstsein für Vielfalt und Toleranz zu entwickeln und sich kritisch mit dem eigenen multikulturellen Lebensraum Schule auseinanderzusetzen. 

Innerhalb der noch laufenden Studie ‚DiEG’ (Johannsen, 2018), die sich als praxistheoretisch-orientierte Ethnografie kritisch mit Formen der Differenzierung und Differenzkonstruktion im Englischunterricht der Grundschule im Anspruch von Inklusion auseinandersetzt, zeigt sich u.a. wie die Differenzlinien Muttersprache und Herkunft ein multikulturelles Klassenzimmer konstituieren. Nachfolgend wird zunächst eine thematische Einordnung ins Forschungsfeld und in die ‚DiEG’-Studie erfolgen. Anschließend wird an zwei Beispielen aus dem Englischunterricht der Grundschule exemplarisch aufgezeigt, wie das multikulturelle Klassenzimmer in Erscheinung tritt und als Ausgangspunkt für Formen der Differenzierung und Differenzmarkierung dienen kann. Dabei werden neue Perspektiven im Kontext von Alltagspraktiken diskutiert, die Schülerinnen und Schülern Teilhabe an und individuelle Zugänge zu Sprache und Unterrichtsgegenstand ermöglichen können. 

2. Inklusiver Englischunterricht und die ‚DiEG’-Studie 

2.1 Englischunterricht in der Grundschule im Anspruch von Inklusion 

Die Thematik der Inklusion mit ihrer Umsetzung in der schulischen Praxis stellt insbesondere aus fremdsprachendidaktischer Perspektive „weiterhin sprichwörtlich gewordenes ‚Neuland’“ dar (Kötter & Trautmann, 2018, S. 21) und es fehlt (noch) an empirischen Arbeiten, theoretischen Erklärungsansätzen und praxisorientierten Konzepten (vgl. z.B. Köpfer, 2014, S. 158; Kötter & Trautmann, 2018, S. 139). Im Diskurs findet sich allerdings tendenziell ein Konsens darüber, dass es keiner alternativen, spezifisch-inklusiven Didaktik bedarf, um der Umsetzung eines inklusiven Englischunterrichts nachzukommen, sondern die moderne Englischdidaktik in ihren Grundzügen per se entsprechend konstituiert ist oder zumindest Potenziale vereint, um diesen Anspruch zu verfolgen. Unter der Prämisse, zentrale Prinzipien eines modernen, kommunikativ-orientierten Fremdsprachenunterrichts mit etablierten didaktischen Grundkonzepten weiterzuführen und zu intensivieren, scheint die Englischdidaktik demnach gute Voraussetzungen für die Ausgestaltung einer inklusiv ausgerichteten Didaktik zu bieten (vgl. z.B. Schäfer, 2015, S. 57; Doms, 2018, S. 123). Neben bekannten, etablierten Kernprinzipien (vgl. z.B. Böttger, 2005; Köpfer, 2014), wie z.B. der Entwicklung einer individuellen Sprachhandlungskompetenz oder einer starken Schülerinnen- bzw. Schüler-Orientierung verbunden mit einem kreativ-entdeckenden, spielerischen Zugang zur Sprache, tritt in Anbetracht des individuellen Partizipationsgedankens von Inklusion insbesondere das Feld der „Differenzierung“ in den Vordergrund (vgl. z.B. Schäfer, 2014; Bongartz & Rohde, 2015).

2.2 Fachdidaktischer Differenzierungsdiskurs im multikulturellen Klassenzimmer  

Nach Böttger (2012) ist Binnendifferenzierung im Unterricht „ein Must“ (S. 4). Nach Möglichkeit ist diese „offen, flexibel und dynamisch und liefert die methodische Vielfalt, verschiedene Aspekte des Lernprozesses in einer Lerngruppe unterschiedlich zu gestalten“ (Eisenmann, 2016, S. 358). Ziel ist die bestmögliche Förderung aller Lernenden in der Entwicklung ihrer kommunikativen, interkulturellen Sprachhandlungskompetenz. Etablierte Konzepte und Praktiken differenzieren entweder quantitativ oder qualitativ, nach Unterrichtszielen, Unterrichts-, Sozial- und Kooperationsform, Lernwegen oder Interessen (vgl. z.B. Thaler, 2012, S. 130; Schäfer, 2014, S. 50; Reich, 2014, S. 247). Die Differenzierung erfolgt dabei meist systematisch und geplant. Sie kann jedoch auch unmittelbar aus Unterrichtssituationen und -interaktionen erwachsen und spontan zum Einsatz kommen. Eine mögliche Dimension stellt dabei das multikulturelle Klassenzimmer dar. 

Vor dem Hintergrund andauernder Migrationsbewegungen, der Entfaltung kulturell heterogener Gesellschaften, der Vernetzung und der Globalisierung hat sich interkulturelle Bildung mit der Vermittlung einer interkulturellen Kompetenz „zu einem zentralen fächerübergreifenden Bildungsziel“ entwickelt (Göbel & Hesse, 2004, S. 818). Dieses ist auch in den Bildungsstandards und länderspezifischen Kerncurricula fest verankert (vgl. Göbel & Hesse, 2004), wird im Unterricht jedoch noch nicht hinreichend positiv wahrgenommen und aufgegriffen (vgl. Grundschulverband, 2017, S. 1). Kaum ein anderer Unterricht bietet sich jedoch so dafür an, die sprachliche und kulturelle Vielfalt seiner Schülerinnen und Schüler sichtbar zu machen wie der Fremdsprachenunterricht (vgl. Köpfer, 2014, S. 163), der Fremdheitserfahrungen und Fremdverstehen explizit zum Thema macht. Dabei finden unterschiedlichste Aushandlungsprozesse statt, in denen die Schülerinnen und Schüler ihre interkulturelle (kommunikative) Kompetenz entwickeln. So lernen sie z.B. sich sprachlich und kulturell divergierenden Lebenswelten gegenüber zu öffnen, die eigene Kultur und Lebenswelt mit den fremden Kulturen in Bezug zu setzen, Stereotype zu überwinden und die Rolle kultureller Mittlerinnen und Mittler einzunehmen. Dabei entsteht ein Bewusstsein für Vielfalt, das die Lernenden sensibilisieren kann, mehr Toleranz und Wertschätzung gegenüber dem Fremden, Andersartigen zu entwickeln. Dies kann sich dann auf den Lebensraum Schule und das eigene multikulturelle Klassenzimmer übertragen. An dieser Schnittstelle setzt die ‚DiEG’-Studie an. 

2.3 ‚DiEG’-Studie 

Die ‚DiEG’-Studie (Johannsen, 2018) interessiert sich für Formen der Differenzierung und Differenzkonstruktion in unterrichtlichen Settings des Englischunterrichts in der Grundschule im Anspruch von Inklusion und verfolgt dabei einen qualitativ-rekonstruktiven Ansatz. Sie ist einer praxistheoretischen Perspektive verpflichtet (vgl. Schatzki, 2017) und fokussiert auf beobachtbare Aktivitäten und Praktiken, in denen sich das Soziale vollzieht. Dabei ist sie nicht ausschließlich theoretisch in der Praxistheorie verortet, sondern nutzt diese zugleich in methodologischer Hinsicht als Analyseperspektive. Der rekonstruktive Zugang der Studie auf die Praxis des inklusiven Englischunterrichts erfolgt auf ethnografische Weise (vgl. Breidenstein, Hirschauer, Kalthoff & Nieswand, 2013). Die Ethnografie eignet sich durch ihren unmittelbaren Zugang zum Forschungsfeld und die andauernde Präsenz vor Ort in besonderer Weise dazu, Einblicke in soziale Geschehen zu gewinnen. Sie ermöglicht, „Lebenswelten ‚von innen heraus‘ aus Sicht der handelnden Menschen zu beschreiben“ (Flick, von Kardorff & Steinke, 2007, S. 14), unerwartete Perspektiven zu verfolgen, Fremdes und Neues zu entdecken und zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit zu gelangen. 

Für die ‚DiEG’-Ethnografie wurde ein Forschungsdesign entwickelt, das den Englischunterricht (3./4. Klasse) an drei Grundschulen in Norddeutschland und die dem Unterricht zugrunde liegenden Differenzierungs- und Differenzkonstruktionen aus unterschiedlichen Perspektiven rekonstruiert. Diese erfolgt insbesondere auf Grundlage teilnehmender Unterrichtsbeobachtungen, die an den ausgewählten Schulen in zwei fünfwöchigen Feldphasen jeweils zu Beginn und zum Ende des Schuljahres 2015/2016 durchgeführt wurden. Die Dokumentation der Beobachtung erfolgte in Form von Feldnotizen, die in Ergänzung von Audiodaten zu Unterrichtsprotokollen transkribiert wurden. Die Auswertung und Analyse erfolgt entsprechend auf Ebene der Befunde und orientiert sich an der Grounded Theory Method (vgl. Strauss & Corbin, 2010). Das empirische Material wird dabei in mehreren Schritten (offen, axial, selektiv) kodiert und ergänzend kontinuierlich durch analytische Memos begleitet. So werden sukzessive Kernkategorien einer zu entwickelnden Theorie zum untersuchten Gegenstand herausgearbeitet (vgl. Kelle, 2013). 

3. Ausgewählte Ergebnisse: Das multikulturelle Klassenzimmer 

Erste Ergebnisse der ‚DiEG’-Studie legen offen, dass klassische Differenzierungselemente in den beobachteten unterrichtlichen Settings nur bedingt zu rekonstruieren sind. Es zeigen sich kaum Differenzierungsformen qualitativer Art, mit Bezug zu Lernziel, Sozial- oder Kooperationsform, sondern vorwiegend Differenzierungen quantitativer Natur, oftmals in Gestalt von Lückenfüllern („Und die ganz Schnellen, die dürfen noch ein Bild malen“; Budde, 2013, S. 177). Im Analyseprozess lassen sich jedoch andere Formen der Differenzierung aus den erhobenen Daten rekonstruieren, die Schülerinnen und Schülern verschiedene Zugänge und Partizipation an Sprache und Unterrichtsinhalten ermöglichen können, gleichzeitig jedoch Formen der Differenzmarkierung beinhalten. Dabei konnten fünf Kernkategorien identifiziert werden, von denen eine Kategorie das multikulturelle Klassenzimmer darstellt. Im Folgenden sollen zwei Unterrichtssequenzen dieser Kernkategorie vor- und zur Diskussion gestellt werden. Beide verhandeln den Umgang mit Differenz im Fokus des multikulturellen Klassenzimmers. Die Theoretisierung beider Sequenzen mit Hilfe der Heuristik eines relationalen Spannungsfeldes von schulischer Inklusion und Exklusion unterstützt hierbei die Rekonstruktion unterschiedlicher Praktiken und die Ausdifferenzierung der angestrebten analytischen Ordnung im Feld des multikulturellen Klassenzimmers. 

3.1 “It’s interesting for your family”  

Die erste Szene entstammt einer Englischstunde der Grundschule Am Alten Forst, in der das Thema „Fußball-EM“ im Fokus steht. 

Today…Which teams are playing today?”, fragt Frau Franke. Es ist leise in der Klasse. Tomeks Arm schießt in die Höhe. Er ist der Einzige, der sich meldet. Frau Franke wartet zunächst. Tomek streckt auch seinen zweiten Arm in die Höhe und meldet sich eindringlich. Frau Franke lächelt und nimmt ihn dran. ”Germany and Poland“, beantwortet Tomek. ”Yes!“, bekräftigt die Lehrerin und fügt zu Tomek gewandt hinzu: ”It’s interesting for your family today. What team is your favorite team?” Die anderen Kinder gucken zu Tomek. Leise, fast entschuldigend sagt er “Germany”. Frau Franke lächelt, “Germany, okay. And your father’s favorite team?“ Tomek zögert. Es ist ganz still. Die anderen Kinder beobachten ihn mit neugierigen Blicken. 

Frau Franke wendet sich der Klasse zu. ”Well, you know… it’s interesting. In one family. So… do you have a Polish fan and a German fan at home, or not? What do you think? What’s your father’s favorite team?“ – ”Mh, Poland“, entgegnet dann Tomek. Frau Franke nickt: ”Mh, Poland. So it’s interesting at home, ne? Wenn man zwei Länder… wenn man Fans von zwei Ländern zu Hause hat?“ Gemurmel und Unruhe unter den Kindern, Tomek wirkt verunsichert. ”Okay, moving on!“, fährt Frau Franke fort.

Die Szene zeigt zunächst eine typische Alltagspraktik im Englischunterricht der Grundschule, die einem ritualisierten Interaktionsmuster folgt: Frage der Lehrkraft – Schülerinnen- bzw. Schüler-Äußerung – Feedback der Lehrkraft. Frau Franke greift mit der Frage nach den heutigen Spielpaarungen der Fußball-EM ein aktuelles Ereignis auf und setzt an der Lebenswelt der Kinder an. Ihre Frage ruft jedoch kaum Reaktionen hervor. Nur für den Schüler Tomek, der sich als Einziger meldet, scheint sie einen besonders hohen Aufforderungscharakter zu haben, der seinem Redewunsch durch das Hochstrecken seines zweiten Armes zusätzlichen Nachdruck verleiht. Er beantwortet die Frage korrekt mit „Germany and Poland“, was als positives Feedback ein „Yes!“ der Lehrkraft hervorruft. Damit hat Tomek eigentlich sein Soll erfüllt. Doch statt einer erfolgreich abgeschlossenen Sprachhandlung erfährt die Situation eine Wende, als Frau Franke Tomeks Äußerung unmittelbar als Gesprächsanlass aufgreift.

Aus der reinen Wissensfrage mit unverfänglichem Kontext erwächst plötzlich ein anderes, persönliches Bezugssystem: „Your family“. Mit Blick auf den weiteren Verlauf des Dialogs erscheint es dabei fast, als nutze Frau Franke in diesem Moment die Gunst der Stunde, um der omnipräsenten Forderung nach Umsetzung von Inklusion nachzukommen. Im Kontext der Fußball-EM drängt sich in Gestalt von Tomek die Heterogenitätslinie der Multikulturalität in den Vordergrund und liefert damit ein Paradebeispiel für Vielfalt und Teamgeist, das Klassenraum, Unterricht und Schüler*innenschaft bereichern kann. Gleichzeitig markiert sie innerfamiliäre ethnische Konflikte, die Frau Franke zum Thema macht, als sie Tomek mit ihrer Äußerung aus dem Kollektiv herauslöst und ihn als Schüler mit Migrationshintergrund, als Individuum, als etwas Besonderes markiert und zum Gegenpart in ihrer spontanen Inszenierung im multikulturellen Klassenzimmer macht. 

Mit der anschließenden Frage nach seinem „favorite team“ verschärft sie die Situation und versetzt Tomek in Zugzwang. Sie signalisiert, dass scheinbar nur genau eine Antwort erwünscht ist. Er muss sich festlegen, es gibt keinen Spielraum, keine Alternativen. Tomek muss sich in aller Öffentlichkeit entscheiden, wer er ist, steht vor einem persönlichen Identitätskonflikt, steht zwischen zwei Nationen. Gefangen in diesem Double Bind gibt es nicht die richtige Antwort. Will er dazugehören, sich nicht aus dem Kollektiv der Klasse lösen, müsste er sich für Deutschland entscheiden, verleugnet dadurch aber möglicherweise einen Teil seiner Herkunft. Seine leise, fast entschuldigende Antwort liest sich beinahe wie ein Moment der Beichte, die die Kohärenz seines Selbstbildes in Frage stellt: „Germany“. Mit ihr verpufft die Hoffnung Tomek als Botschafter Polens im multikulturellen Klassenzimmer präsentieren zu können. Doch Frau Franke gibt nicht auf: „And your father’s favorite team?“ Es kommt zum Bruch. Tomek zögert. Es ist „ganz still“, alle Blicke ruhen auf ihm, eine Erwartungshaltung macht sich breit. Nachdringlich, fast suggestiv fordert Frau Franke Tomek auf, für den Vater Stellung zu beziehen: “Do you have a Polish fan and a German fan at home, or not?“ Entsprechend der zuvor eingeforderten Norm einer richtigen Antwort fügt er sich der sozialen Ordnung und bedient Frau Frankes Erwartungshaltung mit seiner Aussage und durchbricht die Einheit der „one family“: „Mh, Poland“. Frau Franke „nickt“ und wechselt nun noch einmal ins Deutsche, wodurch sie ihrer Aussage („it’s interesting“) zusätzlichen Nachdruck verleiht. Die Sensationslust der Kinder scheint geweckt, im Kollektiv wird gemurmelt, es wird unruhig. Außen vor steht abermals Tomek, der „verunsichert“ wirkt. An dieser Stelle scheint die Lehrkraft aufzugeben. Sie setzt sich über die aufkeimende Unruhe hinweg, erlöst ihren Schüler und bricht das kleine Intermezzo ab: „moving on!“

3.2 „Auf Polnisch heißt das auch so…“ 

In einem weiteren Unterrichtsbeispiel, einer Sequenz aus der Grundschule Wiesenbach, bildet ein gemeinsam gesungenes Lied über die Wochentage den Ausgangspunkt einer spontanen, schüler*inneninitiierten Kommunikationshandlung. 

Ali meldet sich: ”Was heißt weekend?“ Frau Schneider leitet die Frage an die Klasse weiter: ”Yes, what’s the weekend? Saturday and Sunday is the weekend.“ Es sind mehrere ”ahhh“-Rufe zu hören und ein Kind ruft laut ”das Wochenende!“ – ”Yes!“, lobt Frau Schneider. ”Anything else?“, fragt sie und nimmt Marek dran. 

Frau Schneider setzt eine erstaunte Miene auf und streckt Marek einen hochgestreckten Daumen entgegen. Dann lässt sie ihren Blick kurz durch die Klasse schweifen und wendet sich Lena zu. Sie fragt zunächst Lena, dann Saba, wie ‚Wochenende‘ in ihren Sprachen heißt. Auch bei ihnen heißt es so ähnlich und beide sprechen es vor. Frau Schneider fragt die Kinder, ob sie alle Tage der Woche jeweils in ihren Muttersprachen sagen können. Alle drei zögern. 

Daraufhin meldet sich Emre und sagt, dass er ”alle auswendig“ kenne. ”You can do it?“, fragt Frau Schneider und Emre sagt sofort und ohne Unterbrechung einen Wortschwall in einer fremden Sprache auf. Gelächter bei den Schülerinnen und Schülern, Emre schaut stolz in die Klasse. Frau Schneider bittet ihn sein Gesagtes noch einmal langsam zu wiederholen. Emre spricht daraufhin erneut, diesmal sehr bedacht und verständlich. Frau Schneider lobt ihn mit einem langgezogenen ”Wow!“. Sie fragt ihn anschließend, ob er auch wisse, was ”weekend“ auf Türkisch heißt, doch Emre gibt an, dass er es nicht mehr wisse. ”No problem, no problem“ beschwichtigt Frau Schneider und wirft ihm einen freundlichen Blick zu. 

In dieser Szene bildet die Nachfrage des Schülers Ali den Ausgangspunkt für eine spontane Kommunikation zwischen Lehrkraft und Lernenden. Interessengeleitet stellt er die Frage, was das englische Wort weekend bedeutet. Frau Schneider paraphrasiert den Begriff und gibt so den Schülerinnen und Schülern die Chance, die Lösung selbst zu finden, was diese entsprechend umsetzen. Ihre nachfolgende Frage („Anything else?“) liest sich wie ein offenes Angebot und deutet an, dass Zwischenfragen erwünscht sind. Der Schüler Marek ergreift die Chance. Er hat offenbar eine Gemeinsamkeit zwischen dem englischen Wort „weekend“ und dem polnischen Äquivalent wahrgenommen – es heißt „so ähnlich“. Marek, so scheint es, vollbringt dabei eine spontane sprachliche Transferleistung in linguistischer und semantischer Hinsicht, die er zunächst mental und anschließend sprachlich äußert. Frau Schneider würdigt Mareks metasprachliche Analyse, bekundet durch ihre spontane Nachfrage, „Really, Marek? Wow!“. 

Ihre nachfolgende Frage „What do you say in Poland?“ ist dabei ein direkter Rückgriff auf Mareks vorangehende Aussage („Auf Polnisch…“), der mit seiner Wortwahl selbst die Differenzkategorie der Mehrsprachigkeit bzw. des Migrationshintergrundes ins Spiel gebracht hat. Frau Schneider greift diese entsprechend auf, adressiert ihn jedoch nicht ausschließlich als einen Schüler mit Migrationshintergrund, sondern markiert ihn gleichzeitig – projiziert durch eine wertschätzende und anerkennende Beobachtungsfolie – als kompetenten Sprachexperten, was sie durch ihre nonverbale Mitteilung in Form eines gestreckten Daumens unterlegt. Frau Schneiders anschließender, schweifender Blick durch die Klasse lässt sich als spontane Folgehandlung interpretieren. Sie greift Mareks Grundidee der Sprachreflexion auf und bekräftigt diese, indem sie sie adaptiert und als weiterführenden Sprechanlass nutzt, um zwei weitere Schülerinnen als Sprachexpertinnen in den Spontandialog einzubinden. Beide lösen sich jeweils kurz aus dem Kollektiv, treten durch ihre Sprachäußerung hervor und tauchen mit einem Erfolgserlebnis wieder im Kollektiv unter. Sich selbst positioniert Frau Schneider im selben Zug als Laiin und konstruiert so ein normabweichendes Rollenbild. Sie gibt die dem Unterricht zugrunde liegende hierarchische Ordnung auf – die Lehrkraft als Sprachvorbild und -expertin, die Schülerinnen und Schüler als unwissende Laien – und konstruiert einen alternativen (Sprach-)Raum, der durchweg positiv besetzt ist. Das multikulturelle Klassenzimmer gleicht einer Community, in der die Heterogenität ihrer Mitglieder geschätzt wird und jede bzw. jeder entsprechend ihrer bzw. seiner Möglichkeiten einen Beitrag leistet. Dies zeigt sich nicht zuletzt in Gestalt von Emre, der für seine Klasse einspringt, als niemand Frau Schneiders weiterführende Aufgabe zu lösen vermag, alle Tage der Woche in der Fremdsprache wiederzugeben. Sein eifriger, fast frenetischer Beitrag in seiner Muttersprache legt den hohen motivationalen Wert der Aufgabe offen. Diese löst er mit Bravour, wie sich aus Emres „stolzem“ Blick und Frau Schneiders anerkennenden Feedback („Wow!“) herauslesen lässt. Frau Schneider macht sich zuletzt selbst zum Teil der Community, als sie Emre unterstützt, der ihre abschließende Frage nicht beantworten kann. „No problem, no problem“ gesteht sie ihm zu und rundet das spontane Gespräch mit einem „freundlichen Blick“ ab. 

4. Diskussion und Schlussfolgerungen 

Wie kaum ein anderer Unterricht bietet der Fremdsprachenunterricht „aufgrund der stets angestrebten Fremdheitserfahrungen, z.B. im Bereich des interkulturellen Lernens […] differenzierbare Gegenstände, die auch inklusiv nutz- und erlernbar gemacht werden können“ (Eßer, Gerlach & Roters, 2018, S. 9). Als Ausgangspunkt bietet sich dafür u.a. das multikulturelle Klassenzimmer an. Aus seiner sprachlichen und kulturellen Vielfalt lassen sich mannigfältige Differenzierungsmöglichkeiten generieren, die gleichzeitig auf ein Spannungsfeld inklusiven Unterrichts verweisen, in dem einzelne Differenzlinien dezidierter hervortreten, wie Erhebungen der ‚DiEG’-Studie offenlegen. 

In der ersten vorgestellten Unterrichtssequenz greift die Lehrkraft eine Kernidee inklusiven Unterrichts auf. Das Fremde, Andersartige, die Vielfalt wird wahrgenommen und in den Unterricht einbezogen. Dies geschieht zunächst im Kontext des lebensweltlichen, positiv besetzten Themas der Fußball-EM, erreicht jedoch schnell eine persönliche Ebene, als sie den Bezugsrahmen wechselt und den biografischen Hintergrund des Schülers Tomek zum Thema macht, was für diesen den Beginn einer Abwärtsspirale markiert. Vom frenetischen doppelarmigen Melden über den „shove into the spotlight“ wird Tomek von Frau Franke in eine exponierte Gesprächssituation vor der Klasse gebracht, die ihm unangenehm zu sein scheint, da er sich offenbar nicht oder nur bedingt mit seinen polnischen Wurzeln identifiziert. Er erscheint dadurch in eine Krise zu geraten, bis er am Ende verunsichert aber vermutlich erleichtert wieder in der Lerngruppe abtaucht. Es gelingt der Lehrkraft nicht, den Mehrwert der Pluralität in Tomeks Lebenswelt herauszustellen, diesen unter einer wertschätzenden Betrachtungsfolie in den Unterricht einzubinden und Tomek entsprechend zu einem Erfolgserlebnis zu leiten. Im Gegenteil; Frau Franke löst ihn aus dem Kollektiv heraus und macht ihn ungefragt zum Gegenpart in ihrer Inszenierung. Tomek, überrumpelt und irritiert, wird als Exot bestaunt, sein Selbstbild nicht gestärkt, sondern in Frage gestellt. Die Intention, das multikulturelle Klassenzimmer positiv zu nutzen, um Differenzkategorien zu verflüssigen, scheitert.

Das zweite Unterrichtsbeispiel rekurriert mit dem Thema der Mehrsprachigkeit ebenfalls auf eine Differenzlinie inklusiven Unterrichts. Ein schülerinitiierter Dialog ist Ausgangspunkt einer metasprachlichen Mitteilung des Schülers Marek; „auf Polnisch heißt das auch so“. Diese legt die Lehrkraft nicht als reine Klärung eines Sachverhaltes ad acta, sondern greift sie als einen spontanen Impuls zu einem Exkurs zur Sprachreflexion auf. Umsichtig und unverbindlich macht sie die Mehrsprachigkeit im multikulturellen Klassenzimmer zum Thema und heißt diese willkommen. Die Herkunft und den biografischen Hintergrund ihrer Schülerinnen und Schüler greift sie dabei implizit auf, stellt diese jedoch nicht als Persönlichkeitsmerkmale in den Vordergrund, sondern verankert den Dialog auf sicherem, unverfänglichen Terrain. Entsprechend liest sich etwa die Tatsache, dass sie Nicht-Wissen, Unsicherheiten oder Sprechhemmungen zu keinem Zeitpunkt zum Thema macht („No problem, no problem“). Das Dilemma der Differenzzuschreibung und Besonderung löst Frau Schneider geschickt, indem sie die (sprachliche) Diversität der Lernenden sowohl verbal als auch nonverbal als etwas Positives betont und in der Markierung ihrer Schülerinnen und Schüler als junge Sprachexpertinnen und -experten einen Mehrwert für das unmittelbare Unterrichtsgeschehen herausstellt. 

Wie die beiden Unterrichtsbeispiele der ‚DiEG’-Studie offenlegen, bietet der Englischunterricht Chancen, die Heterogenitätsdimension des multikulturellen Klassenzimmers aufzugreifen. Hervorzuheben wäre dabei der Anschluss an die (Sprach-)Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler sowie das aktive Sichtbarmachen und Herausstellen des Mehrwertes für das gemeinsame Miteinander. Folgt man dabei Pantić und Florians (2015) Vision der Lehrkräfte als „agents of inclusion“ (S. 333), kann der Englischunterricht – und mit ihm seine Lehrkräfte – zu einem positiven Verständnis von Vielfalt und Multikulturalität beitragen.

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Phasenübergreifende Professionalisierung von Lehrkräften für den inklusiven Englischunterricht

Karin Vogt (Pädagogische Hochschule Heidelberg)
Solveig Chilla (Europa-Universität Flensburg)

Abstract

Eine inklusive Schule bedarf eines inklusiven Fachunterrichts. Dieser verlangt eine hochwertige Verbindung von fachdidaktischen und inklusivdidaktischen Konzepten, die durch eine für den gemeinsamen Unterricht qualifizierende Ausbildung von Lehrkräften gewährleistet sein sollte. Dabei ist zu konstatieren, dass die erste Phase der Bildung von Lehrkräften diesen Anforderungen aus institutionellen, curricularen und hochschuldidaktischen Gründen oft nicht entspricht. Das im Folgenden vorgestellte hochschulische Seminarformat setzt an der Notwendigkeit der Kooperation von Englischlehrkräften und Sonderpädagog/innen für den inklusiven Fachunterricht an. Es ermöglicht zum einen die kooperative Erprobung von differenzierten aufgabenorientierten Unterrichtsplanungen und Materialerstellung für den inklusiven Englischunterricht an einer konkreten Lerngruppe und wird von einem intraprofessionellen Team, wie Studierende es in ihrer eigenen Praxis antreffen werden, angeleitet. Zum anderen erlaubt das Seminarformat den Studierenden mittels seines phasenübergreifenden Ansatzes, schulische Realitäten des inklusiven Englischunterrichts mit praktizierenden Lehrkräften konkret zu erfahren und zu reflektieren. Die praktisch tätigen Lehrkräfte wiederum erfahren die Innovationskraft der theoretisch fundierten Erkenntnisse aus dem Hochschulkontext und deren Umsetzung in konkreten fremdsprachlichen Aufgaben, die für das von ihnen im Unterrichtsalltag verwendete Lehrbuch adaptiert werden.  

1. Heterogenität als schulische Realität 

Heterogene Lerngruppen in Bildungsinstitutionen sind kein neues Phänomen. Heterogenität wird seit dem Altertum als eine zentrale, die schulische Bildung und Erziehung beeinflussende, Variable diskutiert. Auch im Fremdsprachenunterricht werden seit Langem differente Lernvoraussetzungen und verschiedene Variablen berücksichtigt, wie Präferenzen, Interessen oder Leistungsfähigkeit als Dimensionen von Heterogenität, die unmittelbar auf das Unterrichtsgeschehen zurückwirken.  Allerdings scheint sich erst seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im deutschen Schulsystem die Erkenntnis durchzusetzen, dass eine allgemeine und inklusive Schule auch Schüler/innen mit speziellen Lernausgangslagen, wie dem so genannten sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF, KMK 2011) entsprechen muss. Ein weiter Inklusionsbegriff (vgl. Krause & Kuhl 2018, 175) berücksichtigt „alle erdenklichen Heterogenitätsdimensionen und nicht nur die gemeinsame Unterrichtung von Kindern mit und ohne Behinderung (…). Inklusion (…) ersetzt die Zwei-Gruppen-Theorie durch die Theorie der heterogenen Gruppe“. Mit Prengel (2014, S. 18) soll weiter auf die Notwendigkeit der Dekonstruktion der Dichotomie zwischen Behinderung und Nicht-Behinderung hingewiesen werden: 

Inklusion wird in den einschlägigen Texten meist umschrieben als uneingeschränkte gesellschaftliche Zugehörigkeit von Menschen mit Behinderungen, die die Individualität aller betont und so im facettenreichen Spektrum der vielen Verschiedenen die zuvor hervorgehobene binär-hierarchische Differenz zwischen Normalität und davon abweichenden Besonderheiten der Behinderung verblassen lässt. 

Rohde (2014) und Chilla & Vogt (2017) greifen den weiten Inklusionsbegriff für den Englischunterricht auf, indem inklusives Englischlernen als „nicht auf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf [reduziert ist], sondern Heterogenität in jeder Hinsicht [einschließt]“ Rohde (2014, S. 9). Der inklusive Unterricht fordert den Fachunterricht heraus, weil in diesem jungen Forschungsfeld erst allmählich didaktische Konzepte für inklusiven Englischunterricht erarbeitet werden und empirische Untersuchungen entstehen (Eßer et al., 2018). Ohne weitergehende Professionalisierung von Lehrkräften wird der gemeinsame Unterricht nur schwer gelingen. Dieser Beitrag stellt aus der Perspektive des inklusiven Englischunterrichts und unter Betonung von Behinderung und Benachteiligung als Dimensionen von Heterogenität ein erstes Konzept der phasenübergreifenden Kooperation von Lehrkräften im Rahmen eines kooperativ von einer Sonderpädagogin und einer Englischdidaktikerin unterrichteten Seminarformats im hochschulischen Kontext vor. Konkret werden, nach der Skizzierung von Anforderungen, die Ziele und die Struktur des Seminarformats präsentiert sowie die erzielten Lernergebnisse aus der Perspektive der Studierenden zur Diskussion gestellt. 

2. Anforderungen an Lehrkräfte in inklusiven Settings: Anspruch und Wirklichkeit 

Lehrkräfte erleben den inklusiven Englischunterricht als Herausforderung im schulischen Alltag, da sie sich nur unzureichend auf die sich verändernden Rahmenbedingungen innerhalb einer vielfach unzureichenden Infrastruktur vorbereitet sehen (Kötter & Trautmann, 2018; Troll et al., 2019; Vogt, 2018). Kultusministerkonferenz (KMK) wie Hochschulrektorenkonferenz greifen dieses Praxisproblem auf, indem sie in ihrer gemeinsamen Empfehlung veränderte Anforderungen feststellen und „[den] professionelle[n] Umgang mit Inklusion“ (KMK / HRK 2015, S. 3) als übergreifendes Ziel der Bildung von Lehrkräften betonen. Ebenfalls wurden die ‚Ländergemeinsame[n] inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung‘ der KMK unter Inklusionsaspekten überarbeitet (KMK, 2019). Der wissenschaftliche Diskurs zu Heterogenität und ihren Dimensionen im Unterricht benennt erstens die Ausbildung von Haltungen als längerfristigen Prozess und Voraussetzung der pädagogischen Professionalität (Doms, 2018) und zweitens den Erwerb von Handlungskompetenzen für schulpädagogisch bedeutsame Heterogenitätsdimensionen im professionellen Repertoire. Diese sind u.a. methodische Kenntnisse für differenzierten Unterricht zur individuellen Förderung von Lernenden, die Fähigkeit zu (fachspezifischer) Diagnose sowie Kooperationsfähigkeit (s. auch Doms, 2018; Schmidt-Peters 2017, S. 221). Hinzu kommt die Mitwirkung an Schulentwicklung zur schulweiten Umsetzung (vgl. Index für Inklusion, Boban & Hinz 2013). 

Fachspezifisch formuliert die KMK (2018, S. 44) in den ‚Ländergemeinsame[n] Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung‘ bezogen auf den inklusiven Englischunterricht das folgende Anforderungsprofil, nach dem Lehrkräfte: 

– über ausbaufähiges Orientierungswissen und Reflexivität im Hinblick auf fremdsprachliche Lehr- und Lernprozesse auch unter dem Gesichtspunkt von Mehrsprachigkeit, Heterogenität und inklusivem Unterricht [verfügen].

– Möglichkeiten der Gestaltung von Lehr- und Lernarrangements insbesondere unter Berücksichtigung heterogener Lernvoraussetzungen und Inklusion [kennen].

– über erste reflektierte Erfahrungen in der kompetenzorientierten Planung und Durchführung von Fremdsprachenunterricht in heterogenen Lerngruppen z.B. im Hinblick auf zieldifferenten und zielgleichen Unterricht und kennen Grundlagen der Leistungsdiagnose und –beurteilung im Fach [verfügen].

– auf der Grundlage ihrer fachbezogenen Expertise hinsichtlich der Planung und Gestaltung eines inklusiven Unterrichts mit sonderpädagogisch qualifizierten Lehrkräften und sonstigem pädagogischen Personal zusammenarbeiten und mit ihnen gemeinsam entsprechende Lernangebote entwickeln [können].

– sensibilisiert [sind] für den Bedarf an barrierefreien Lernmedien von Lernenden mit Behinderungen.

Grundsätzlich soll die Ausbildung von Lehrkräften die Vorbereitung auf die schulische Praxis gewährleisten (s. auch „erste Erfahrungen“ im Umgang mit Heterogenität; KMK, 2018). Schmidt-Peters (2017, S. 221) konzediert allerdings, dass angesichts der Komplexität der Anforderungen und der unvorhersehbaren Konditionen, zu denen Lehrkräfte arbeiten werden, eine solche Vorbereitung nicht in vollem Umfang leistbar sei. Amtierende (Regelschul)Lehrkräfte hätten in der Regel eine Ausbildung erhalten, die auf eine bestimmte Schulform spezialisiert wäre und seien daher „nur begrenzt auf den Umgang mit Vielfalt“ (ibid.) vorbereitet. In jedem Fall herrscht Einigkeit darüber, dass kompetentes Handeln von Lehrkräften in inklusiven Settings weitergehende Professionalisierung erfordert. Eine Konzeptualisierung für gemeinsamen Unterricht in der inklusiven Schule muss sich jedoch an den Realitäten schulischer Praxis messen lassen, die sich in Anlehnung an Greiten et al. (2017) als Problemstellungen institutioneller, curricularer und hochschuldidaktischer Art kategorisieren lassen.

Probleme institutioneller Art 

Die Ausbildung von Lehrkräften für den inklusiven Englischunterricht birgt zunächst professionsbezogene Herausforderungen für Universitäten und pädagogische Hochschulen, denn in der Regel arbeiten an der Lehrerbildung beteiligte Hochschullehrende an diesen Institutionen in getrennten Fachbereichen. Ohne Klärung von Zuständigkeiten sowie Entscheidungen über Ausbildungsgänge, etwa was kooperative Studiengänge oder Doppelabschlüsse anbelangt, wird ein auf Kooperation und Kollaboration ausgerichtetes Studium kaum realisierbar sein. Auch innerhalb von Arbeitsbereichen lassen sich vielerorts Diversifizierungen von Arbeitsbereichen auf der institutionellen Ebene feststellen, indem etwa Sonderpädagogik von Bildungswissenschaften oder Sonderpädagogik von Fachdidaktiken getrennt werden. 

Obwohl Konsens darüber besteht, dass künftig Lehrkräfte insbesondere an allgemeinbildenden Schulen für die Arbeit in multiprofessionellen Teams ausgebildet werden müssen, ist bisher ungeklärt, aus welchen Professionen diese Teams idealerweise bestehen sollten. Auch fehlt es an ausreichender Aushandlung und Spezifizierung der Rollen einzelner Teammitglieder, wobei Rollenklärungen im pädagogischen Alltag kaum statisch sein können: ihre Zuschreibungen sind stets situationsabhängig und unterliegen weiteren Rahmenbedingungen. So wird die Fachdiskussion von intraprofessioneller Kooperation, also zwischen Regelschullehrer/innen und Sonderpädagog/innen dominiert, ohne die anderen Professionen (Assistenz, Sozialarbeiter/in, Logopäd/in, medizinisches Personal) immer voll zu berücksichtigen (Hillenbrand et al., 2013), obwohl diese gerade im Unterricht mit Schüler/innen mit SPF besonders bedeutsam sind. Die Rollenverteilung im Sinne von Zuständigkeiten, Ermöglichung, Art und Intensität des Austausches etc. ist ein zeitintensiver Aushandlungsprozess, der von den Lehrkräften vor Ort kompetent geführt werden muss.  

Die vorliegenden Empfehlungen der KMK zur inklusiven Schule und Bildung von Lehrkräften konturieren die Ziele von Lehrerbildung für eine inklusive Schule. Der Bildungsföderalismus hingegen hemmt die Umsetzung ungemein: Es obliegt den Ländern, Richtlinien und Empfehlungen umzusetzen. Deren Entscheidungshoheit bzgl. der Bildungssysteme verhindert einheitliche Regelungen eher als dass sie diese befördern. Eine Orientierung an den vielversprechenden internationalen Konzepten der inklusionsorientierten Bildung von Lehrkräften (z.B. Pugach & Blanton, 2009) könnten den Gegebenheiten in den unterschiedlichen Bundesländern (vielfältige Schulformen, Curricula etc.) angepasst werden. Zu diesen Modellen (ibid.) zählen etwa das discrete program model (getrennte Studiengänge, Bemühen um inklusionsorientierte Ausbildung), das integrated program model (allgemeine und sonderpädagogische Lehrämter behalten Eigenständigkeit, greifen aber ineinander) oder das merged program model (Lehrämter Sonderpädagogik und Regelschulen sind weitgehend verschmolzen). 

Auf die Fachdidaktik bezogen ist es besonders problematisch, dass die fachdidaktische Expertise an den Hochschulen nicht in der Breite auf die Ausbildung für inklusive Lernsettings eingestellt ist. Mittlerweile gibt es zwar vermehrt Initiativen zur Bewältigung dieser Aufgabe, insbesondere im Rahmen der ‚Qualitätsoffensive Lehrerbildung‘. Es fehlt allerdings noch flächendeckend an grundlegenden Fachdiskursen über Formen von Förderbedarfen, Behinderungen, Benachteiligungen und deren fachdidaktisch relevante Aspekte (Greiten et al., 2017, S. 21). Dies ist zugleich Herausforderung und Entwicklungspotenzial (vgl. Alavi et al., 2017) für die Institutionen, wobei festzustellen ist, dass sich die Fachdiskurse dahingehend zu ändern begonnen haben (vgl. Blume et al, 2019; Gerlach, 2019).

Probleme curricularer Art 

Inklusion sollte als Querschnittsaufgabe aller Fachbereiche in den Curricula verortet sein. In zahlreichen grundständigen Studiengängen für das Regelschullehramt sind auch bereits Pflichtmodule zu Inklusion implementiert worden, die meist einen bildungswissenschaftlichen Schwerpunkt haben. Die fachdidaktische Umsetzung im Sinne einer Verschränkung oder eines Dialogs mit der Fachwissenschaft bzw. Fachdidaktik hat jedoch erst begonnen (Radhoff & Ruberg, 2017). 

Ein weiterer Aspekt ist, dass Studierende nur selten auf erfahrungsbasierte Kenntnisse aus inklusiven Lernkontexten in ihrer eigenen Schulbiografie zurückgreifen können. Ihnen fehlen professionsorientierte Anknüpfungspunkte für heterogenitätssensitive oder inklusive Kontexte, in denen sie aber später unterrichten werden. Die theoretische Vermittlung von Inhalten, die am schnellsten in der Hochschullehre umzusetzen wäre, reicht hier nicht aus, weil Studierende Handlungswissen ausbilden müssen (Greiten et al., 2017, S. 22). Eine Anbindung an die Praxis ist notwendig, auch, um die entsprechende Ausbildung von Haltungen einer erfahrungsorientierten Grundlage zu basieren (vgl. Doms, 2018). 

Die institutionellen Probleme hinsichtlich der Abgrenzung der Arbeitsbereiche haben auch curriculare Konsequenzen. So haben bisher erst wenige Hochschulen ihre Inhalte so aufeinander abgestimmt, dass sie zu einer gebotenen Vernetzung des Wissens führen. Auch ist die Arbeit in multiprofessionellen Teams bisher nur selten Gegenstand der (fremdsprachendidaktischen) Ausbildung (vgl. jedoch Straub et al. in dieser Dokumentation).  

Probleme hochschuldidaktischer Art 

Eine Hochschuldidaktik, die den Anforderungen von Inklusion entspricht, ist in der theoretischen Diskussion noch wenig präsent). Auch auf einer allgemeineren konzeptionellen Ebene mangelt es an einer Vision von inklusiver Bildung von Lehrkräften anstelle einer Lehrerbildung für Inklusion (Merz-Atalik, 2017, S. 58). 

Eine enge Verknüpfung theoretischen Wissens mit der schulischen inklusiven Praxis ist wünschenswert, aber nicht immer organisatorisch realisierbar. Eine rein quantitative Erhöhung der Schulpraxiszeiten reicht hier u.E. nicht, weil die Qualität der Erfahrungen und Erkenntnisse in einem sinnvoll gestalteten Konzept gerahmt werden muss.  In Seminare eingebettete Projekte mit Schulen wären hier zur Fokussierung von Beobachtungen und zur Vermeidung von Überfrachtung und Überforderung hilfreich, denn das (oft einzige) Schulpraxissemester muss es ermöglichen, sofern in den Studiengang eingebettet, viele andere Kompetenzen zu erwerben. Darüber hinaus existieren laut Greiten et al. (2017) keine verpflichtenden inklusiven Schulpraxisphasen für Regelschullehrkräfte und Sonderpädagog/innen.  

Was multiprofessionelle Teams angeht, verweisen empirische Erkenntnisse zu kooperativen Prozessen im Kontext schulischer Heterogenität (Kreis, 2015) auf die Prävalenz der kontextuellen Bedingungen, was bezogen auf die Professionalisierung von Lehrkräften flexible Problemlösungskompetenz sowie situationsbezogene Kompetenz zur Aufgabenbewältigung in multiprofessionellen Teams erfordert. Diese wird idealiter bereits auf der Ebene der universitären Lehrerausbildung angebahnt. Inklusionsorientierte Seminare mit Kooperationsformen, die diese Gestaltung etwa in Tandems vorleben und so neben der Verbindung von Expertisen Lernen am Modell ermöglichen, sind nicht flächendeckend vorhanden. Die Kooperation im inklusiven Kontext stellt „Problemlösung und Problem“ gleichzeitig dar (Chilla, 2012; Doms, 2018; Werning & Avci-Werning, 2015) und würde, anders als die bisherigen Studienangebote, für Studierende erlebbar und auf die reale Berufsfeldpraxis ausgerichtet. 

3. Seminar ‚Inclusive Foreign Language Teaching‘ als Beitrag zur phasenübergreifenden Professionalisierung von Lehrkräften für den inklusiven Englischunterricht

Als ein erster Schritt auf dem Weg, die Problembereiche Kooperation, Vernetzung von Wissenselementen und Bezug zu inklusiver Praxis im Englischunterricht zu verbinden, versucht das Seminarformat ‚Inclusive Foreign Language Teaching‘ an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg seinen Beitrag zur phasenübergreifenden Professionalisierung von Lehrkräften mit Schwerpunkt auf der universitären Erstausbildung zu leisten. 

Die Lehrveranstaltung soll zunächst institutionell, curricular und hochschuldidaktisch eingeordnet werden (vgl. Tabelle 1), bevor die didaktische Konzeption näher erläutert wird. 

Institutionell – Inklusion als Profilmerkmal der Hochschule;
– Vision von einer inklusiven Hochschule. 
– Studiengänge für Sonderpädagogik und Regelschule getrennt, aber mit gemeinsamen Bereichen bzw. gleichen Kursen.
– Studierende der Sonderpädagogik studieren gleichzeitig Englisch als Fach oder besuchen die Veranstaltung für den Förderschwerpunkt Sprache; Mehrheit der Studierenden sind zukünftige Regelschullehrkräfte 
Curricular – Curriculare Verankerung von Inklusion im für alle verpflichtenden Übergreifenden Studienbereich: ein Modul Grundlagen (8 LP, Grundlagen legend und Haltungen erzeugend), ein Modul (6 LP) Fachdidaktik Inklusion aus dem Fach heraus. Die Lehrveranstaltung wird u.a. in diesem Modul angeboten. 
– Methodischer Ansatz für inklusiven Englischunterricht: Aufgabenorientierung (Task-supported language learning) und Lernen am gemeinsamen Gegenstand im Englischunterricht in heterogenen Lerngruppen (Bartosch & Köpfer, 2015; Blume et al., 2018; Chilla & Vogt, 2017; Vogt, 2018)
Hochschuldidaktisch, fachdidaktisch– Kooperation von Dozierenden der Sonderpädagogik (Fachrichtung Sprache) und der Fachdidaktik Englisch
– Grundannahme der Kooperativen Pädagogik (Schönberger et al., 1987; Chilla, 2012) 

Tabelle 1: Einordnung der Lehrveranstaltung in institutioneller, curricularer und hochschuldidaktisch-fachdidaktischer Hinsicht.

Mit Heinisch et al. (2017, S. 176) soll im Rahmen der Veranstaltung ‚Inclusive foreign language teaching‘ die Vernetzung von Wissenselementen und deren Bezug zu (späteren) Anwendungssituationen durch die Schaffung situierter Lerngelegenheiten im Studium in Kooperation mit praktizierenden Englischlehrkräften angeregt werden. Bei der Veranstaltung handelt es sich um ein fakultätsübergreifendes Seminar der Fakultäten für Erziehungswissenschaften und der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Die im Rahmen der kooperativen Pädagogik konzipierte Lehrveranstaltung sieht Lernen als individuellen und gemeinschaftlichen Aufbau von Kompetenzen. Ziel des lehramts- und fachrichtungsübergreifenden Seminars ist es, Handlungskompetenzen, Kooperation und Kommunikation der Studierenden verschiedener Lehrämter untereinander und der Studierenden mit den Dozentinnen zu vereinen. Weiter sollten verschiedene Fachdisziplinen mit ihren Diskursen einerseits und individuelle Lernpräferenzen der Studierenden berücksichtigt werden. Im Sinne der Kooperativen Pädagogik ist Lernen als Bildungsprozess auf ethisch begründetes, verantwortliches Handeln ausgerichtet. Der/die Lernende muss eine Situation als Problem verstehen und so ordnen, dass die Lösung des Problems wertvoll und möglich erscheint. Die Problemlösung setzt ein Problem voraus, an dem der/die Studierende Interesse haben und zu dessen Lösung er/sie mit anderen kooperativ kommunizieren muss. Der/die Studierende erkennt sich als jemand, der/ die unter mehreren vom Problem betroffen ist und erkennt seine/ihre Zugehörigkeit zur Kooperationsgemeinschaft. Die Aufgabe der Hochschuldozentinnen liegt darin, diesen Prozess zu begleiten und gemeinsam mit den Studierenden mögliche Lösungswege zu erproben. Basierend auf der Grundannahme, dass Wissen von dem bzw. der Lernenden eigenständig konstruiert wird, sollen die von Studierenden und Dozentinnen verschiedener Lehrämter gemeinsam erstellten Unterrichtsreihen und Materialien für den Englischunterricht in heterogenen Lerngruppen, die gleichzeitig auf dem konkreten im Unterricht verwendeten Lehrwerk basieren müssen, als exemplarische kooperative Lösung eines gemeinsamen „Problems“ gelten. Im Ausblick auf die zu erwerbende pädagogischen Professionalität der Studierenden als zukünftige Lehrkräfte in heterogenen Lerngruppen sollte es mit diesem Seminar gelingen, über die reine Teilnahme an Präsenzvorlesung und -klausur hinaus die Handlungsrelevanz des Wissenserwerbs für Studierende verschiedener Lehrämter zu unterstreichen.

Die Veranstaltung findet wöchentlich mit zwei Semesterwochenstunden statt, die sich thematisch in fünf Abschnitte gliedert (vgl. Abb. 1) und in einen Schulentwicklungsprozess über insgesamt zwei Schuljahre eingebettet war, in welchem die Dozentinnen die Fachschaft Englisch an einer integrativ arbeitenden Realschule vor Ort zum Thema ‚Englischunterricht in heterogenen Lerngruppen‘ kontinuierlich fortgebildet haben. In dieser dritten Phase der Lehrerbildung erleben die Lehrkräfte also eine intraprofessionell konzipierte Fortbildungsreihe, die von den Dozentinnen im Tandem durchgeführt wurde.  

Im ersten Teil des Seminars setzen sich die Studierenden mit einer Heterogenitätsdimension theoretisch und mit ihren Konsequenzen für die Unterrichtspraxis auseinander. Der zweite Teil der Veranstaltung besteht aus Hospitationen in verschiedenen Klassen und Klassenstufen der Kooperationsschule (Realschule mit heterogenen Lerngruppen), die außerhalb der Regelpraktika stattfinden. Der phasenübergreifende Aspekt besteht an dieser Stelle darin, dass die Studierenden in der ersten Phase der Lehrerbildung bei ihren Hospitationen von den Erfahrungen der praktizierenden Lehrkräfte, insbesondere in Bezug auf Informationen zur Lerngruppe, profitieren können. Bei den gemeinsamen Auswertungsgesprächen konnten die Studierenden ebenso von den Erfahrungen der Lehrkräfte im inklusiven Englischunterricht profitieren. Parallel dazu analysieren die Studierenden gemeinsam mit den Dozentinnen im Seminar an der Pädagogischen Hochschule die supervidierten Lerngruppen insbesondere in Bezug auf die im ersten Teil diskutierten Heterogenitätsdimensionen. Im dritten Teil erfolgt die methodologische Auseinandersetzung mit Heterogenität aus einer fremdsprachendidaktischen Perspektive (task-supported language learning) sowie der Perspektive der inklusiven Pädagogik, die zusammengeführt werden. Falls möglich, erhalten die Studierenden durch Gastvorträge eine weitere internationale oder schulpraktische Perspektive auf das Thema, die sie anschließend reflektieren. Im vierten Schritt werden konkrete Unterrichtsreihen (task sequences) mit entsprechenden Materialien für die Schulklasse, in der hospitiert wird, unter Berücksichtigung der relevanten Heterogenitätsdimensionen entworfen und auf der Grundlage der Rückmeldungen von Kommiliton/innen und der Dozentinnen überarbeitet. Die so im Seminar ‚Inclusive Foreign Language Teaching‘ entstehenden Unterrichtsreihen und -materialien (task sequences) werden von Lehrkräften an der Kooperationsschule in ihrem Unterricht genutzt. Nach der Erprobung der Materialien erfolgt seitens der Lehrkräfte ein Feedback zu den erstellten Materialien, was die Erfahrungen aus der dritten Phase der Lehrerbildung wieder an die erste Phase anband. 

Abbildung 1: Bestandteile der Lehrveranstaltung ‚Inclusive foreign language teaching‘ 

Einige Ergebnisse der standardisierten Lehrveranstaltungsevaluation mittels Fragebögen aus dem Sommersemester 2016 (n=11) zeigen: Die Studierenden, mehrheitlich des Regelschullehramts (80% Regelschule, 20% Sonderpädagogik) waren 21 bis 30 Jahre alt und haben als vornehmliche Gründe für den Besuch der Veranstaltung genannt, dass sie die Inhalte für die berufliche Zukunft für relevant erachteten (82%) und ein besonderes Interesse am Thema hatten (73%). Sie haben in der Befragung die folgenden Aspekte der Veranstaltung als positiv empfunden: Theorie-Praxis-Bezug (82% trifft voll zu), fachliche Kompetenz der Lehrpersonen (82% trifft voll zu) und die kooperative Atmosphäre mit Eingehen auf Fragen (91% trifft voll zu). Darüber hinaus bezeichneten sie die Hospitationen als hilfreich. Auch die sich ergänzende Expertise der Lehrpersonen empfanden sie als positiv. Jedoch beklagten 56% den hohen Zeitaufwand insbesondere für die außerhalb der regulären Seminarzeit stattfindenden Schulbesuche. Andererseits wünschten sich Studierende auch, die Hospitationen zeitlich auszuweiten (i.d.R. hospitierten sie ein bis zwei Stunden). 

Neben der standardisierten Lehrveranstaltungsevaluation wurde eine inhaltsbezogene interne Evaluation durchgeführt, die die Ergebnisse und weitere Lernziele individualisiert aus der Sicht der Studierenden reflektierte.  Studierende gaben dabei mehrheitlich (8 von 11 Studierenden) an, eine klarere Vorstellung von Heterogenitätsdimensionen zu haben. Für den Bereich der sonderpädagogischen Förderbedarfe hat das Seminar eventuell als Perturbation von Einstellungen zu Inklusion fungiert, denn die Ergebnislage zu Lernertrag zu sonderpädagogischem Förderbedarf ist durchaus gemischt: fünf der 11 befragten Studierenden sind sich nicht sicher, ob sie ihren Lernzuwachs als gut bezeichnen können und sechs Studierende wollen „nur vielleicht“ mehr dazu erfahren. Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass die Einstellung zu Inklusion und Heterogenität sich in Richtung auf einen weiten Inklusionsbegriff verändert hat, der sonderpädagogischen Förderbedarf als eine von vielen Heterogenitätsdimensionen betrachtet. Dies deutete sich zumindest in der abschließenden Diskussion an, kann aber nicht empirisch bestätigt werden. 

4. Fazit und Ausblick

Im Rahmen einer kooperativen intraprofessionell ausgerichteten und curricular übergreifenden Lehrveranstaltung wurde versucht, die Aspekte Kooperation, Vernetzung von Wissenselementen und Bezug zu inklusiver Praxis im Englischunterricht zu verbinden. Als konkrete Handlungsoption für die Hochschule soll so dazu beigetragen werden, eine phasenübergreifende Professionalisierung von zukünftigen und amtierenden Lehrkräften an den Lernbedürfnissen und Berufsperspektiven entlang zu konzeptualisieren. Aufgrund der schmalen Datenbasis muss dieses reflektierte Praxisprojekt als Pilotstudie angesehen werden, die einmal mehr die Vielzahl der Forschungsdesiderate im Bereich der Inklusiven Bildung von Lehrkräften für den Englischunterricht untermauert. Künftige Projekte können aus den Ansatzpunkten des hier beschriebenen Praxisprojektes ‚Inclusive Foreign Language Teaching‘ Wirkungsforschung vorantreiben z.B. bzgl. einer eventuellen Haltungsänderung der Studierenden. Sie kann (wahrgenommene) Kompetenzzuwächse eruieren, Lehrkräfte an Regelschulen bzgl. ihrer Haltungen und (wahrgenommenen) Kompetenzen aufsuchen und befragen, sowie die Wahrnehmung der Lernenden in Bezug auf Einstellungsänderungen gegenüber Heterogenität im Englischunterricht in den Fokus nehmen. 

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Sechs Dinge, die Fremdsprachenlehrkräfte über Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten/Legasthenie wissen müssen

Judit Kormos (Lancaster University, Department of Linguistics and English Language)

Abstract

This article discusses six of the most important issues relating to teaching dyslexic language learners and more widely the theme of inclusive language education. The first three topics I cover in the article concern the definition, causes of dyslexia and other specific learning difficulties, and their effect on the processes of learning additional languages. It is hoped that up-to-date, accessible and accurate information on dyslexia helps teachers to base their beliefs and teaching practices on reliable evidence. The fourth topic illustrates the key elements of inclusion and differentiation, which can be applied in teaching not only additional languages but also other subjects. The fifth gives detailed advice on how we can adapt our teaching repertoire to meet the needs of dyslexic language learners. One of the specific teaching methods, called multisensory language teaching, is described in the last topic.  

Eine längere Version dieses Artikels wurde 2018 auf Ungarisch in der Fachzeitschrift Modern Nyelvoktatás (Moderner Fremdsprachenunterricht), Heft 4, unter dem Titel „10 Merkmale, die ein Fremdsprachenlehrer über Legasthenie wissen sollte“ veröffentlicht.

1. Einleitung 

Wir alle haben unterschiedliche Eigenschaften und die vielfältige Kombination dieser Eigenschaften macht uns zu besonderen Menschen. Schülerinnen und Schüler sind in ihren Eigenschaften ebenfalls sehr heterogen und auch sie können besondere Fähigkeiten haben. Dies hat zahlreiche Ursachen, und kann mehrere Formen aufweisen. Eine dieser Formen sind Lernschwierigkeiten, denen in der Unterrichtspraxis oft nur sehr wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Aus pädagogischer Sicht wäre es aber notwendig, Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten/Legasthenie in der Unterrichtspraxis nicht mehr nur als eine Form von Lernstörungen zu behandeln, sondern sie viel mehr als eine von zahlreichen verschiedenen Lernformen (vgl. z.B. Kormos und Smith, 2012; Gerlach 2019) zu betrachten. Auch Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS)/Legasthenie können in der Schule Lernerfolge erzielen und Schulerfolge erleben, vorausgesetzt, die Schule, die sie besuchen und das Unterrichtssystem, in dem sie lernen, erkennt die individuellen Unterschiede im Zugang zum Lernen an und vertritt in der Unterrichtspraxis das Konzept, individuelle und besondere Ansprüche der Schülerinnen und Schüler in allen Prozessen des Unterrichts zu berücksichtigen. Deshalb steht im Mittelpunkt des inklusiven Unterrichts, der auch unter dem Terminus Inklusionspädagogik zusammengefasst wird, der Gedanke, dass von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Bedürfnissen und Lernschwierigkeiten nicht zu erwarten ist, sich der Schule im Allgemeinen und im Besonderen den Anforderungen des Lehrplans und den Methoden des Unterrichts anzupassen. Stattdessen sollte das Unterrichtssystem den heterogenen und besonderen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler angepasst werden, und zwar mit dem Ziel, die Hindernisse, die dem erfolgreichen Lernen im Wege stehen, zu beseitigen (vgl. UNESCO, 2012). 

In diesem Artikel werden Merkmale und Fakten, Erfahrungen und Unterrichtsmethoden besprochen, die Lehrerinnen und Lehrer für Fremdsprachen, in deren Klassen Schülerinnen und Schüler mit LRS eine Fremdsprache lernen, bei Gestaltung ihrer Unterrichtspraxis unterstützen können. Der Artikel behandelt sechs Themenkreise, die für den Fremdsprachenunterricht für Lernende mit LRS relevant sind. Die ersten drei Themenkreise beschäftigen sich mit der Definition von LRS, mit ihren Ursachen und mit Daten und Fakten, die die Häufigkeitsrate von LRS im Schulalter beschreiben. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Wirkung gelegt, die diese Umstände auf den Fremdsprachenunterricht und auf den Prozess des Fremdsprachenlernens ausüben. Gerade auf diesem Gebiet – Fremdsprachenunterricht und LRS – sind viele Irrglauben und pseudowissenschaftliche Ansichten verbreitet. Wenn diese den Fremdsprachenunterricht mit Schülerinnen und Schülern mit LRS beeinflussen, im schlimmsten Fall sogar bestimmen, wird das erfolgreiche Erlernen einer Fremdsprache für sie besonders erschwert. Den vierten Themenkreis des Artikels bilden praktische Ratschläge, wie der Fremdsprachenunterricht selbst und die angewandten Unterrichtsmethoden in der Praxis so gestaltet werden können, dass sie die Ansprüche von Lernenden mit LRS berücksichtigen. Im fünften Themenkreis werden differenzierende Unterrichtsmethoden vorgestellt, die auch im Fremdsprachenunterricht mit Erfolg eingesetzt werden können. Zum Abschluss des Artikels wird die Frage beantwortet, unter welchen Bedingungen der Einsatz multisensorischer Unterrichtsmethoden im Fremdsprachenunterricht mit Schülerinnen und Schülern mit LRS hilfreich sein kann. 

2. Aktuell diskutierte Ansätze 

1. Was ist Legasthenie? Was sind Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten?

Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) werden am häufigsten als Lernschwierigkeiten im Bereich der Lesekompetenz definiert. Es ist jedoch wichtig zu bemerken, dass LRS nicht nur die Lesekompetenz betreffen kann. Oft treten auch Probleme in der Rechtschreibung auf. LRS hängen zudem oft ebenfalls mit Funktionsstörungen des Kurzzeitgedächtnisses oder mit der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung zusammen. LRS können zudem all die kognitiven Funktionen beeinflussen, die die erfolgreiche Planung und Ausführung von komplexen Handlungsformen ermöglichen (Snowling, 2008). Die Lernschwierigkeiten, die Schülerinnen und Schüler als Folge komplexer funktionaler Schwierigkeiten haben, werden sie auf ihrem ganzen Lebensweg begleiten. Jedoch können Dynamik und Ausgeprägtheit einzelner mit LRS zusammenhängender Beeinträchtigungen mit dem Alter variieren. Es gibt Menschen, die ihre Lese- und/oder Schreibschwierigkeit dank entsprechender Strategien und pädagogischer Methoden im Erwachsenenalter so gut wie überwunden haben, aber dafür in anderen Lebensbereichen großen Herausforderungen gegenüber stehen. Die Ausgeprägtheit der auftretenden Schwierigkeiten in der Lesekompetenz variiert möglicherweise auch nach Sprachen. Legasthenie/LRS äußern sich in einer Sprache wie zum Beispiel dem Ungarischen, in dem die Laut-Buchstabe-Entsprechungen verhältnismäßig eindeutig sind, oft durch ein langsameres Lesetempo und verursacht im Bereich der Rechtschreibung weniger Schwierigkeiten. In anderen Sprachen, deren Rechtschreibsysteme komplizierter sind, wie zum Beispiel im Fall des Englischen, lesen die Schülerinnen und Schüler mit LRS nicht nur langsamer, sondern auch ungenauer als Schülerinnen und Schüler, die nicht von LRS betroffen sind (vgl. Ziegler et. al. , 2010). 

In diesem Kontext ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass LRS nicht nur bei Leseaufgaben, sondern auch bei Aneignung bzw. Entwicklung bestimmter Fertigkeiten praktische Schwierigkeiten, aber auch Vorteile mit sich bringen können. Menschen mit LRS zeichnen sich oft durch kreatives und holistisches Denken sowie durch ihre individuelle Problemlösungsfähigkeit aus. 

2. Welche Ursachen haben LRS?

Die genauen biologischen Ursachen von LRS sind noch nicht bekannt. Es gibt jedoch Untersuchungen, die den genetischen Ursprung belegen bzw. auf eine genetische Ursache schließen lassen, d.h. LRS können vererbbar sein (Pennington und Bishop, 2009). Ebenfalls wurden bei Personen mit LRS spezifische Gene und Chromosomen entdeckt. In diesem Zusammenhang werden zudem immer mehr bilddiagnostische Untersuchungen des Gehirns durchgeführt, deren Ziel es ist, den neurologischen Hintergrund von LRS zu erforschen (Peterson und Pennington, 2015). Es gibt bisher keinerlei Beweise dafür, dass LRS oder andere spezifische Formen von Lernschwierigkeiten mit sozialen oder ökonomischen Faktoren im Zusammenhang stehen. Es ist jedoch eine Tatsache, dass lesefreundliche, also den Leseprozess fördernde, familiäre Verhältnisse und die höhere Qualifikation und Bildung der Eltern die Bewältigung von Lernschwierigkeiten positiv beeinflussen können, d.h. in einer solchen Umgebung bedeutet es für die Betroffenen eine geringere Herausforderung, ihre Lese- oder Schreibschwierigkeiten zu bewältigen. Und umgekehrt: wenn keine unterstützende Umgebung vorhanden ist, kann es vorkommen, dass schwerere LRS auftreten, die nur mit größeren Bemühungen bewältigt werden können. 

Im Bereich der kognitiven funktionalen Ursachen von LRS spielt die veränderte Funktion der phonologischen Kodierung eine sehr wichtige Rolle (Stanovich, 1988). Dieses Verfahren ist verantwortlich dafür, dass wir Laute von Sprachen richtig wahrnehmen, ihre Länge ohne Schwierigkeiten feststellen können und aus den Lauten Silben und Wörter bilden können. Die phonologische Kodierung ist auch beim Prozess des Lesens wichtig, da wir den Lauten die entsprechenden Buchstaben zuordnen müssen. Seit langem ist bekannt, dass Kinder mit LRS schon vor dem Schulalter Probleme mit phonologischen Kodierungsverfahren haben. Diese Schwierigkeiten treten oft in Begleitung von Wortfindungsproblemen auf (Lovett, Steinbach und Frijters, 2000). Kinder mit LRS können zum Beispiel bei Bildbeschreibungsaufgaben Farben, Zahlen und andere Begriffe sehr viel langsamer benennen. Auch kann es vorkommen, dass sie in spontanen Gesprächen bestimmte Ausdrücke oder Wörter erst nach einer längeren Wortfindungsphase aussprechen können. 

Eine zweite wichtige kognitive Ursache der Schwierigkeiten bei Leseverstehen und Rechtschreibung ist in der reduzierten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses zu suchen (Jeffries und Everatt, 2004). Das Arbeitsgedächtnis spielt in zahlreichen Denk- und Lernprozessen eine wichtige Rolle: wir nehmen durch Sehen, Hören oder andere Kanäle Informationen auf, verarbeiten und speichern sie zuerst im Kurzzeitgedächtnis ab, bevor wir sie im Langzeitgedächtnis speichern. Die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses ist jedoch begrenzt. Je nach individuellem Leistungsvermögen zeigt es in der Regel eine Speicherkapazität von 4 bis 9 Einheiten, d.h. das ist die maximale Anzahl der Informationseinheiten, die wir im Arbeitsgedächtnis zwischenspeichern können (Baddeley, 2012). Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses von Menschen mit LRS liegt meistens im Gebiet der unteren Grenze der typischen Gedächtnisleistung. Daraus folgt, dass Menschen mit LRS während der verschiedenen Lernprozesse wenige Informationsinhalte erfassen können und sich beim Abrufen dieser auch an weniger Einheiten erinnern können. Deshalb brauchen Schülerinnen und Schüler mit LRS mehrere Wiederholungsphasen, um Inhalte sicher merken, speichern und abrufen zu können. Schwierigkeiten beim Merken und Abrufen von Wörtern sind oft mit Schwierigkeiten der Aufmerksamkeitssteuerung verbunden.   

3. Wie wirken LRS auf das Fremdsprachenlernen? 

Die muttersprachlichen Kompetenzen stellen eine wichtige Grundlage für das Lernen von Fremdsprachen dar. Da Schülerinnen und Schüler mit LRS beim Erwerb und der Entwicklung muttersprachlicher Rechtschreibkompetenz im Allgemeinen häufig Schwierigkeiten haben, stehen sie beim Fremdsprachenlernen oft ebenfalls vor großen Herausforderungen. Es ist jedoch nicht immer der Fall, dass einem Kind mit LRS das Fremdsprachenlernen automatisch Schwierigkeiten bereitet (vgl. Košak-Babuder, Kormos, Ratajczak und Pižorn, 2018). 

Viele Lehrende für Fremdsprachen, aber oft auch Bildungsexperten und -expertinnen sind davon überzeugt, dass LRS nur die Lese- und Rechtschreibkompetenzen der Schülerinnen und Schüler beträfe. Aus diesem Grund bieten sie ihren Lernenden mit LRS nur auf diesen Gebieten Unterstützung an und/oder ermitteln bzw. beurteilen die Leistungen dieser nur auf diesen beiden Gebieten des Spracherwerbs nach besonderen Kriterien oder weniger streng als im Fall von denjenigen ohne LRS. Unsere Erfahrungen zeigen jedoch, dass Schülerinnen und Schüler mit LRS oft auch beim Erwerb anderer fremdsprachlicher Kompetenzen ernstzunehmende Schwierigkeiten haben können. Vielen bereiten zum Beispiel auch die fremdsprachliche Textgestaltung, das Verstehen von Hörtexten sowie die Aneignung von Wörtern in einer fremden Sprache oder der Erwerb fremdsprachlicher grammatischer Strukturen große Probleme (Kormos, 2017). 

Lehrende für Fremdsprachen und Sprachlernenden mit LRS berichten übereinstimmend darüber, dass beim Prozess des Fremdsprachenlernens der Erwerb des Wortschatzes eine der größten Herausforderungen darstellt (Kormos & Kontra, 2008; Kormos & Mikó, 2010). Schülerinnen und Schüler mit LRS sollten deshalb viele Möglichkeiten zur Wiederholung des Wortschatzes angeboten werden und viele vielfältige Übungen zum Erlernen neuer Wörter, zum Erwerb von Rechtschreibung, Aussprache und Bedeutung. Diese Schülerinnen und Schüler kann auch der Erwerb der Grammatik einer fremden Sprache vor große Herausforderung stellen, insbesondere in Unterrichtssituationen, in denen sie die Regelmäßigkeiten von grammatischen Strukturen selbst entdecken sollen, d.h. ohne Erklärung oder Hilfe von Seiten der Lehrenden. 

Während viele Schülerinnen und Schüler mit LRS beim fremdsprachlichen Leseverstehen unter dem durchschnittlichen Leistungsniveau ihrer Klasse liegen, scheinen die Ergebnisse beim Hörverstehen weniger durch LRS beeinflusst zu sein (Helland & Kaasa, 2005; Kormos & Mikó, 2010). Einige dieser Schülerinnen und Schüler zeigen aufgrund schwächerer Kompetenzen in phonologischen Kodierungsverfahren und geringerer Kapazität des Speicherungsvermögens des Arbeitsgedächtnisses bei der Verarbeitung und Speicherung von gehörten Informationen tatsächlich weniger gute Leistungen. Andere können jedoch bei Höraufgaben genauso gute Leistungen erbringen wie denen, die keine LRS haben (Košak-Babuder et al., 2018). 

Die bisherige Forschung hat bedeutende Unterschiede zwischen Sprachlernenden mit und ohne LRS in der schriftlichen Leistung nachgewiesen (Ndlovu & Geva, 2008). In den Aufsätzen der Schülerinnen und Schüler mit LRS kamen im Vergleich zur Fehlermenge der Schülerinnen und Schüler ohne LRS wesentlich mehr Fehler im Bereich der Orthographie und Grammatik vor. Bei der Gestaltung von mündlichen und schriftlichen Texten wurde beobachtet, dass es sich für Lernenden mit LRS als schwierig darstellen kann, ihre Gedanken zusammenhängend, logisch strukturiert und zeitgerecht auszudrücken. 

Studien haben gezeigt, dass die Motivation zum Fremdsprachenlernen bei ungarischen Grundschulkindern mit LRS sowohl im Fall der englischen als auch der deutschen Sprache wesentlich niedriger war als der Motivationsgrad von denen, die nicht von LRS betroffen waren (Kormos & Csizér, 2010). Piechurska-Kuciel (2008) führte im Kreis von Schülerinnen und Schüler an polnischen Mittelschulen eine Studie durch und fand heraus, dass Sprachlernende mit LRS in den untersuchten Unterrichtsstunden in der Fremdsprache und im Allgemein im Zusammenhang mit Sprachenlernen öfter Angst hatten, als die befragten Schülerinnen und Schüler, die keine Lernschwierigkeiten aufwiesen. Wenn wir diese Emotions- und Motivationsumstände des Fremdsprachenlernens nicht entsprechend berücksichtigen und keine Lernumgebung gestalten, die sich durch Empathie und Toleranz auszeichnet, kann zu Recht befürchtet werden, dass Schülerinnen und Schüler mit LRS das Fremdsprachenlernen aufgeben und die Schule ohne anwendbare fremdsprachliche Kenntnisse verlassen. 

3. Mögliche Richtungen

4. Welche Differenzierungsmöglichkeiten sind im Fremdsprachenunterricht für Schülerinnen und Schüler mit LRS geeignet? 

Die Differenzierungstechniken, die im Fremdsprachenunterricht für Schülerinnen und Schüler mit LRS geeignet sind, sind vielfältig (vgl. Kormos und Smith, 2012; Gerlach 2019). Wir können zum Beispiel zu demselben Text des Hör- oder Leseverstehens Sprachlernenden mit LRS andere Aufgaben zur Textverarbeitung vorbereiten. Für Schülerinnen und Schüler mit LRS ist eine Aufgabe, zum Beispiel die entsprechende Antwort zu markieren oder die richtige Reihenfolge der Antworten zu finden, relevanter als diese Informationen selbst schreiben zu müssen (Kormos und Smith, 2012). Es ist auch ratsam, den Schülerinnen und Schülern mit LRS für denselben Zeitraum weniger Aufgaben zu geben oder für sie zur Lösung der Aufgabe mehr Zeit einzuplanen. Diese Entscheidungen spielen dann auch bei der Beurteilungsphase von deren Leistung eine wesentliche Rolle, insbesondere dann, wenn es sich um die Leistungskontrolle von Leseverstehen in schriftlicher Form oder um schriftliche Textgestaltung handelt.

Wir können den zu bearbeitenden Text für Schülerinnen und Schüler mit LRS in kleinere Einheiten aufteilen und die Aufgaben, die sich auf die einzelnen Textteile beziehen, direkt nach den passenden Abschnitten einfügen, anstatt ihnen lange Texte zu geben, die die Übungen erst am Ende enthalten. Diese Technik können wir auch bei der Gestaltung von Aufgaben zu verschiedenen Typen des Hörverstehens anwenden. Als Unterstützung zur Lösung von Aufgaben zum Lese- und Hörverstehen können wir für unsere Sprachlernenden mit LRS auch Wortlisten anfertigen. 

Die Anwendung moderner technischer Mittel spielt im differenzierenden Fremdsprachenunterricht eine sehr große Rolle. Wir sollten unsere Unterrichtspraxis so organisieren, dass Schülerinnen und Schüler mit LRS öfter am Computer arbeiten können und Schreibaufgaben mit Hilfe des Computers lösen. Mit Computerunterstützung können sie sicherer schreiben und die Benutzung einer Spracherkennungssoftware kann für sie ebenfalls sehr hilfreich sein. Auch Applikationen, die geschriebene Texte in gesprochene Sprache umwandeln, bedeuten für unsere Sprachlernenden mit LRS ein wirksames Hilfsmittel. In einer Studie wurde gezeigt, dass slowenische Schülerinnen und Schüler mit LRS im Grundschulalter die englischsprachigen Texte fast so gut verstanden haben wie ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, die von LRS nicht betroffen waren, wenn sie diese parallel lesen und hören konnten (Košak-Babuder et al., 2018). Es ist also empfehlenswert, für Schülerinnen und Schüler mit LRS Filme mit Untertiteln zur Verfügung zu stellen oder geschriebene Texte für sie vorzulesen, dass sie auch selbst mitlesen können.

Nach Möglichkeit sollten wir auch bei der Leistungsbeurteilung differenzieren. Dabei sollten wir uns darauf fokussieren, die Stärken und die Schwierigkeiten unserer Sprachlernenden mit LRS möglichst auszugleichen. Wir können zum Beispiel überlegen, ob wir anstelle eines schriftlichen Leistungstests einen mündlichen durchführen und ob es möglich ist, für sie statt einer schriftlichen Kontrollaufgabe eine Projektaufgabe zu stellen. Sprachlernende, die Lernschwierigkeiten haben, können wir auch dadurch erfolgreich unterstützen, dass wir für sie die wichtigeren, stärker gewichteten und deshalb auch mehr Punkte einbringenden Teile des Tests markieren. Es ist auch empfehlenswert, sie immer daran zu erinnern, keine Übungen unabsichtlich auszulassen und möglichst alle Übungen der Leistungskontrolle zu lösen. 

Beim differenzierenden Sprachunterricht haben sich auch Methoden wie Gruppen- und Partnerarbeit sehr gut bewährt (Kormos und Smith, 2012). Die Gruppenmitglieder fungieren dabei als eine wichtige Quelle der partnerschaftlichen, gegenseitigen Hilfe und Unterstützung. Damit geplante Gruppen- und Partnerarbeiten tatsächlich gut funktionieren, müssen auch die Gruppenmitglieder verstehen und akzeptieren, dass Lernprozesse durchaus unterschiedlich ablaufen können. Dies ist eine Grundvoraussetzung. Im Falle von Schülerinnen und Schüler mit LRS kann der Lernprozess auch dadurch gefördert werden, dass sie in einer Phase der Gruppenarbeit eine ihnen individuell zugeteilte Rolle/Aufgabe bekommen, die ihre Stärken, wie zum Beispiel ihre holistische Denkweise, ihre Kreativität und gute Fähigkeit zur Problemlösung hervorbringt. Dadurch wird die Teilnahme an Gruppenarbeit als Erfolg erlebt. 

5. Wie sind die Unterrichtsmethoden an die Ansprüche der Schülerinnen und Schüler mit LRS anzupassen?

Es gibt auch sehr einfach realisierbare Unterrichtstechniken, die im Allgemeinen alle Lernenden motivieren können. Einige davon fördern die Leistung und die Entwicklung von Schülerinnen und Schülern mit LRS besonders effektiv. Es ist zum Beispiel sehr hilfreich, wenn wir für Sprachlernende mit LRS die Liste der zu lernenden Wörter separat austeilen oder diese im Lehrbuch markieren. Gezielt können wir auch digitale Apps verwenden und die Wörter, die sich unsere Lernenden mit LRS aneignen sollen. So können wir vermeiden, dass Wörter fehlerhaft abgeschrieben und in einer falschen Form gelernt werden (Kormos & Kontra, 2008). Beim Erwerb des Wortschatzes ist es besonders wichtig, dass sich die Lernenden verschiedene Mnemotechniken aneignen und diese aktiv anwenden (Sarkadi, 2008). 

Da das Arbeitsgedächtnis von Lernenden mit LRS nicht auf einmal eine so große Anzahl an Informationen speichern kann, ist es angeraten, die Arbeitsanweisungen oder die Arbeitsschritte einer komplexeren Aufgabe in kleinere Einheiten oder Schritte zu unterteilen. Auf diese Weise können die Lernenden besser verstehen, was die Aufgabe ist und welche Verfahren sie dazu führen, diese richtig zu lösen. So bleibt kein Schritt, der zur Lösung der Aufgabe notwendig ist, aus und Sprachlernende mit LRS haben nicht das Gefühl, dass sie ein umfangreiches Projekt alleine nicht lösen können (Kormos & Smith, 2012). Den fremdsprachlichen Lernprozess unserer Schülerinnen und Schüler mit LRS können wir auch dadurch effektiv fördern, dass wir ihnen raten, über ihre Aufgaben ein Tagebuch zu führen oder die Erinnerungsfunktionen ihres Handys zu benutzen. 

Zur Förderung und Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit hat sich die folgende Technik sehr gut bewährt: Die Anfertigung eines sogenannten Textfeldfensters aus Papier für die oft unüberschaubar strukturierten und zu bunten Lehrwerke. Dieses deckt dann den Teil der Seite ab, mit dem wir uns in der Stunde nicht beschäftigen. Es funktioniert immer gut, die wichtigen Informationen in einem Text oder im Lehrbuch mit Farbstift oder Textmarker hervorzuheben. So kann die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf die wichtigen Teile des Textes oder der Aufgabe gelenkt werden. 

Sprachlernende mit LRS sind mehr auf wiederholende Übungen im Fremdsprachenunterricht angewiesen als ihre Mitschüler ohne Lernschwierigkeiten (Kormos und Kontra, 2008). Oft steht aber in den Stunden nicht genügend Zeit zur Wiederholung zur Verfügung, um schwierigere Teile des Lernmaterials einzuüben. Heutzutage stehen uns dank des Internets und der Vielfalt mobiler Kommunikationsgeräte diverse Möglichkeiten zur Verfügung, die auch beim Fremdsprachenerwerb mit Erfolg eingesetzt werden können. Mit ihrer Benutzung müssen aber die Lernenden mit LRS in jedem Fall zuerst vertraut gemacht werden. Unsere Aufgabe ist es auch, die ihnen am meisten entsprechende Form der interaktiven Übungsmöglichkeiten zu finden und zu empfehlen. Im Rahmen des internationalen Erasmus+ Kooperationsprojekts ENGaGe (Digital English and German task bank for 4th to 8th class dyslexic learners), wird eine digitale Aufgabendatenbank für Englisch und/oder Deutsch als Fremdsprache lernende Schülerinnen und Schüler mit LRS erstellt, die beim aktiven Erwerb des Wortschatzes und bei der Entwicklung fremdsprachlicher Kompetenzen aktiv unterstützen kann. 

Die Lernergebnisse aller Sprachlernenden werden generell besser, wenn sie entsprechende Lernstrategien und gut funktionierende Strategien zur Organisation des Lernprozesses einsetzen. Wir können im Fremdsprachenunterricht zahlreiche Mnemotechniken verwenden. Es ist jedoch individuell sehr unterschiedlich, welche Technik, welcher oder welchem Lernenden bei welchem Lernproblem effektiv helfen kann. Neben den bekannten Mnemotechniken ist im Fall von Sprachlernenden mit LRS besonders empfehlenswert, regelmäßig Wortwolken oder Mind Maps zu erstellen. Techniken, die die zu lernenden Informationen oder die vorzustellenden Inhalte visualisieren, fördern die Systematisierung von Gedanken. Unter diesen sind Wortwolken oder Mind Maps allgemein verbreitet, aber die Lernenden können auch eigene Techniken entwickeln, mit denen sie die Informationen in visueller Form darstellen.

Auch Lesestrategien sollten sich diese Schülerinnen und Schüler aneignen. Sie sollten dazu angeregt werden, sich zuerst immer den Titel und die Untertitel des Textes anzuschauen und sich über den Inhalt des Textes Gedanken zu machen. Als nächsten Schritt sollte ein erstes, überfliegendes Lesen folgen, mit dem Ziel, die Schlüsselinformationen und -wörter im Text zu finden. Erst danach sollten sich die Lernenden auch die Fragen anschauen, die sich auf den Textinhalt beziehen. Ein aufmerksames Lesen erfolgt erst nach dem Verstehen der Verständnisfragen zum Text. 

6. Wie ist die multisensorisch strukturierte Methode im Fremdsprachenunterricht für Schülerinnen und Schüler mit LRS anzuwenden? 

Als Unterrichtsmethode im Fremdsprachenunterricht für Lernende mit LRS wird am häufigsten die so genannte multisensorisch strukturierte Methode empfohlen (Sparks, Ganschow, Kenneweg und Miller, 1991; Gerlach 2015). Diese Methode, wie auch ihr Name schon andeutet, unterstützt das Lernverfahren durch die gleichzeitige Anwendung von mehreren Sinneskanälen, wobei die zu lernenden Informationen auf mehreren Kanälen wie Hören, Sehen, Tasten oder Bewegung vermittelt und festgehalten werden. Wir können uns eine verbale Information leichter merken, wenn sie auch von visuellen Elementen begleitet wird. Durch den Empfang visueller Informationen kann die begrenzte Kapazität der sprachlichen Komponente des Arbeitsgedächtnisses kompensiert werden, besonders dann, wenn die Information auch auf einem bildlichen Kanal zur Verfügung gestellt wird (Baddeley, 2012). Deshalb ist es wichtig, dass beim Prozess des Wörterlernens oder der Aneignung grammatischer Einheiten auch mehrere Kanäle aktiviert werden. Es kann nicht nur interessanter, sondern auch lernprozessfördernder sein, wenn Wörter illustriert oder pantomimisch dargestellt werden, wenn die grammatischen Strukturen mit Farben markiert oder mit beweglichen Gegenständen modelliert und auf diese Weise eingeübt werden. Es ist hier jedoch wichtig zu bemerken, dass wir bei der Anwendung dieser Methode die Lernenden nicht mit einer großen Vielfalt von Informationen belasten dürfen. Wenn sie zum Beispiel einen Text gleichzeitig lesen und hören, sollten wir begleitende bildliche Effekte nur in einer sehr begrenzten Anzahl einsetzen. 

Als zweites wichtiges Element des multisensorischen Sprachunterrichts muss die Strukturierung der Informationen erwähnt werden. Dies bedeutet, dass das Lernmaterial in kleine Einheiten unterteilt wird und in sehr gut durchdachte Schritte strukturiert wird. Lernende mit LRS haben Schwierigkeiten, Regelmäßigkeiten ohne Hilfe zu erkennen (Kormos & Mikó, 2010). Deshalb ist es wichtig, ihnen bei der Verarbeitung von Regelhaftigkeiten nützliche Hilfen zu geben, durch die ihre Aufmerksamkeit explizit auf die Formulierung der Regel gelenkt wird. Das Rechtschreibsystem der englischen Sprache wird zum Beispiel nur sehr selten explizit unterrichtet, da sehr viele Ausnahmen vorhanden sind. Die Rechtschreibung der englischen Sprache ist aber in vielerlei Hinsicht überraschend regelmäßig. Dies wird auch von Schülerinnen und Schüler mit LRS im Verlauf des Fremdsprachenerwerbs mit der Zeit wahrgenommen. Für Lernende mit LRS kann es aber auch nützlich sein, wenn wir bestimmte Ausspracheregeln im Englischunterricht mit zusätzlichen Erklärungen ergänzen. Wenn zum Beispiel an ein einsilbiges Wort, das aus der Kombination von Konsonant-Vokal-Konsonant besteht (z.B. hat), noch ein e– am Wortende angehängt wird (hate), wird der Vokal in der Mitte des Wortes zu einem Diphthong. 

Für logische Curricula ist es charakteristisch, dass sie von den leichteren sprachlichen Elementen und Strukturen zu den komplizierteren übergehen, außerdem steht zuerst das Verstehen im Mittelpunkt, die selbständige Anwendung neuen Wissens wird von den Lernenden erst später erwartet. Im multisensorischen Unterricht bekommt die Wiederholung und die gründliche Einübung der neuen sprachlichen Elemente eine zentrale Funktion. Dies ist aus mehreren Gründen von Bedeutung: Wie bereits erwähnt, können die Sprachlernenden mit LRS nicht so viele Informationen auf einmal verarbeiten, im Gedächtnis speichern und später problemlos abrufen. Deshalb ist regelmäßige Wiederholung und gezielte Einübung für sie unabdingbar, um das Gelernte festigen und im Langzeitgedächtnis behalten zu können. Wiederholungen sollen einerseits vielfältig gestaltet werden, andererseits aber auch motivierend wirken, um Langeweile oder Monotonie im Fremdsprachenunterricht zu vermeiden. Auch bei der Gestaltung von Wiederholungsaufgaben bieten heute die bereits erwähnten neuen Technologien viele Möglichkeiten. 

4. Fazit

Aus den vorherigen Punkten gehen zwei Erkenntnisse hervor. Einerseits, dass Lehrende für Fremdsprachen der Aufgabe nicht ausweichen können, Lernende mit Lernschwierigkeiten beim Erwerb einer Fremdsprache aktive Unterstützung zu bieten, und zwar auch in dem Fall, dass sie ihrer Meinung nach während ihrer Ausbildung darauf nicht vorbereitet wurden. Wie in diesem Artikel aufgezeigt, sind in der alltäglichen pädagogischen Praxis viele Methoden und Techniken vorhanden, die nur ein wenig modifiziert werden müssen, um auch im Fremdsprachenunterricht mit Schülerinnen und Schüler mit LRS erfolgreich eingesetzt werden zu können. 

Andererseits stehen uns immer mehr Belege aus der Forschung zur Verfügung, um zu erkennen, dass Techniken und Methoden, die für Lernende mit LRS und/oder anderen Lernschwierigkeiten von besonderem Vorteil sind, auch die Leistung und Entwicklung der anderen Schülerinnen und Schüler effektiv fördern (vgl. Kormos, 2017). Nur mit Hilfe von allgemeinen und spezifischen Kenntnissen über Lernschwierigkeiten, aber vor allem mit Hilfe von Erfahrungen, wie diese die Lernprozesse beeinflussen, können wir einen den Ansprüchen unserer Schülerinnen und Schüler angepassten Fremdsprachenunterricht gestalten. Die Erkenntnis, dass unsere Lernenden eine sehr bunt gemischte Gruppe von Sprachlernenden bilden, kann uns dazu motivieren, im Fremdsprachenunterricht allen die gleiche Chance zu sichern, erfolgreich eine fremde Sprache zu erlernen.  

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Interaction in Heterogeneous EFL Classes: The Challenges of Cooperative Learning

Peter Schildhauer (Bielefeld University)

Abstract

This paper argues that a focus on interaction is just as crucial as choosing adequate, learner-centred methods in heterogeneous English classrooms. It analyses video-taped English lessons in which cooperative learning methods were implemented. The data indicate that the teacher deals with a variety of communicative tasks during cooperative learning phases and interacts frequently with the learners. The paper discusses possible reasons for this interactional density, and highlights the heterogeneity of the learner group as one of them. The interactional practice ‘content-related assistance’ is analysed in detail as a collaborative, multimodal work of all participants. The paper shows how this practice is modified in order to allow for the learner-centredness demanded by cooperative learning.

1. Introduction

The IEGLL conference and the resulting publications in this volume provide ample proof to support the fact that Teaching English as a Foreign Language (TEFL) practitioners in Germany are currently concerned with the question of how good TEFL can be realised in heterogeneous learner groups (e.g., Bongartz & Rohde, 2015; Chilla & Vogt, 2017; Roters, Gerlach, & Eßer, 2018). A recurring motif in the growing body of literature on this topic is the idea of individualising learning processes by implementing learner-centred forms of teaching – in particular, by using methods associated with cooperative learning, such as Bus Stop, Placemat and Jigsaw Puzzle (e.g. Blume, Kielwein, & Schmidt, 2018;1 Klein-Landeck & Hinz, 2014; Küchler & Roters, 2014; see also Heckt, 2009). Cooperative learning methods stress the importance of tasks that can only be solved successfully through the collaboration of team members. These tasks aim at establishing positive dependencies among the learners, and hold the learners responsible for a product as the outcome of a cooperative learning phase (Oxford, 1997).

It is this instructional approach that the present paper will focus on. However, I would like to argue that in searching for adequate teaching methods, we should not neglect a central axiom: Teaching only works through interaction – teaching is interaction (You, Kupetz, & Glaser, 2018). As compared to other subjects, TEFL interaction is special in two ways:

  • More than in other subjects, interaction in TEFL is not only a means, but also an end in itself (e.g., ‘focus on form’; see Frenzke-Shim, 2018, p. 10).
  • Ideally, TEFL interaction is based on a reflected relation between the target language and source language(s), making use of the former whenever possible (Butzkamm & Caldwell, 2009, p. 25).

These specifics entail particular challenges for TEFL teachers. Arguably, these challenges become even more noticeable in dynamic, learner-centred lesson phases, in which the focus shifts from the teacher as central node of classroom interaction to interactions among the learners (Becker-Mrotzek & Vogt, 2009). Cooperative learning is one instructional approach that aims at such an interactional shift. The following discussion also suggests that the challenges mentioned above become more central in heterogeneous learner groups.

Research on TEFL in German schools, however, has only recently (re)discovered this interactional aspect (Schwab, 2009, pp. 92–93). Therefore, we know relatively little about the phenomena and underlying practices of teacher-learner interaction in learner-centred phases (Schwab & Schramm, 2016, p. 292) – especially in so-called ‘inclusive’,2 or in general highly heterogeneous learner groups. Therefore, this paper pursues three questions:

  1. How can the teachers’ interactional profiles in cooperative learning phases be characterised?
  2. What interactional practices do teachers and learners draw on in cooperative learning phases?
  3. What implications can these results have for teacher training?

In what follows, I sketch the research project on whose preliminary results this paper is based (2.1) and the method used for approaching the data (2.2). The results section provides an overview of interactional practices and their frequency (3.1) and then turns to a detailed analysis of the practice ‘content-related assistance’ (3.2) and its deliberate modification in one learner group (3.3). I conclude this paper by discussing the results in the light of the research questions.

2. The ICooL Project: ‘Interaction in ELT Cooperative Learning Phases’

2.1 Data

At the time of writing (June 2019), the ICooL corpus consists of English lessons that were video- and audio-taped between 2017 and 2019 in three learner groups at a comprehensive school in North Rhine-Westphalia.3 

Table 1: ICooL Corpus Overview (SL = single lesson, 45 minutes | DL = double lesson, 90 minutes).

Here, I will focus on a subset of this data (I-VI in Table 1): a learner group labelled ‘inclusive’ whose English lessons were filmed at the end of their 5th and again, at the end of their 6th year. This group comprises 25 learners, including one learner with an L1 different from German and several learners with special educational needs (SEN) in ‘learning or socio-emotional development’. At the end of year 5, the group just starts working with cooperative learning. Therefore, some methods listed in Table 1 are not typical representatives of that instructional approach. However, the teacher uses them in order to train key aspects of cooperative learning such as the work in different teams as well as mutual dependencies and support. In year 6, we find typical cooperative methods such as the Placemat method.

Figure 1: Sketch of the classroom (C = camera, T = teacher’s desk).

The data was collected using two cameras (Figure 1). The teacher received an attachable microphone. Interviews with the teacher and field notes complement the corpus.

2.2 Method

The data analysis (Figure 2) was inspired by Interactional Linguistics (Couper-Kuhlen & Selting, 2017), the ethnographic branch of Conversation Analysis (Deppermann, 2000) and Functional Pragmatics (Redder, 2008). ❶ Individual interactional sequences were determined and described on the following levels (Kupetz, 2015, p. 22):

  • verbal: all language-related resources, in particular segmental phonetics and phonology, morpho-syntax, and lexis
  • vocal: suprasegmental prosodic resources such as pitch, volume, temporality, and voice quality
  • kinetic: gesture, facial expressions, gaze, proxemics, and the manipulation of objects

❷ Interactions pursuing a similar communicative purpose were grouped and interpreted as instantiations of the same underlying practice. Such communicative purposes can be the provision of content-related assistance, reminders of using the L2, and others (see, e.g., Figure 3 below).  Practices are conceptualised as shared knowledge-patterns that underlie interactions (Miller, 1994). They constitute routine solutions for recurring communicative problems (Deppermann, Feilke, & Linke, 2016, p. 8). Practices can be acquired implicitly by abstracting away from recurring interactions or explicitly by instruction. ❸ This interactional knowledge is prototypically organised (Lemke, 1999): some features are central to a practice and re-occur frequently in the examples, while others are rather peripheral and, therefore, only occur occasionally in classroom interaction. For the practice ‘content-related assistance’ discussed below, for example, it appears to be typical that students check the availability of the teacher, describe a problem and/or ask a question and receive a verbal reaction by the teacher. Peripheral cases include non-verbal reactions by the teacher (e.g., shrugging shoulders) and other variations of the typical pattern such as teacher-initiations of assistance sequences. The prototype of a practice (i.e. a description of central elements) can be re-constructed by comparing the instantiations collected in ❷. The typical elements of a practice are noted in form of a script, an abstract action plan which points out cognitive and interactional operations which the interlocutors (here: learner & teacher) typically need to perform when realising a certain practice.

Figure 2: Reconstruction of practices as abstract action patterns.

3. Results and Discussion

The methodology outlined above allows for identifying several practices of teacher-learner interaction in the context of cooperative learning phases. The following sections provide exemplary insights into interactional profiles before turning to a more detailed analysis of the practice ‘content-related assistance’.

3.1 Interactional Tasks in the Context of Cooperative Learning: Overview

Figure 3 displays a quantified overview of all interactions during the cooperative working phase in lesson II (learning centres) in which the teacher participated with at least one verbal turn. The interactions were categorised as instantiations of several interactional practices according to the methodology outlined above. 

Figure 3: Teacher-Student Interactions –Working Phase of Lesson II

Figure 3 shows that the teacher participates in a high number of interactions (x= 2.58 / minute). In the first third of the working phase, the teacher frequently explains the task to individual students. Until minute 40, we can additionally observe interactions during which the working process and the required material are organised and negotiated. From minute 15, the teacher provides content-related assistance. The common purpose of all these practices is to provide additional guidance and orientation for the learners – either on a general or a content-related level. At first sight, it seems as if this apparent need for orientation is so pronounced in the cooperative working phase of lesson II because a) the learner group includes learners with SENs in the areas of ‘learning’ and ‘socio-emotional development’ and b) the learners are not very experienced with cooperative methods. However, a comparison with a working phase in the same learner group one year later (lesson VI – the learners produce a poster) yields the following results:

Figure 4: Teacher-Student Interactions – Cooperative Working Phase of Lesson VI.

Figure 4 shows that the range of interactional practices does not change. Again, interactions providing orientation assume a prominent position. However, the teacher also reminds the learners more frequently to use English and there is more space for “other” interactions such as small jokes. The teacher participates in x = 2.5 interactions / minute. A detailed analysis of the core of the working phase (Figure 5) reveals that the teacher is involved in short interactions, often with a break of a few seconds only (or none at all).

Figure 5: Timeline of Teacher-Student Interactions in Lesson VI (Working Phase; Minute 10-15).

As the data indicates, the teacher is just as interactionally involved as in the working phase of lesson II.

Additionally, lesson VI is – in contrast to lesson II – taught together with a SEN teacher. The interactional profile of the SEN teacher is displayed in Figure 6 and Figure 7 for comparison. With x = 1.0 interactions / minute, the SEN teacher’s average number of interactions is considerably lower.

Figure 6: SEN Teacher-Student Interactions – Cooperative Working Phase of Lesson VI.

Figure 7: Timeline of SEN Teacher-Student Interactions in Lesson VI (Working Phase, Minute 10-15).

Figure 7 reveals that the SEN teacher spends most of the working phase assisting one group of students intensively. This group includes a student with a SEN in ‘learning’ and a student with a different L1 than German. Thus, the SEN teacher works with some students who apparently need particular assistance, while the English teacher interacts with all groups in close succession.

Taken together, the comparative analysis of the interactional profiles shows that the teacher interacts frequently with the students during the cooperative working phases, mainly in order to provide additional guidance. Intuitively, a decrease of interaction intensity could have been assumed with a growing proficiency in cooperative learning on the learners’ side (see above). On the current data basis, reasons for this counter-intuitive observation can only be speculated on. Some possible candidates include the following:

  • The heterogeneity of the learner group and in particular the presence of numerous learners in need of additional guidance: This is in line with the fact that interactions following this general purpose (clarifying the task, organising the working process and the material, content-related assistance) comprise at least 50% (or higher) of the interactions in the first half, and still considerable fractions in the remainder of the working phases investigated here.
  • The data indicate an increase of “other” interactions (e.g., small jokes). Apparently, the openness of the working phase is used for phatic interactions between teacher and learners – which is an opportunity of increasing opportunities for authentic L2-interactions (the teacher exclusively interacts in English in these sequences).
  • The presence of the SEN teacher potentially frees the English teacher from longer interactions with one single group and allows her to interact more intensely with the rest of the learner group.
  • From the point of view of cooperative learning methodology, it could be argued that a teacher could try to reduce interactional intensity in a more experienced learner group and step back from frequent teacher-learner interactions.

This last point is taken up in the following two sections, which investigate how the teacher modifies the practice ‘content-related assistance’ from a rather teacher- to a learner-centred pattern. 

3.2. The Practice ‘Content-related Assistance’

The following example is taken from the working phase in lesson III (0:48:35-0:49-28). The students work in learning centres dealing with the lexical fields ‘clothes,’ ‘weather’ and ‘activities’. S1 asks the teacher for assistance with a worksheet which pictures a pile of clothes and which asks the learners to colour individual items in specific colours. S1 has difficulty identifying the tie, which she is supposed to colour “in red and blue”.

Before addressing the teacher (T), S1 closely observes T’s actions at another group’s table (Figure 8). 

Figure 8: Checking Availability.4

At the very moment the teacher turns towards the open space in between the group tables, S1 starts moving towards this open space, where she meets T and asks for a translation of ‘tie’.5

Despite T’s statement in 02, S1 can assume that T knows the translation. Additionally, S1 must assume that T is following the cooperative principle (Grice, 1975), trying to make a point relevant to the interaction at hand by flouting the maxim of quality.6 T’s facial expression corroborates this assumption: T looks at S1 with her mouth twisted in a slight ironical smile, cocking her head (Figure 9). From these indicators, one can infer that S1 is to find the solution on her own. The fact that S1 walks back to her desk immediately after T’s reply suggests that S1 draws this (or a similar) conclusion.

Figure 9: i dOn_t KNOW.

T follows S1 back to S1’s desk and extends the sequence:

The utterances in 03-04 are syntactically marked as questions by their use of wh-pronouns and do-periphrasis. However, T utters 04 with a falling intonation, which rather characterises 04 as a statement. The following lines suggest that 04 serves as an opening signal for an instruction sequence. This is underlined by a) the fact that S1 does not claim the floor despite the presence of a transition-relevance place in 04 and b) T reaching for the textbook simultaneously. The rise-fall intonation in 06 serves as an irony marker, suggesting that T actually assumes S1 to know how to solve her problem.

Subsequently, T interrupts the instructional sequence by opening an other-initiated other-repair (Couper-Kuhlen & Selting, 2017, p. 201) regarding the pronunciation of ‘tie’.

On a kinetic level, T signals the interruption by shifting her position and actively seeking eye contact with S1. Apparently, S1 understands this as a request to repeat the correct pronunciation (10). Subsequently, S1 turns back to the book and thus initiates a shift back to the instruction sequence. The textbook, however, does not contain the required information:

In 13, T hints at her doubts, 14 provides confirmation. S1 takes the floor in order to offer a German translation, which, however, concerns the verb ‘(to) tie sth.’ T does not respond to S1’s utterance, but confirms and evaluates the non-availability of the noun ‘tie’ in the dictionary. T then marks the beginning of a new phase by a marked change into an upright body position. In this final phase, T paraphrases the meaning of ‘tie’ in the L2. In doing so, T establishes eye contact with S2, another member of S1’s group, thereby singling her out as next speaker.

In order to render her input comprehensible, T uses a tie gesture, i.e. moves her hand up and down above the body area where a tie would be placed. Despite the fact that T does not formulate 18 as a question, S2 interprets the utterance as a request to verbalise her guess. 

This suggests that the participants are well acquainted with paraphrasing as a practice in which the learners’ task is to voice translation guesses and which enables the teacher to stay in the L2. The fact that T acknowledges the correctness of the translation (20) and subsequently closes the interaction by leaving the group table corroborates this assumption. The lines 18-20 contain a typical practice of classroom interaction, namely the sequence ‘initiation – response – evaluation’ (Sinclair & Coulthard, 1975). All interactants follow this practice, without any need for the teacher to elicit a student utterance explicitly. The repair sequence discussed above works along similar lines.

This example constitutes a complex variant of a ‘content-related assistance’ interaction. It contrasts with other sequences in which T provides a direct answer or merely points to available material such as the dictionary. In each case, T decides which of these variants are realised. The action pattern in Figure 10 provides an abstraction from these different realisations.

Figure 10: Action Pattern ‘Content-related Assistance’.

S1 perceives a knowledge gap and subsequently surveys the availability of the teacher by observing her body language and her position in the classroom. S1’s question meets a decision node in T’s mental domain: Depending on factors such as available lesson time, proficiency of the learner, complexity of the request and others, T decides for a) a direct answer or b) other strategies. In the example analysed above, T activates two strategies: instruction as to how to solve the problem autonomously and paraphrasing the lexeme. The learners follow T from one practice to the next. Simultaneously, they need to evaluate to what extent the knowledge gap has been closed, i.e. whether the interaction has been successful. Depending on this monitoring process, the learners may voice new questions, confirmation requests and closing signals. In the present example, S2’s translation offer can be interpreted as a confirmation request. On the basis of her own monitoring, T decides to either continue or close the interaction. The fact that it is invariably T who closes interactional sequences in the ICooL corpus mirrors the general asymmetry of classroom interaction (Vogt, 2015, p. 22).

3.3 Interactional Modifications: The Pre-Sequence ‘Brain – Book – Buddy – Boss’

Elaborate sequences such as 3.2 bear the disadvantage of “binding” teachers in one interaction for a relatively long period of time during which they are not available for other learners. 

Assumedly on the basis of these (or similar) considerations, the teacher introduces a mandatory pre-sequence to any request for assistance prior to lesson IV.7 The pre-sequence is referred to as ‘brain, book, buddy, boss’ and determines a succession of sources to be consulted for assistance: After trying on their own, learners are supposed to consult their textbook, then are allowed to turn to a partner, and only as a last step to T. During the working phase, T only needs to check whether all the steps have been taken, or remind her students of this pre-sequence:

After a moment of hesitation, the teacher reacts to S3’s request. Both the hesitation and the particle ‘eh’ suggest a decision process prior to the verbal answer. The answer itself contains the elements of the sequence outlined above. S3 joins the teacher, and from 04 onwards S3’s utterances even precede T’s. This underlines the fact that the pre-sequence was taught prior to lesson IV. T’s answer flouts Grice’s maxims of quantity (providing less information than requested) and relevance (providing different information than requested). In 09, T explicates the implicature generated by this maxim flouting.

Figure 11 integrates the pre-sequence into the action plan devised for content-related assistance above. It shows that the cognitive work load shifts considerably from the mental domain of the teacher to the learner. Thereby, T’s decision node is noticeably simplified: If the required steps have been completed, the teacher can provide immediate help.

Figure 11: Action Pattern with Pre-Sequence.

4. Conclusion

In this paper, I pursued a related set of research questions concerning interactional practices in a heterogeneous ELT classroom in Germany. I focused on cooperative learning phases as one example for a potentially learner-centred setting. This last section will address each of these questions in turn.

1. How can the teachers’ interactional profiles in cooperative learning phases be characterised?

The present case study has shown that the teacher has to fulfil several communicative tasks in the context of cooperative learning phases. The data indicate that the teacher-learner interactions take place in short intervals, and at a high frequency. The comparative analysis of two samples from the same learner group that are roughly one year apart revealed that the intensity of teacher-learner interaction does not considerably decrease with the learners gaining more experience in cooperative methods. This paper pointed out several possible factors contributing to this fact. Amongst others, it was suggested that the need for intense interactions, in particular for providing additional guidance, could be linked to the heterogeneity of the learner group. In general, the results presented here indicate that cooperative learning phases can be interactionally challenging for teachers. However, testing the validity of these assumptions on further data remains an issue for further research.

2. What interactional practices do teachers and learners draw on in learner-centred phases?

This paper has used the practice ‘content-related assistance’ as a case in point. The analyses in 3.2 and 3.3 allow for the following conclusions:

  • The practice is realised as a collaborative interactional work of all participants. Both the teacher and the learner(s) skilfully coordinate verbal, vocal, and kinetic resources. The teacher’s prosody, proxemics, and gestures provide the learners with important cues, concerning, for instance, the teacher’s availability and transitions from one practice to the next.
  • The participants draw on practices which are a canonical part of classroom interaction in general, in particular the sequence ‘initiation – response – evaluation’. These practices provide stability and security for all interactants, especially in learner-centred phases, which do not allow for a detailed a priori planning of every interactional move and which are more dynamic than teacher-centred phases.
  • The practice ‘content-related assistance’ can be regarded as a complex macro-practice in which various micro-practices can be integrated depending on how a specific interaction unfolds. The interactants move from one micro-practice to the next, guided by their shared interactional knowledge.
  • Practices can be modified explicitly and deliberately. This is evident from the pre-sequence ‘brain, book, buddy, boss’ (3.3). This pre-sequence can potentially promote learner-learner interactions (instead of teacher-learner interactions), allowing the teacher to retreat into the observer position that is recommended for methods of the cooperative learning paradigm (Klippert, 2010, p. 140).
  • Finally, this indicates that long-established interactional practices may need to be modified in order to allow for the shift from teacher- to learner-centred teaching. In other words: Using learner-centred methods is only one side of the coin and needs to be complemented by a deliberate modification of established interactional practices.

3. What implications can these first results have for teacher training?

This paper has shown the significance that working on interactional practices may have in ELT classrooms, particularly in heterogeneous learner groups. We can assume that teachers and learners generally navigate the classroom with the help of established interactional practices – especially in dynamic situations. If the established repertoire of interactional practices is to be modified in order to achieve a higher degree of learner-orientation, reflection processes are needed that reveal established practices and show potential modifications. This holds true for both experienced teachers and teachers-in-training: After years of socialisation at various schools, all of us command a repertoire of classroom-related interactional practices.

Examples such as the ones discussed in this paper can serve as the starting point for improving interactional competences. Working on videos and transcripts allows for the necessary distance, without an actual classroom’s immediate pressure to (re)act. The notation of abstract action patterns can serve as the basis for comparing practices and estimating the effect of modifications. In the light of the challenges of inclusive English classrooms, we should pursue this approach further and not underestimate the role of classroom interaction.

Acknowledgements

I am very grateful to the teachers and their learners for allowing me and my cameras into their classrooms (yes, S4 – your hair looks great in each video!). I’d also like to thank Alexander Brock and the anonymous reviewers for their feedback on earlier drafts of this paper.

Endnotes

1 Even though Blume et al. (2018) mainly focus on the potentials and limitations of Task-Based Language Teaching, their discussion illustrates that cooperative methods can be a crucial part of the task-cycle (e.g. Blume et al., 2018, p. 40).

2 For the purposes of the present paper, inclusive refers to learner groups in which learners with and without special educational needs learn together (see Springob, 2017, p. 44 for a more elaborate definition). This conceptualisation also underlies the label of inclusive classes in present-day German secondary schools.

3 As part of the ongoing research project ‘Interaction in ELT Cooperative Learning Phases’, corpus compilation is currently being extended to further learner groups to allow for a comparative approach in future research. 

4 In order to protect the participants’ privacy, stills have been turned into sketches using InstantPhotoSketch.

5 The transcripts follow GAT2 (Selting et al., 2009), enriched by multimodal annotations as suggested by Kupetz (2011).

6 With the cooperative principle, Grice (1975, p. 45) formulates a general guideline that interlocutors orient to when making their contributions: “Make your… contribution such as is required, at the stage at which it occurs, by the accepted purpose or direction of the talk exchange in which you are engaged.” This principle translates into the maxims of quality, quantity, relevance and modality. The maxim of quality states: “Try to make your contribution one that is true” (Grice, 1975, p. 46). Grice states that interlocutors must assume from each other that they follow the cooperative principle and the resulting maxims in order to make sense of each other’s contributions. If a maxim is deliberately acted against and this is made obvious to the conversation partner (flouting), the conversation partner can draw inferences based on the cooperative principle and reconstruct the implicated meaning (implicature). This process can be assumed in the example at hand: T’s facial expression, for instance, underlines that the maxim of quality is flouted and that she would like S1 to draw inferences from that fact.

7 During lesson VI, the teacher reported in a brief exchange with the researcher that the newly introduced practice shifts the interactional focus away from her, and thus provides her with more time for observations instead of continued interactions.

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Alle Schülerinnen und Schüler im geöffneten/offenen Unterricht gleichermaßen fördern und fordern – erste Ergebnisse einer Interviewstudie

Katja Heim (Universität Duisburg-Essen)
Julia Reckermann (Universität Paderborn)

Abstract

Die hier dargestellten ersten Ergebnisse einer Befragung von Expertinnen und Experten zur Förderung aller Schülerinnen und Schüler in einem geöffneten/offenen inklusiven Englischunterricht geben einen Überblick über die Vielzahl von Aspekten, die bei der Öffnung des Englischunterrichts in inklusiven Lernkontexten berücksichtigt werden müssen.  Bei der Studie handelt es sich um Work-in-Progress, wobei ca. 50% der bislang erhobenen Interviewdaten ausgewertet sind und bei der sich weitere, ergänzende Studien der Autorinnen in der Planungsphase befinden. Auch in diesem Stadium können jedoch bereits interessante Einsichten in Teilergebnisse gewährt werden, z.B. in ein Kategoriensystem, das eine Zusammenschau von Aspekten erfolgreicher berichteter Unterrichtspraxis im inklusiven Englischunterricht bietet. Zudem werden Einblicke in die Daten zu einem ausgewählten Teilaspekt, zum Erlernen des Arbeitens mit offenen Aufgaben, gewährt.

1. Einleitung und Problemstellung 

Die Einführung von inklusivem Englischunterricht auf breiter Basis hat die Diskussionen zur Gestaltung von Lernumgebungen und zu methodischen Herangehensweisen erneut angefacht (Bartosch & Rohde, 2014; Blume et al., 2018; Burwitz-Melzer, Königs, Riemer, & Schmelter  2017; Chilla & Vogt, 2017; Diehr, 2017; Gerlach, 2015; Köpfer, 2014; Roters, Gerlach, & Eßer, 2018; Springob, 2017). Während einige Autorinnen und Autoren Argumente für einen stärker durch die Lehrkraft vorstrukturierten inklusiven Fremdsprachenunterricht vorbringen (Diehr, 2017, S. 61), gehen andere davon aus, dass Inklusion vor allem in geöffneten oder offenen Lernszenarien gelingen kann (Schubert, 2017). Die Autorinnen dieses Beitrags sind, unter anderem aufgrund eigener Projekte und Publikationen (Reckermann, 2017; Waschk, 2008) sowie aufgrund rezipierter Publikationen (z.B. Dam & Legenhausen, 2013), mit der Vorannahme in diese erste Phase des Projekts gestartet, dass eine Öffnung des Englischunterrichts auch und gerade für inklusive Lehr-Lernkontexte eine Chance darstellt. Offener Unterricht wird in diesem Beitrag im Gegensatz zum geöffneten Unterricht nach der Definition von Peschel als Unterricht verstanden, bei dem eine Öffnung über organisatorische Aspekte, wie zum Beispiel freie Zeiteinteilung, hinausgeht und auch inhaltliche, methodische und soziale Aspekte mit einbezieht (Peschel, 2003, S. 50f.).

2. Forschungsprojekt 

Im Rahmen des hier vorgestellten, noch laufenden Forschungsprojekts haben die Autorinnen bislang 12 semistrukturierte und leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit Lehrkräften aus Grundschulen (n = 6) und Gesamtschulen (n = 5) sowie aus einer Förderschule (n = 1) geführt. Die Protokollierung erfolgte über Audioaufnahmen sowie einfache Transkription nach Dresing und Pehl (2015), die Auswertung in Form einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018). 

Dem Projekt liegt vorrangig die Forschungsfrage zugrunde, ob bzw. wie alle Lernenden im offenen/geöffneten Englischunterricht, vor allem unter Einsatz von offenen Aufgaben, gefördert und gefordert werden können. Über die Argumentationsweise und die berichtete Praxis der Expertinnen und Experten sollen Einblicke in erfolgreiche Strategien im inklusiven Englischunterricht gewonnen werden, sowie auch etwaige wahrgenommene Grenzen eines geöffneten/offenen gemeinsamen Englischunterrichts und beim Einsatz offener Aufgaben aufgezeigt werden. Der Gesamtdatensatz wird in Hinblick auf verschiedene Fragestellungen analysiert, in einem ersten Schritt mit dem Fokus auf Aspekte, die die Lehrkräfte im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Fördern und Fordern aller äußern. Diese Ergebnisse sollen unter anderem dazu beitragen, ein Kriterienraster mit Gelingensbedingungen für den Einsatz von offenen Aufgaben herauszukristallisieren, welche sich sowohl aus der Literatur und Theorie als auch aus der Praxis der erfahrenen Lehrkräfte (siehe unten) ergeben, wobei hierzu noch Folgestudien geplant sind (siehe Ausblick). Zudem werden in der Analyse etwaige unterschiedliche Ansätze und berichtete Strategien der verschiedenen Expertinnen und Experten herausgestellt, die in der Folge in Einzelfällen zusätzlich in Form von Fallstudien näher betrachtet werden (siehe Ausblick).  

Auswahl der Expertinnen und Experten

Die Teilnehmenden (n = 12) sind erfahrene Englischlehrkräfte aus Grundschulen, Gesamtschulen sowie einer Förderschule. Bei der Auswahl der Expertinnen und Experten für die Interviews wurde darauf geachtet, dass die Teilnehmenden über ihr reflexiv abrufbares Fachwissen hinaus auch in hohem Maße über praktisches Handlungswissen verfügten (Lamnek & Krell, 2016, S. 687). Aus inhaltlicher Perspektive war für die Auswahl von Bedeutung, dass bei den Expertinnen und Experten schon vor Gesprächen über die Studie eine Affinität zu geöffneten/offenen Lernkontexten im Englischunterricht erkennbar war und dass sie als Lehrkräfte Erfahrungen im Unterrichten in inklusiven Lehrsettings mitbrachten. Der Kontakt zu den Teilnehmenden kam in der Regel dadurch zustande, dass diese in der Öffentlichkeit durch ihre Konstruktion von Wirklichkeit (ebd.) Sichtbarkeit erlangt hatten, z.B. über Veröffentlichungen, Vorträge oder Mitarbeit an der Konzeption von Lernmaterialien. Zum Teil verfügten sie auch über eine institutionalisierte Kompetenz, die Handlungsentscheidungen anderer Akteure zu beeinflussen (ebd.), z.B. durch eine leitende Funktion in der Schule bzw. in der Aus-, Fort- und Weiterbildung. 

Inhaltlicher Fokus der Interviews

Der Leitfaden, der in allen Interviews eingesetzt wurde, enthielt neun zentrale Fragen und eine Abschlussfrage. Darüber hinaus wurden Eckdaten über die Teilnehmenden erfragt. Der Leitfaden erfüllte den Zweck, in allen Interviews einen Diskurs zu den Themenkomplexen zu initiieren und die Vergleichbarkeit der Interviews zu erhöhen, welche jeweils von einer der Forscherinnen einzeln mit den Expertinnen und Experten durchgeführt wurden. Es wurden im Verlauf der Interviews absichtlich verschiedene Begriffe rund um den Umgang mit Diversität und rund die Öffnung von Unterricht aufgegriffen und erörtert. Ziel war es, auf diese Weise zu erkunden, mit welchen Begriffssystemen die Interviewten in ihrer Praxis arbeiten, wie sie diese Begriffe verstehen und welche Aktivitäten ihre Praxis des inklusiven Englischunterrichts ausmachen. Zusätzlich zu den Leitfragen wurden in den Interviews, abhängig von der Ausführlichkeit und der Ausrichtung der Antworten, noch jeweils zusätzliche Fragen zur konkreten Unterrichtspraxis gestellt. 

Leitfragen der Interviews:

  1. Was verstehen Sie unter Inklusion und was ist Ihre Vision eines gelungenen inklusiven Englischunterrichts?
  2. Inwieweit differenzieren Sie im Englischunterricht?
  3. Welche Medien und Materialien setzen Sie zur DIfferenzierung in Ihrem Englischunterricht ein?
  4. Können Sie uns kurz erläutern, was Sie unter offenem bzw. geöffnetem Unterricht verstehen?
  5. Können Sie uns kurz erläutern, was Sie unter offenen Aufgaben verstehen?
  6. Welche Rolle spielen offene Aufgaben in IHrem Englischunterricht?
  7. Sehen Sie Möglichkeiten, auch schwächere Lernende durch den Einsatz offener Aufgaben sinnvoll zu fördern?
  8. Eine Herausforderung von geöffnetem/offenem Unterricht und auch offenen Aufgaben besteht darin, dass die Schere zwischen schwachen und guten Lernenden nicht weiter auseinander geht und dass schwächere Lernende nicht zurückgelassen werden. Wie stehen Sie dazu?
  9. Fließen offene Aufgaben in die Leistungsbewertung ein? (Wenn ja, wie bewerten Sie offene Aufgaben?
  10. Möchten Sie noch etwas Weiteres sagen/fragen/erwähnen/etc., insbesondere zum Thema Inklusion/Fördern/Fordern/Differenzierung/Öffnung?

Aktueller Stand der Auswertungen

Von den bislang 12 geführten Interviews wurden 6 transkribiert und mit Hilfe der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) in Bezug auf eine Fragestellung ausgewertet. Die Entwicklung des Kategoriensystems zur erfolgreichen Förderung aller Schülerinnen und Schüler im geöffnetem bzw. offenem Unterricht erfolgte dabei sowohl deduktiv, d.h. unter anderem auf Grundlage des Leitfadens und aus bestehenden Publikationen, als auch induktiv aus den Daten hervorgehend. 

3. Ergebnisse und Diskussion 

Die aktuellen Ergebnisse stellen einen vorläufigen Stand des Projekts dar, da bislang etwa 50 % der bislang erhobenen Daten in Hinblick auf die vorerst zentrale Fragestellung analysiert worden sind. Kuckartz (2018, S. 86) gibt an, dass beim Bilden eines Kategoriensystems je nach Umfang des Materials meist nach Analyse von ca. 10 % bis 50 % eine Sättigung eintritt.  Die Autorinnen gehen davon aus, dass das unten dargestellte Kategoriensystem (Abbildung 2) nach Auswertung der Hälfte der Daten soweit ausdifferenziert und anhand von Daten getestet worden ist, dass es in der aktuellen Version einen Beitrag zu den aktuellen Diskussionen rund um den inklusiven Englischunterricht leisten kann. 

Das Kategoriensystem

Das Kategoriensystem (Abbildung 2), wurde im Hinblick auf folgende Fragestellung entwickelt: Welche Aspekte aus ihrer Unterrichtspraxis nennen die interviewten Lehrkräfte in Bezug auf die erfolgreiche Förderung aller Schülerinnen und Schüler in einem geöffneten/offenen Englischunterricht? Die Forscherinnen verfolgen durch das Erstellen des Kategoriensystems das Ziel zu eruieren, inwiefern sich in den Interviews ein Konsens zu essentiellen Aspekten beim Arbeiten mit geöffneten/offenen Elementen im Englischunterricht herauskristallisiert oder inwieweit die Interviewten eher konträre Aussagen zu wünschenswerten Zielen und erfolgreichen Strategien in solchen Unterrichtssettings treffen.  

Abbildung 2: Hauptkategorien des aktuellen Kategoriensystems mit der jeweiligen Anzahl an Subkategorien in Klammern.

Die 13 in Abbildung 2 dargestellten Hauptkategorien sind zum Teil stark durch Subkategorien ausdifferenziert, was in Abbildung 2 durch die in Klammern angegebenen Zahlen deutlich wird. Inhaltlich werden in den Aussagen der Interviewten unterschiedliche Schwerpunktsetzungen deutlich – nicht alle fokussieren die hier aufgeführten Kategorien in gleicher Weise. Insgesamt ergänzen sich die Aussagen eher als dass sie sich widersprechen, sodass viele der genannten Aspekte in ein Kriterienraster für erfolgreiches Arbeiten in geöffneten/offenen Lernszenarien aufgenommen werden könnten. Es kristallisieren sich jedoch auch Aspekte heraus, bei denen die Expertinnen und Experten konträre Ansichten vertreten und es werden zum Teil auch unterschiedliche Strategien zum Erreichen ähnlicher Ziele beschrieben. Die Aussagen der Interviewten unterscheiden sich beispielsweise darin, was als fair und wünschenswert in Bezug auf ein Öffnen der „Leistungsschere“ zwischen schwächeren und stärkeren Lernenden im geöffneten/offenen Unterricht empfunden wird.  Auch die Wege, die für eine erfolgreiche Öffnung vorgeschlagen werden, verdeutlichen eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei den ersten Schritten einer Öffnung (siehe die beispielhafte Darstellung von Ergebnissen zu diesem Aspekt im folgenden Abschnitt). Auf eine ausführliche Darstellung aller Subkategorien wird hier aus Platzgründen verzichtet. Im Folgenden (Abbildung 3) sollen jedoch exemplarisch die besonders häufig in den Interviews erwähnten Aspekte aufgeführt werden.  

Abbildung 3: Die Subkategorien mit den häufigsten Nennungen (rechts) und die zugehörigen Hauptkategorien (links).

Zum Teil lässt sich die Häufigkeit von klaren Antworten und daraus resultierenden Subkategorien auf gezielte Fragen aus den Interviews zurückführen, z.B. wurde explizit nach dem Einfluss von offenen Aufgaben auf die Leistungsbewertung oder dem Einsatz nach Materialien zur Differenzierung gefragt. Nicht alle häufig genannten Subkategorien sind jedoch direkt durch die im Interview gestellten Fragen erklärbar. Alle Interviewten geben beispielsweise an, ihrer Arbeit einen eher weiten Inklusionsbegriff zu Grunde zu legen (Reich, 2014), d.h. dass sie ihr Verständnis von Inklusion nicht auf das gemeinsame Unterrichten von Lernenden mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf beschränken, sondern die vielen Facetten von Diversität im Klassenzimmer allgemein in den Blick nehmen; eine Perspektive, die auch in aktuellen Publikationen zur Inklusion vertreten wird (z.B. Reich, 2014; Roters et al., 2018). Insgesamt sind auch andere induktiv aus den Daten entwickelten Haupt- und Subkategorien in Einklang mit den aktuellen Diskussionen zur Differenzierung (Tomlinson, 2014; Eisenmann, 2012), zu offenen Aufgaben (Müller-Hartmann et al., 2013) und zur Öffnung des Unterrichts (Peschel, 2003) bzw. zur Lernerautonomie (Little, Dam, & Legenhausen, 2017). Entsprechend ist es nicht auszuschließen, dass das Antwortverhalten durch eine etwaige soziale Erwünschtheit (Gläser & Laudel, 2010, S. 135f.) bestimmter Antworten beeinflusst wurde. Ausgeschlossen werden kann zudem nicht, dass die Interviewführung inklusive einiger nicht neutral formulierter Fragen (siehe vor allem Fragen 7 und 8) die Diskussionen und auch die jeweiligen Darstellungen zur Unterrichtspraxis beeinflusst haben. Andererseits waren die Expertinnen und Experten auf Grundlage von bereits vor den Studien getätigten Äußerungen zum gewählten Themenkomplex für die Interviewstudie ausgewählt worden und entsprechend selbstbewusst wurde das jeweilige Handlungswissen aus der Praxis (Lamnek & Krell, 2016, S. 687) den Autorinnen gegenüber in den Interviews in der Regel kommuniziert. Der beispielhafte Einblick in Daten einer Hauptkategorie im nun folgenden Abschnitt verdeutlicht, wie klar die jeweiligen Positionen zum Beispiel in Bezug auf die Strategien für eine Öffnung des Unterrichts vertreten wurden.

Betrachtung beispielhafter Daten einer Hauptkategorie:
7. Wie Lernende das Arbeiten mit offenen Aufgaben erlernen

Die Hauptkategorie ‘Wie Lernende das Arbeiten mit offenen Aufgaben erlernen wurde für die exemplarische Darstellung ausgewählt, weil die Textauszüge aus dieser Kategorie verdeutlichen, dass die Arbeit in offenen Lernkontexten, und hier konkret mit offenen Aufgaben, kein Selbstläufer ist. In den Zitaten (Tabellen 1-3) werden unterschiedliche Wege zum Anbahnen der Arbeit mit offenen Aufgaben aufgezeigt, weshalb hier die Ergebnisse nach Fällen getrennt dargestellt werden. 

Abbildung 4: Die Hauptkategorie 7 mit Subkategorien. 

Zurzeit sind der Hauptkategorie drei Subkategorien zugeordnet (Abbildung 4). Die ersten beiden Subkategorien widersprechen sich zwar nicht zwangsläufig, es lassen sich jedoch gerade durch die Wortwahl in den hier zugeordneten Textsequenzen auch tendenziell unterschiedliche Haltungen und Überzeugungen der jeweiligen Expertinnen und Experten festmachen. 

Tabelle 1: Textstellen aus dem Interview 7. 

Die Textauszüge aus Interview 7 skizzieren eine weitgehende Öffnung, die eine methodische und inhaltliche Öffnung (Peschel, 2003) einschließt. Während die Expertin aus Interview 7 die Wichtigkeit betont, den Lernenden Zeit und Raum für die Entwicklung von Mut zur Sprachproduktion (und auch zu damit einhergehenden Fehlern) zu geben und von Erfolgen in Klassen berichtet, die sie länger als ein Jahr mit dieser Herangehensweise unterrichtet (Tabelle 1), setzt die Expertin aus Interview 4 auf eher engmaschigere Kontrollen und eine stärker angeleitete und graduelle Öffnung (Tabelle 2), berichtet aber gleichermaßen von Erfolgen. 

Tabelle 2: Textstellen aus Interview 4.

Die Expertin aus Interview 12 setzt vor allem auf eine inhaltliche Öffnung von Beginn an, zunächst auf Wortebene und im weiteren Verlauf durch die Mitgestaltung ganzer Themenbereiche, wie zum Beispiel dem Entwickeln von Materialien, Charakteren und Szenarien rund um eine fiktive, gemeinsam zu gestaltenden Stadt im Rahmen einer Storyline (Ehlers, 2010). Innerhalb des Rahmens dieser Storyline erfolgt eine recht weitgehende Öffnung, bei der die Lernenden aber durch den gesetzten thematischen Rahmen am gleichen Gegenstand (Feuser, 1989) arbeiten. 

Tabelle 3: Textstelle aus Interview 12.

Auf die Wichtigkeit, auf eine Öffnung auf strukturierte und auch kleinschrittige Weise hinzuarbeiten, wird vor allem von der Expertin in Interview 4 hingewiesen, strategische Überlegungen zu einer schrittweisen Öffnung können zudem aus der Textstelle aus Interview 12 (Tabelle 3) herausgelesen werden. Auch Springob (2017, S. 184f.) plädiert in inklusiven Settings für eine Mischung aus hoher Strukturierung und Führung sowie einer individualisierten Begleitung und weist darauf hin, dass eine Öffnung des Unterrichts zwar ein Ziel sei, jedoch gerade für viele Lernende mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Herausforderung darstelle.  Eßer, Gerlach, & Roters (2018) schlagen für inklusive Lernkontexte ebenfalls ein eher strukturiertes Hinarbeiten auf Zielaufgaben vor. 

Die Ausführungen von I7 deuten auf eine Unterrichtspraxis hin, die von diesen Vorschlägen deutlich abweicht. Die Lernenden werden dazu anregt, experimentierfreudig zu sein, wobei die Möglichkeit der (Self-)Expression (Underhill, Messum, & Young, 2019) der Ansatzpunkt zu sein scheint, um die Entwicklung einer langanhaltenden Motivation (Ushioda, 2014; Dörnyei, 2009) zu fördern. Die Wichtigkeit des Umsetzens eigener Redeabsichten wird auch in Interview 12 betont (Tabelle 3), in Anteilen auch in Interview 4. Inwiefern sich die Unterrichtsansätze der hier exemplarisch ausgewählten drei Expertinnen in der Praxis deutlich unterscheiden und wie beispielsweise I7 möglichst viele Lernende auf dem Weg zur Lernerautonomie unterstützt, auf welche Weise in den jeweiligen Kontexten eine Trennung und erneute Zusammenführung von Lerngruppen erfolgt und welche Dynamik in den jeweiligen Lerngruppen der Expertinnen und Experten entsteht,  kann teilweise durch weitere Analyse der Daten, in erster Linie jedoch durch weitere Untersuchungen, wie zum Beispiel Fallstudien, erhoben werden (siehe Ausblick).

4. Ausblick

Die ersten Ergebnisse der hier skizzierten Studie legen nahe, dass offene Elemente im Unterricht von den Expertinnen und Experten deutlich als Chance auch für einen inklusiven Englischunterricht wahrgenommen werden. Sie implizieren aber auch, dass offene Elemente im Unterricht in ein langfristig angelegtes Unterrichtskonzept eingebunden werden müssen und die Vielzahl von Aspekten, die in den Interviews im Zusammenhang mit dem erfolgreichen Fördern aller Schülerinnen und Schüler im geöffneten/offenen Unterricht genannt werden, verdeutlichen die Vielschichtigkeit der notwendigen Planungen und auch die Wichtigkeit der spontan im Unterricht zu treffenden Entscheidungen. Auch legen die Ergebnisse nahe, dass es nicht ein allgemeingültiges Schema gibt, nach dem eine Öffnung des Englischunterrichts stattfinden muss, sondern dass je nach Kontext und Einstellungen der Lehrperson auch ein ganz unterschiedliches Hinarbeiten auf eine Öffnung denkbar ist.

Die Autorinnen planen eine fortlaufende Analyse der Interviews, bei der neben der weiteren Ausdifferenzierung des Kategorienrasters auch eine Auswertung der Daten zu weiteren Fragestellungen, z.B. zu den Grenzen und Stolpersteinen beim gemeinsamen Lernen in geöffneten/offenen Lernkontexten sowie unter Nutzung offener Aufgaben (siehe auch Blume, Kielwein, & Schmidt, 2018; Springob, 2017) erfolgen soll. Zudem sollen, zum Teil gemeinsam und zum Teil in Eigenregie der einzelnen Autorinnen, Folgestudien durchgeführt werden. 

Für eine der Teilstudien ist ein Projekt geplant, bei dem auf der Basis des entstandenen Kategoriensystems Gelingensbedingungen für den Einsatz von offenen Aufgaben herauskristallisiert werden sollen, welche sich sowohl aus der Literatur und Theorie als auch aus dem hier vorgestellten Kategoriensystem, d.h. aus der berichteten Praxis erfahrener Lehrkräfte, ergeben. „Gelingen“ bedeutet dabei grob gesagt, dass alle Lernenden in einer vielfach heterogen zusammengesetzten Lerngruppe erfolgreich an einer solch offenen Aufgabe auf ihrem individuellen Niveau arbeiten können und einen Lernzuwachs erfahren. In der Folgestudie soll das „Gelingen“ genauer definiert und darüber hinaus die zunächst herausgearbeiteten Gelingensbedingungen verifiziert und angewendet werden. 

In einer anderen Teilstudie sollen ausgewählte Fälle durch weitere Erhebungen näher betrachtet werden, um ein genaueres Bild u.a. von den jeweils verfolgten, erfolgreichen Strategien der Lehrkräfte zu erhalten. In diesem Zuge werden die in den Interviews erhobenen Daten mit weiteren Datensorten abgeglichen und ergänzt, d.h. es werden zusätzliche Informationen zum Kontext, sowie beispielhaft zu Interaktionen im Unterricht sowie zur mittel- bis langfristigen fremdsprachlichen Entwicklung und Dynamik innerhalb von Lerngruppen ergänzt. Ziel dieser Studie ist es, komplexe inklusive Fremdsprachenlernkulturen zu beschreiben, sowie wahrgenommene Schwerpunktsetzungen innerhalb dieser Kulturen zu verdeutlichen. 

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‚Easy-to-Read‘ als Möglichkeit der Differenzierung im Englischunterricht

Michaela Quast (Universität zu Köln)

Abstract

Eine Möglichkeit zur Differenzierung im Englischunterricht ist es, mit unterschiedlich anspruchsvollen Texten zu arbeiten. Wenn dabei von einem gemeinsamen Ausgangstext ausgegangen werden soll, der den Schülerinnen und Schülern auf verschiedenen Niveaus zur Verfügung gestellt wird, dann obliegt es häufig den Lehrpersonen, eine Adaption des Ausgangsmaterials vorzunehmen. Dies kann durch systematische Anwendung der wesentlichen ‚Easy-to-Read‘-Regeln (vgl. Inclusion Europe, 2014) gelingen. Am Beispiel eines Sachtextes zu den ‚Fridays For Future‘-Demonstrationen wird für den Übergang der Sekundarstufe I zu II vorgestellt, wie insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Fluchtgeschichte der Übergang in den Regel-Englischunterricht durch Texte im ‚Easy-to-Read‘ erleichtert werden kann. Welche anderen Zielgruppen von ‚Easy-to-Read‘-Texten profitieren können, wird ebenfalls aufgezeigt.

1. Einleitung

Um den modernen, inklusiven Fremdsprachenunterricht so zu gestalten, dass er den Ansprüchen einer heterogenen Lerngruppe und somit allen Schülerinnen und Schülern gerecht wird, bedarf es nicht nur adäquater methodischer und unterrichtsplanerischer Überlegungen, sondern auch innovativer Ansätze zur Gestaltung von Lehrwerken und zur Aufbereitung von Texten, die im Unterricht gelesen werden. Dies kann insbesondere dann zur Herausforderung werden, wenn man die Arbeit an einem „Gemeinsamen Gegenstand“ (vgl. Feuser 1989, S. 22) verfolgen möchte. Im vorliegenden Artikel ist dies ein gemeinsamer Ausgangstext, der als Grundlage für eine kommunikative Aushandlungs- bzw. Übungsphase verwendet wird, in die alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen involviert sein sollen. Je nach Zusammensetzung der Lerngruppe würde es das Leitprinzip der individuellen Förderung verletzen, wenn man Schülerinnen und Schülern mit bereits weiterentwickelten fremdsprachlichen Kompetenzen anspruchsvolle Texte vorenthält oder Lernende mit eher basalen fremdsprachlichen Kompetenzen mit sprachlich komplexen Texten überfordert. Wenn also, wie im folgenden Praxisbeispiel, ein Text in einer Gymnasialklasse eingesetzt werden soll, dann müssen vereinfachte Texte zur Verfügung gestellt werden für z.B. Lernende mit den Förderschwerpunkten Lernen oder geistige Entwicklung, mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten oder mit Zuwanderungs-/Fluchtgeschichte, die erst eine kurze Zeit am Englischunterricht in Deutschland teilnehmen. Bereits diese hier nur angerissene Bandbreite der Heterogenität von Lernenden macht deutlich, wie herausfordernd eine angemessene Textauswahl für den Englischunterricht sein kann. Bedient man sich gängiger Lehrwerke der Schulbuchverlage, dann sind zunehmend mehr differenzierende Textangebote vorzufinden. Jedoch scheinen dabei keine einheitlichen Kriterien zur Anpassung des Textniveaus herangezogen zu werden. Zudem gilt es, Lehrpersonen ebenfalls ein Regelwerk an die Hand zu geben, mit denen sie selbst Texte für ihre jeweilige Lerngruppe auswählen und für diese passend aufbereiten zu können.

2. Kontext

Eine Möglichkeit, Texte hinsichtlich ihrer Komplexität zu vereinfachen, ist das sogenannte ‚Easy-to-Read‘ oder auch ‚Easy Read‘ (vgl. Department of Health, 2010, S. 1). Der Terminus wird im europäischen, englischsprachigen Raum vor allem von Inclusion Europe (vgl. Inclusion Europe, 2014, S. 1) geprägt. Äquivalent dazu finden sich im deutschsprachigen Raum die Programme und Regelwerke der ‚Leichten Sprache‘ (vgl. z.B. Netzwerk Leichte Sprache e.V., 2015, S. 1), während die ‚Einfache Sprache‘ weniger strikte und komplexe Regularien enthält (vgl. Kellermann, 2014, S. 2). Ihnen gemeinsam ist, dass ihre Regelwerke zur Herabsetzung des Anspruchsniveaus v.a. geschriebener Sprache herangezogen werden können. „Diese Regeln betreffen alle sprachlichen Ebenen sowie Typografie und Bilder und basieren im Wesentlichen auf einer Einschränkung des Ausdrucksrepertoires“ (Bock, 2017, S. 20). Historisch betrachtet ist das ‚Easy-to-Read‘ zunächst für Menschen mit Förderbedarf im Bereich geistiger Entwicklung bzw. Lernen entwickelt worden (vgl. Edler, 2014, S. 1f.). Inzwischen geht man jedoch von einem erweiterten Adressatenkreis aus, der insbesondere auch Menschen einschließt, die ggf. nur für einen begrenzten Zeitraum auf vereinfachte Texte angewiesen sind, etwa bei LRS, bei gesundheitlichen Problemen wie einem Schlaganfall oder bei Migration, wenn die Zielsprache gerade erst neu erlernt wird: „For these persons, easy-to-read publications can be a door-opener and a useful training resource. These materials can create interest and be a tool to improve reading skills” (IFLA, 2010, S. 5).

Um das ‚Easy-to-Read‘ für den Englischunterricht in Deutschland handhabbar zu machen und damit Englischkolleginnen und -kollegen die Möglichkeit der Adaption von Texten für den eigenen Unterricht zu bieten, empfiehlt sich ein für die Schulpraxis ‘gerafftes’ Regelinventar. Es stellt lediglich Auszüge aus der 40-seitigen Inclusion Europe-Regelliste (vgl. Inclusion Europe, 2014) dar und beinhaltet die wesentlichen Grundzüge des ‚Easy-to-Read‘:

Wortebene:
– einfache Wörter verwenden
– komplexe / abstrakte Begriffe erläutern (ggf. als Beispiel)
– keine bildhaften Ausdrücke, Abkürzungen,
große Zahlen / Prozente
– Pronomen nur benutzen, wenn klar
erkennbar ist, worauf sie sich beziehen
Satzebene:
– kurze Hauptsätze (nur ein ‚Gedanke‘ pro Satz)
– keine Negativformulierungen
– Aktiv statt Passiv
– möglichst wenige und einfache Satzzeichen
Layout:
– jeden neuen Satz in einer neuen Zeile beginnen
– Aufzählungen nicht durch Kommata, sondern
untereinander auflisten (‚bullet points‘)
– Bilder / einfach verständliche Grafiken können
als Erklärungen beigefügt werden
– gut lesbare Schriftart und -größe wählen
– keine Hervorhebungen durch Farbe / Unterstreichungen
– linksbündig schreiben
Allgemein:
– weniger ist mehr: nur die nötigsten Informationen;
alles Überflüssige weglassen
– gewählte Begriffe, Erklärungen oder
ergänzende Grafiken sollten im ganzen Text gleich sein

Abbildung 1: Adaptierter Auszug aus dem Regelinventar ‚Easy-to-Read‘ (vgl. Inclusion Europe, 2014, S. 9-23).

Ein rigider Umgang mit diesem Regelinventar ist nicht empfehlenswert. Darauf weist die aktuelle Forschungslage hin: Ging man bis vor Kurzem davon aus, dass die Regelwerke des ‚Easy-to-Read‘ bzw. der ‚Leichten Sprache‘ möglichst konsequent anzuwenden sind, geht man inzwischen dazu über, in begründeten Einzelfällen und je nach Adressatinnen und Adressaten des jeweiligen Textes, Abweichungen von den Regelinventaren zuzulassen (vgl. etwa Bock, 2019, S. 21). Erste systematische Analysen bzw. empirische Untersuchungen zu den verschiedenen Regelwerken liegen inzwischen vor (vgl. Bredel/Maaß, 2016 bzw. das ‚LeiSA‘-Projekt der Universität Leipzig, 2018), allerdings ist die Forschungslage insgesamt noch unvollständig. Die Befunde, die vorliegen, weisen darauf hin, dass hinsichtlich einiger Regeln wie beispielsweise der, Passivkonstruktionen und Negativformulierungen zu vermeiden, Verstöße in der Praxis regelmäßig vorliegen und diese aber nicht per se zu einer geringeren Verständlichkeit von Texten führen (vgl. Bock, 2017, S. 23ff). Dies ist u.a. abhängig von der jeweiligen Passivkonstruktion sowie von der Zielgruppe der vereinfachten Texte. Zielführend scheint es zudem zu sein, generell die Semantik und Pragmatik bei der Adaption von Texten in den Fokus zu nehmen und syntaktische Aspekte unterzuordnen (vgl. Bock, 2017, S. 24). Ebenso sind inzwischen einige Regeln präzisiert worden, beispielsweise diejenige, nach der möglichst „einfache Wörter“ (vgl. Inclusion Europe, 2014, S. 15) verwendet werden sollten. Erste Studien zeigen, dass man sich auf den „Grundwortschatz“ (Heine, 2017, S. 407) oder „hoch frequente Wörter“ (Bock, 2019, S. 35) beschränken sollte, wobei auch hier Ausnahmen möglich sind (vgl. Bock, 2019, S. 37). Einen Überblick geben Bredel und Maaß (2016), indem sie Erkenntnisse aus Bezugswissenschaften auf die verschiedenen vorliegenden Regelwerke zum ‚Easy-to-Read‘ zur ‚Leichten Sprache‘ übertragen und daraus wichtige Hinweise für die Verwendung der einzelnen Regeln generieren.

3. Methodisch-didaktische Überlegungen

Im Folgenden soll nun der Sachtext ‚Playing truant for a better future‘ (vgl. Unterrichtsmaterialien im Anhang) für die konkrete Einbindung in den Englischunterricht am Gymnasium als Beispiel für eine ‚Easy-to-Read‘-Adaption verwendet werden. Thematisch geht es um die ‚Fridays For Future‘-Demonstrationen, die einen hohen Lebens- und Aktualitätsbezug für die Lernenden bieten. Inhaltlich lässt sich dies etwa am Ende der Jahrgangsstufen 9 oder zu Beginn der Einführungsphase den Themen ‚Identity‘ oder ‚Growing up‘ zuordnen. Je nach Zusammensetzung der Klasse sollte die ‚Easy-to-Read‘-Version des Textes für die jeweilige Zielgruppe modifiziert sein. Im vorliegenden Beispiel wird das Material in einer Klasse mit mehreren Schülerinnen und Schülern mit Fluchterfahrung eingesetzt, die erst seit einigen Monaten am Englischunterricht teilnehmen und deren Sprachniveau in Englisch deutlich von dem des Klassendurchschnitts abweicht. Bezüglich dieser Zielgruppe ist es daher wichtig, bei der ‚Easy-to-Read‘-Adaption insbesondere kulturspezifische Phänomene, die ggf. ein Verständnishindernis darstellen, zu erklären. Um die Verwendung des ‚Easy-to-Read‘ möglichst gut zu illustrieren, wird bei dem im Anhang befindlichen Beispiel die Einhaltung der o.g. Regeln recht strikt befolgt. Im Unterricht wird dann die adaptierte Textversion den Schülerinnen und Schülern mit Fluchterfahrung als Arbeitsgrundlage ausgeteilt, während der Rest der Lerngruppe den Originaltext erhält. Dies schließt natürlich weitere Formen der Differenzierung (z.B. weitere Vokabelhilfen o.ä.) für einzelne oder alle Schülerinnen und Schüler der Lerngruppe nicht aus.

Die Einstiegsmöglichkeiten in die Stunde sind vielfältig: Anbieten würde sich z.B. ein Einstieg über eine kurze Videosequenz – etwa ein Nachrichtenausschnitt –, die Jugendliche bei ‚Fridays For Future‘-Demonstrationen zeigt. Dies ermöglicht einerseits eine inhaltliche Vorentlastung des in der Stunde zu diskutierenden Themas, andererseits findet eine Anknüpfung an das individuelle Vorwissen der Lernenden statt, für die Stunde relevantes Vokabular wird aktiviert und die Lernenden entwickeln Motivation, sich im weiteren Verlauf selbst eine eigene und fundierte Meinung zu der ihre eigene Lebenswelt betreffenden politischen Bewegung zu bilden. Je nach Zusammensetzung der Lerngruppe kann thematisiert werden, in welchen Ländern die ‚Fridays For Future‘-Bewegung existiert. Die Lehrperson sollte dabei explizit die Herkunftsländer der in der Lerngruppe befindlichen Schülerinnen und Schüler einbeziehen. Dies setzt jedoch ein äußerst sensibles Vorgehen der Lehrperson voraus – insbesondere dann, wenn sich Lernende in der Gruppe befinden, deren Familien aus totalitären Regimen geflüchtet sind oder ihre Heimatländer aufgrund eingeschränkter Meinungs- oder Versammlungsfreiheit verlassen haben.

Da der Ausgangstext ‚Playing truant for a better future‘ als Grundlage für eine Debatte zum Thema ‚Demonstration or Education?‘ verwendet werden soll, bietet es sich an, diesen als Diskussionsvorbereitung im Think-Pair-Share-Verfahren einzusetzen: Dazu sollen zunächst in Einzelarbeit die Pro- und Kontra-Argumente im Text identifiziert und aufgelistet werden. Diese Liste wird in Partnerarbeit überprüft und vervollständigt und schließlich werden in einer Share-Phase, ggf. mit Unterstützung der Lehrkraft, die Argumente nach Wichtigkeit geordnet und gesichert. Zusätzlich können an dieser Stelle Rückfragen geklärt werden. Der Text dient hier also als inhaltliches scaffolding zur Diskussionsvorbereitung und ist nicht selbst Gegenstand einer Analyse. Um nun den neu zugewanderten Lernenden eine vergleichbare Diskussionsgrundlage zu ermöglichen wie den übrigen Schülerinnen und Schülern, erhalten sie die adaptierte ‚Easy-to-Read‘-Version des Textes; können aber darüber hinaus dieselben Aufgabenstellungen und Zeitvorgaben wie die übrigen Lernenden durchlaufen. Beim Think-Pair-Share-Verfahren können Partnerkonstellationen unabhängig von der vorliegenden Textversion gewählt werden. Somit erfolgt die Erarbeitungsphase in einer Form, die die geflüchteten Schülerinnen und Schüler tatsächlich inkludiert und sie trotz unterschiedlicher Sprachniveaus in Englisch in die gemeinsame Arbeit gleichberechtigt einbindet.

In einer anschließenden Vertiefung werden die Lernenden in heterogenen Kleingruppen (mit und ohne ‚Easy-to-Read’-Version der Texte) aufgeteilt. Jeder Gruppe wird eine Rolle für die Diskussion zugewiesen: (I) a 15-year-old teenager who participates regularly in the demonstrations, (II) an environmental scientist who works for a non-governmental organization and who supports the teenagers by giving speeches at the demonstrations, (III) a parent who is against the demonstrations because he or she wants his or her child to be good at school, (IV) a politician who thinks a profound school education is the basis for political involvement and who is therefore against the demonstrations sowie (V) a host, der oder die als Diskussionsleiter bzw. –leiterin fungiert. In den Gruppen sollen gemeinsam eigene Argumente zusätzlich zu denen aus dem Sachtext erarbeitet werden, um die eigene Position zu stützen. Mögliche Gegenargumente können antizipiert und mögliche Entkräftungen notiert werden. Der Diskussionsleiter bzw. die Diskussionsleiterin überlegt währenddessen eine introduction zur Debatte und mögliche supporting questions an die Teilnehmenden, um die Diskussion in Gang zu bringen und aufrecht zu erhalten.

Auch in die Diskussion können sich die Schülerinnen oder Schüler gleichermaßen einbringen, unabhängig davon, ob sie mit der originalen oder der ‚Easy-to-Read‘-Textversion gearbeitet haben.

4. Fazit und Ausblick

Der Vorteil der eingesetzten ‚Easy-to-Read‘-Texte liegt bei diesem Szenario darin, dass alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam und gleichberechtigt, ausgehend von einer Textgrundlage, selbstständig Argumente aushandeln, am Klassendiskurs teilhaben können und dies nicht durch mögliche Verständnisschwierigkeiten behindert wird. Insofern wird ein wichtiges Grundprinzip von Inklusion ermöglicht. Die Tatsache, dass auch sprachlich schwächere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, Textgrundlagen zu durchdringen, verhilft ihnen zu neuem Selbstbewusstsein, einem erstarkten Selbstwirksamkeitsempfinden und somit zu mehr Motivation, sich am Diskurs im Unterricht zu beteiligen. Zudem ist die Anwendung des ‚Easy-to-Read‘ auf verschiedene Textvorlagen und für verschiedene Zielgruppen, z.B. mit unterschiedlichen Förderbedarfen, möglich. Es ist lehrwerks- und themenunabhängig einsetzbar und mit ein wenig Übung für alle Lehrpersonen erlernbar.

Auf der anderen Seite hat der Einsatz des ‚Easy-to-Read‘ gewisse Grenzen. Als alleinige Fördermaßnahme für – aus welchen Gründen auch immer – sprachlich schwächere Lernende reicht das ‚Easy-to-read‘ sicher nicht aus. Es kann aber ein wichtiges Hilfsmittel darstellen. Zudem eignen sich stark formbezogene Textsorten bzw. Gattungen wie etwa lyrische Texte weniger für eine in die formale Gestaltung eingreifende Modifikation. Insofern ist der Einsatz von durch ‚Easy-to-Read’ abgewandelter Texte auch für formbezogene Aufgaben (z.B. „Analyse the author’s language“) weniger geeignet. Vereinzelt erscheinen Teile des ‚Easy-to-read‘-Regelwerks für den Schulkontext überfordernd – so sollten alle modifizierten Texte idealerweise von einer Person, die zum Adressatenkreis des ‚Easy-to-Read‘ gehört, vor ihrem Einsatz geprüft werden (vgl. Inclusion Europe, 2014, S. 9). An dieser Stelle scheint eine Anpassung des Regelwerks für Lehrpersonen in der Schulpraxis ein wichtiges Forschungsdesiderat.

Während vor allem das Leseverstehen durch das ‚Easy-to-Read‘ unterstützt wird, ist durch die zusätzlichen Erklärungen von abstrakten Begrifflichkeiten auch eine Förderung im Bereich Wortschatz zu erwarten. Hierzu stehen allerdings ebenfalls empirische Ergebnisse aus. Ebenso wünschenswert sind Forschungsarbeiten im Hinblick darauf, welche Regeln für welche Zielgruppen insbesondere sinnvoll sind und welche ggf. problematisch erscheinen. Ein Gewinn für die Schulpraxis wäre, wenn diese Ergebnisse schließlich einerseits in die Lehrkräfteaus- und -fortbildung aufgenommen und andererseits zu einer Einbindung von ‚Easy-to-Read‘-Texten in Lehrwerken führen würden.

Arbeitsmaterial

Beispielhaftes Arbeitsmaterial zum Beitrag finden Sie hier als Download.

Literatur

Bredel, U., & Maaß, C. (2016). Leichte Sprache. Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis. Berlin: Duden.

Bock, B. (2017). Das Passiv- und Negationsverbot „Leichter Sprache“ auf dem Prüfstand: Empirische Ergebnisse aus Verstehenstest und Korpusuntersuchung. Sprachreport Heft, 33 (1), 20-28. Abgerufen von http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/sr17.html.

Bock, B. (2019). „Leichte Sprache“ – Kein Regelwerk. Sprachwissenschaftliche Ergebnisse und Praxisempfehlungen aus dem LeiSA-Projekt. Abgerufen von http://ul.qucosa.de/api/qucosa%3A31959/attachment/ATT-0/.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). (2014). Leichte Sprache. Ein Ratgeber. Frankfurt am Main: Zarbock. Abgerufen von https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a752-ratgeber-leichte-sprache.pdf?__blob=publicationFile&v=4.

Department of Health. (2010). Making written information easier to understand for people with learning disabilities. Guidance for people who commission or produce Easy Read materials. Revised edition 2010. Abgerufen von https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/215923/dh_121927.pdf.

Edler, C. (2014). Entwicklung der Leichten Sprache in Deutschland. Abgerufen von http://www.leichtesweb.de/dokumente/upload/Geschichte%20zur%20Leichten%20Sprache_011e8.pdf.

Feuser, G. (1989). Allgemeine integrative Pädagogik und entwicklungslogische Didaktik. Behindertenpädagogik, 28(1), 4–48.

Heine, A. (2017). Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – eine besondere Form leichter Sprache? Überlegungen aus der Perspektive des Faches DaF/DaZ. In B.M. Bock, U. Fix & D. Lange (Hrsg.), „Leichte Sprache“ im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung (S. 401-414). Berlin: Frank & Timme.

International Federation of Library Association and Institutions (IFLA). (2010). Guidelines for easy-to-read materials. Abgerufen von https://www.ifla.org/publications/guidelines-for-easy-to-read-materials.

Inclusion Europe. (2014). Informationen für alle. Europäische Regeln, wie man Informationen leicht lesbar und leicht verständlich macht. Pathways. GD Bildung und Kultur. Brüssel. Abgerufen von http://easy-to-read.eu/wp-content/uploads/2014/12/DE_Information_for_all.pdf.

Kellermann, G. (2014). Leichte und einfache Sprache. Versuch einer Definition. Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung. 64. 7-10.

Netzwerk Leichte Sprache e.V. (2015). Das ist Leichte Sprache. Abgerufen von https://www.leichte-sprache.org/das-ist-leichte-sprache/. Universität Leipzig. (2018). Forschungsprojekt LeiSA. Abgerufen von https://www.erzwiss.uni-leipzig.de/fakultaet/personen?view=proforschungsprojekt&id=173.

Nothing about us without us – Was die fachdidaktische Lehre von der Neurodiversity-Bewegung lernen kann

Dr. Judith Buendgens-Kosten (Institut für England- und Amerikastudien, Goethe Universität Frankfurt)

Dr. Heike Niesen (Institut für England- und Amerikastudien, Goethe Universität Frankfurt)

Abstract

In diesem Beitrag diskutieren wir den Wert von First-Person-Accounts für die Fachdidaktik und die fachdidaktische Hochschullehre, insbesondere in Kontexten von Inklusion. Vorgestellt wird ein universitäres Lehr-/Lernformat, das sich der Neurodiversität als Heterogenitätsdimension annimmt und darauf ausgerichtet ist, angehende Fremdsprachenlehrkräfte hinsichtlich des Umgangs mit neurodivergenten Schülerinnen und Schülern zu professionalisieren. 

1. Einleitung und Problemstellung: Fremdsprachliche Lehrerausbildung im Kontext von Inklusion

Die Diskussion um den Umgang mit Vielfalt in der Schülerschaft hat spätestens seit der Ratifikation der UN Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009 an Dynamik gewonnen, sehen sich Schulen nun doch verpflichtet, im Sinne der Inklusion behinderte und nicht behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam zu beschulen. So heißt es mit Blick auf das „Recht von Menschen mit Behinderung auf Bildung“, dass „Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinderungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden“, „dass sie Zugang zu einem integrativen [inklusiven], hochwertigen […] Unterricht“ haben, sowie dass „innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern“ (UN Behindertenrechtskonvention, Art. 24). 

Eine theoretisch und empirisch fundierte Konzeption inklusiven Englischunterrichts, die die Förderbedarfe aller Schülerinnen und Schüler ernst nimmt, muss, wenn sie in der Praxis tragfähig sein soll, alle am Bildungsprozess Beteiligten mit einbeziehen, d.h. Lehrerbildnerinnen und Lehrerbildner, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern. Dass dies bisher nicht in ausreichender Weise geschehen ist, macht folgende Äußerung deutlich: 

Es liegt eine besondere […] Ironie in der Tatsache, dass die politische Entscheidung zur Umsetzung der allgemeinen Maßgabe der Inklusion im (gesamten!) Bildungswesen ein sehr exklusiver Prozess war. Er war und ist exklusiv auf der Ebene der politischen Entscheidungsträger gefällt worden, ohne Partizipation der Betroffenen, ohne ihre Perspektiven, ihre Bedürfnisse und vor allem ihre Expertise. […] Diese Partizipation muss in der Bildungspolitik […] dringend nachgeholt werden, weil sie alle Ebenen des Bildungssystems – von der Lehrerbildung bis zu den Schulbaurichtlinien – betrifft“ (Hallet, 2017, S. 88).

Das von Hallet diskutierte Versäumnis wird in diesem Beitrag in den Kontext der Lehrerbildung gestellt:  Welche Rolle spielt die Vielfalt der Erfahrungen und subjektiven Theorien verschiedener Stakeholderinnen und Stakeholder für die Lehrerausbildung, insbesondere im Kontext des inklusiven Fremdsprachenunterrichts? Insbesondere diskutiert dieser Beitrag dabei die Rolle, die neurodivergente Personen in diesem Kontext spielen können. 

2. Subjektive Theorien fremdsprachlichen Englischunterrichts im Kontext von Inklusion

Lehrkräfte treten Inklusion – wie jedem anderen Konzept auch – mit bestimmten Annahmen und Einstellungen entgegen. Diese „subjektiven Theorien“ (Viebrock, 2014) oder „berufsbezogene[n] Überzeugungen […] bringen zum Ausdruck, was eine Lehrperson glaubt, worauf sie vertraut, was sie für subjektiv richtig hält und mit welchen fachpädagogischen Ideen, Anschauungen, Weltbildern und Wertorientierungen – mit welchem Professionsideal – sie sich identifizieren“ (Reusser & Pauli, 2014, S. 644). Als „wesentliches Element von Professionalität“ (Viebrock, 2014, S. 75) besteht ein enger Zusammenhang zwischen subjektiven Theorien und unterrichtlichem Handeln, auch wenn die Art und Ausprägung dieses Zusammenhangs nach wie vor nicht unumstritten ist (Caspari, 2014).  Mit anderen Worten: Zur erfolgreichen Umsetzung inklusiven Unterrichts braucht es die entsprechende Einstellung der Lehrkräfte. 

Hier stellt sich die Frage, wo subjektive Theorien ihren Ursprung haben. Es gilt mittlerweile als unumstritten, dass sich subjektive Theorien bereits während der Schulzeit herausbilden. Dieses, als „apprenticeship of observation“ (Lortie, 1975) bekannte Phänomen erweist sich für angehende Lehrkräfte als nachhaltig prägend: 

The apprenticeship of observation describes the phenomenon whereby student teachers arrive for their training courses having spent thousands of hours as schoolchildren observing and evaluating professionals in action. 

Borg, 2004, S. 274

Wenn die subjektiven Theorien jedoch über die apprenticeship of observation schon während der Schulzeit mit angelegt werden, bedeutet dies im Gegenzug, dass neurotypischen Lehramtstudierenden, die einen nicht-inkludierenden Englischunterricht erfahren haben, wichtige Erlebnisse und Beobachtungen, die ihre subjektiven Theorien hätten prägen können, fehlen. Mit anderen Worten: Haben die angehenden Lehrkräfte in ihrer eigenen Schulzeit keine inklusiv unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer beobachten bzw. „erfahren“ können, so werden sie diese fehlenden Erfahrungen auch nicht in ihren Überzeugungsschatz aufnehmen. Das reine Rezipieren der Schulerfahrungen anderer – etwa neurodivergenter (ehemaliger) Lernerinnen und Lerner – kann diese Lücke nicht schließen, die Auseinandersetzung mit solchen “first hand“ Erfahrungen, in Kombination mit üblichen fachdidaktischen Lehr-/Lernmethoden, mag aber im besten Fall zu einer Bewusstmachung und Reflexion der eigenen subjektiven Theorien um neurodiversitäts-sensiblen und damit inklusiv(er)en Englischunterricht führen.

In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, wie die jeweils individuellen Erfahrungen und Perspektiven von (neurodivergenten) Stakeholderinnen und Stakeholdern (z.B. neurodivergente Aktivistinnen und Aktivisten, neurodivergente Expertinnen und Experten, neurodivergente Lernende, neurodivergente Lehrende, neurodivergente Forschende, neurodivergente Eltern, etc.) für die Lehrerbildung fruchtbar gemacht werden können. In einem Seminar zu Neurodiversitäts-bezogenen Heterogenitätsdimensionen im Englischunterricht sollten neurodivergente Personen als Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen einbezogenen werden. Die Seminarkonzeption bezog sich dabei explizit auf Überlegungen und Forderungen des Disability Rights Movement sowie der Neurodiversitätsbewegung. 

2. Die Neurodiversitätsbewegung

Unterschiede zwischen Menschen können auf vielen Faktoren beruhen. Einer dieser Faktoren kann neurologische Unterschiedlichkeit sein. Das Wort „Neurodiversität“ stammt historisch aus (autistischen) Selbsthilfe-Kontexten (Singer, 2017), und bezog sich historisch nur auf Autismus, wurde aber seitdem als Begriff erweitert, um auch andere Formen neurologischer Unterschiedlichkeit abzubilden. 

Neurodiversität ist dabei sowohl ein Konzept, als auch die Selbstbezeichnung einer Bewegung. 

Eine mögliche Definition von Neurodiversität, die die wertfreie Beschreibung von Unterschiedlichkeit betont, wäre etwa die folgende: 

What we call the neurodiversity claim consists of at least two parts. One is related to the idea that there are indeed neurological (or brain-wiring) differences among the human population. Being autistic is one of them. One aspect of the neurodiversity claim is that autism (or some other neurological condition) is a natural variation among humans. Being neurodiverse or neurotypical (’normal‘) are just different ways of existing as humans. The second aspect of the neurodiversity claim is related to rights, non-discrimination and other more political issues.

Jaarsma & Welin, 2012, S. 21

Der Begriff ist der Versuch der Abgrenzung von einer rein klinischen Perspektive auf neurologische Andersartigkeit. Unterschiede, z.B. in der Verarbeitung von Sinnesreizen, sollen erst einmal wertfrei beschrieben werden (als Unterschiede statt als Defizite). Dies ist nicht der Versuch zu verneinen, dass neurologische Besonderheiten in konkreten Kontexten auch konkrete Herausforderungen bedeuten können, sondern eher das Bemühen, die Unterschiedlichkeit qua Unterschiedlichkeit nicht von vornherein negativ zu framen. Armstrong betont die Bedeutung einer solchen Loslösung von einer rein klinischen Perspektive auf Unterschiedlichkeit, hin zu einem Blick auf die besonderen Eigenschaften, Stärken und Bedürfnisse eines Schülers/einer Schülerin, speziell für den Unterricht: 

The implications of neurodiversity for education are enormous. Both regular and special education educators have an opportunity to step out of the box and embrace an entirely new trend in thinking about human diversity. Rather than putting kids into separate disability categories and using outmoded tools and language to work with them, educators can use tools and language inspired by the ecology movement to differentiate learning and help kids succeed in the classroom.

Armstrong, 2012, S. 12

Die Neurodiversitätsbewegung kann analog zur Disability Rights Bewegung gesehen werden, also als eine Self-Advocacy Bewegung, die primär über politisch-soziales Engagement die Lebensbedingungen von neurodivergenten Menschen verbessern möchte. 

Baker betont die gemeinschafts- und identitätsstiftenden Aspekte von Neurodiversität: „Fundamentally, neurodiversity asserts that neurological differences can be understood and experienced as much as a source of community and communal identity as can differences more routinely associated with politicized diversity, such as race, ethnicity, gender, religion, and sexual orientation“ (Baker, 2011, S. 20).  Wie in der Deaf Community spielen auch Überlegungen und Bestrebungen in Bezug auf Neurodivergente Kultur(en) (analog zur Deaf Culture) eine Rolle in der Neudiversitätsbewegung (Decker, 2015). Eine solche Perspektive würde dann natürlich auch die Frage nach der Repräsentation verschiedener Neurodivergenter Kultur(en) in Lehrbüchern, Lektüren, etc. aufwerfen – eine Diskussion, wie sie in Bezug auf Heterogenitätsdimensionen wie beispielsweise Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung oder ethnische, kulturelle und sprachliche Vielfalt und deren Repräsentanz in Lehrmaterialien, bereits vielfach geführt wird (z.B. Bittner, 2011). 

Neben Forderungen nach einem selbstbestimmten Leben, körperlicher Unversehrtheit, gesellschaftlicher Akzeptanz, Zugang zum Arbeitsmarkt etc. sind Forderungen in Bezug auf den Zugang zu Bildung Kernthemen der Neurodiversitätsbewegung. 

In der Fachdidaktik sind Neurodiversität als Konzept bzw. Positionen der Neurodiversitätsbewegung bisher kaum angelangt. Fachdidaktische Texte betrachten in der Regel einzelne Formen neurologischer Andersartigkeit, ausdifferenziert nach klinischen Diagnosen. Bestimmte Formen (z.B. Dyslexie) stehen dabei stärker im Fokus der Fachdidaktik als andere (z.B. Autismus oder Schizophrenie, auch wenn beide mit konkreten Herausforderungen in Bezug auf die (fremdsprachliche) Kommunikation assoziiert sein können). Sehr wenige (fach-)didaktische Texte beziehen sich explizit auf eine Neurodiversitätsperspektive (eines der wenigen Beispiele hier wäre Armstrong, 2012). Im Gegenteil, fachdidaktische Literatur im Kontext neurologischer Unterschiedlichkeit ist in aller Regel defizitorientiert. Dies ist insofern überraschend, als dass Konzepte aus der Neurodiversity-Bewegung sehr gut an aktuelle Diskurse zu Heterogenität andocken könnten. Dies wollen wir im Folgenden anhand des Potentials von „Nothing about us without us“, einem Konzept aus dem Disability Rights Movement das auch in der Neurodiversitätsbewegung einen festen Platz gefunden hat, weiter diskutieren. 

3. Nothing about us without us

Der Slogan „Nothing about us without us“ stammt vermutlich aus den frühen 1990er Jahren (Charlon, 1998, S. 14). Er beinhaltet eine Kernforderung des Disability Rights Movements, nämlich die Forderung nach Teilhabe am Diskurs über Behinderung und die Bedürfnisse und Rechte von Behinderten: 

Only in the past twenty-five years has this condition [of dependency, Ergänzung der Autorinnen] begun to change. Although little noticed and affecting only a small percentage of people with disabilities, this transformation is profound. For the first time in recorded human history politically active people with disabilities are beginning to proclaim that they know what is best for themselves and their community. This is a militant, revelational claim aptly capsulized in “Nothing About Us Without Us”.

Charlton, 1998, S. 4

Diese Forderung nach „Nothing about us without us“ bzw. „Redet nicht über uns, redet mit uns!“ (Knauerhase, 2014, S. 167, fett und kursiv im Original) wird auch von neurodivergenten Aktivist/innen vertreten.

Garrick, Winter, Sani, und Buxton (2015), die aus einer poststrukturalistischen Perspektive die Planung eines Lehrerbildungsseminars zu Diversity (mit Fokus auf Autismus) diskutieren, benennen das Potenzial, das sich ergibt, wenn mehrere Perspektiven in der Hochschullehre zu Diversity zusammengebracht werden: 

There is room to speak back to, speak with, and to speak against what is established by using the possibilities that data provide, the language that parents and teachers provide, and the learning that the academic/s responsible for each course on diversity have undertaken in consultation with others. Examples of possibilities are replete in the data and range from simply listening to all stakeholders, to using the legitimation codes as a means of activism.

Garrick et al., 2015, S. 133

In der Fachdidaktik und in der fachdidaktischen Hochschullehre wird über die Bedürfnisse und Rechte von Schülerinnen und Schülern in Schulkontexten gesprochen, oft ohne dabei diese Lernende zu Wort kommen zu lassen. Dabei besteht das Risiko, dass Lernende zu Objekten, statt Subjekten, des fachdidaktischen Diskurses werden. Sie sind indirekt im Diskurs vertreten, insofern Forschenden sowie Rezipientinnen und Rezipienten von Forschung in aller Regel ehemalige Schülerinnen und Schüler sind, haben jedoch selber kaum eine Stimme. Selbst Garrick et al. (2015) z.B. ziehen es nicht in Betracht, selbst betroffene Personen als Stakeholderinnen und Stakeholder direkt einzubeziehen. 

Dies stellt eine Schwachstelle der (fachdidaktischen) Forschung dar.  Csizér, Kormos und Sarkadi betonen von einer Second Language Acquisition (SLA) Warte aus: „the students themselves have rarely been asked about their experiences in language learning. In order to overcome the problems that LDs [learning disabilities, Anmerkung der Autorinnen] cause in learning another language, however, it is important to listen to the students’ own voices, because understanding them is the first step toward developing effective instructional programs“ (Csizér et al., 2010, S. 470f.). 

Dies kann insbesondere dann problematisch werden, wenn es um Lernende geht, die marginalisierten Gruppen angehören. Hier kommt es zu einer doppelten Objektifizierung: Als Lernerin bzw. Lerner und als marginalisierte Person. Die Herausforderung ist hier, gezielt marginalisierte Stimmen in den Diskurs einzubeziehen: Die Stimmen von neurodivergenten Lernenden, von neurodivergenten ehemaligen Lernenden, sowie von weiteren neurodivergenten Stakeholderinnen und Stakeholdern (z.B. auch in der Rolle als Lehrkräfte oder Forschende). Dies kann auch in indirekter Weise geschehen, z.B. durch Fachtexte oder literarische Texte, die von Angehörigen dieser Gruppen verfasst wurden (z.B. zum Thema Autismus: Bascom, 2012; Schreiter, 2014; Yergeau, 2018), oder als Minimalforderung  durch Forschung, die die Stimmen dieser Gruppen ernst nimmt und einbezieht (siehe z.B. Kenny et al., 2016; Csizér et al., 2010).

Im folgenden Kapitel werden wir diskutieren, welche Rolle neurodivergente Personen als Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen, ihre eigenen Bedürfnisse und ihre eigenen Forderungen, in der Lehrerbildung spielen können. 

4. Einsatz von Expertinnen und Experten für das eigene Lernen in der fachdidaktischen Hochschullehre

Das Neurodiversitätskonzept lädt dazu ein, neurologische Unterschiedlichkeit erst einmal wertfrei als Form von Heterogenität zu betrachten, die im inklusiv gedachten Englischunterricht so berücksichtigt wird, dass aus ihr keine Benachteiligung für den Lernprozess entsteht. Wie bereits oben angedeutet, werden wenige angehende Lehrkräfte im Rahmen ihrer “Apprenticeship of Observation“ positiven, nicht defizit-orientierten Umgang mit neurodivergente Mitschülerinnen und Mitschülern erlebt haben, und können in den meisten Fällen auch nicht auf eigene Erfahrungen mit neurologischer Unterschiedlichkeit zurückgreifen. Hier besteht also Bedarf, andere Perspektiven und anderes Erleben des Unterrichts kennen zu lernen. Gleichzeitig wäre es politisch und ethisch wünschenswert, Stimmen neurodivergenter Menschen direkt einzubeziehen, um, wie bereits oben ausgeführt,  existierende Marginalisierungen nicht zu verstärken. 

Dieser Beitrag entstand aus dem Versuch, eine Lehrveranstaltung in der Fachdidaktik Englisch zum Thema „Neurodiversity in the EFL classroom“ nach außen zu öffnen, und bewusst neurodivergente Stimmen in die Veranstaltung zu holen. Dies sollte auf zwei Ebenen geschehen: Der Verwendung von Texten von neurodivergenten Autorinnen und Autoren, sowie der Einladung von neurodivergenten Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen. Im Folgenden soll der Schwerpunkt auf das zweite Element gelegt werden. 

Wir sahen in diesem Format, neben politischen/ethischen Aspekten, auch eine Reihe von praktischen Potentialen. Studierende würden neurodivergente Menschen als Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen erleben, sie würden Ressourcen und Methoden kennenlernen, die von neurodivergenten Menschen als sinnvoll angesehen werden, und sie würden einüben, respektvoll über neurologische Unterschiedlichkeit zu sprechen. 

Verschiedene Formate der Beteiligung sollten möglich sein, d.h. Expertinnen und Experten würden nicht notwendigerweise ein Fachreferat halten oder einen Workshop durchführen, sondern auch Fragerunden, Feedback zu Gruppenarbeiten, etc. wären denkbare Formate. Expertinnen und Experten wären in diesem Sinne keine reinen Lieferantinnen bzw. Lieferanten einer Dienstleistung („Workshop“), sondern aktive Mitgestaltende ihrer Rolle in der Veranstaltung. 

Jede Öffnung nach außen beinhaltet natürlich auch Risiken. Der Besuch von externen Experten und Expertinnen muss vor- und nachbereitet werden. Sitzungen mit Experten und Expertinnen lassen sich oft nicht so genau planen wie nur von Dozierenden gestaltete Sitzungen, eine gewisse zeitliche Flexibilität ist also notwendig. 

Zum Lernen gehört es auch, Fehler zu machen. In einem guten Seminar sollte es möglich sein, auch Risiken mit seinen (z.T. auch auf das eigene Leben bezogenen) Äußerungen einzugehen. Um die Veranstaltung zu einem ’safer‘ space für Studierende und externe Experten und Expertinnen zu machen, folgte diese Veranstaltung den Chatham House Rules, d.h. „Teilnehmern (ist) die freie Verwendung der erhaltenen Informationen unter der Bedingung gestattet, dass weder die Identität noch die Zugehörigkeit von Rednern oder anderen Teilnehmern preisgegeben werden dürfen“ (Chatham House, n.d.). 

Einige Herausforderungen sind mit der Öffnung eines Seminars für die Stimmen marginalisierter Gruppen verbunden. Ein Aspekt ist, dass Leistung – gerade beim Einbezug marginalisierter Gruppen – bezahlt werden sollte. Ein häufiger Kritikpunkt innerhalb der Disability Rights Bewegung ist die Beobachtung, dass Beiträge von Behinderten nicht auf die gleiche Art honoriert werden wie Beiträge von Able-Bodied Individuen. Gerade für Angehörige marginalisierter Gruppen ist die Fähigkeit zu ehrenamtlicher Arbeit oft durch ökonomische Sachzwänge eingeschränkt. Eine Bezahlung –  zumindest im für Gastvorträge üblichen Rahmen – ist daher nicht nur eine grundlegend zu stellende ethische Forderung, sondern auch ein wichtiges Signal an die angesprochenen Communities. 

Eine weitere Herausforderung liegt in der Frage, wer unter das „us“ in „Nothing about us without us“ zu fassen ist. Interessensvertretungen wurden historisch oft eher von Eltern neurodivergenter Schülerinnen und Schülern gegründet, so dass viele einschlägigen Selbsthilfegruppen oder Interessensvertretungen traditionell durch nicht-neurodivergente Personen geleitet werden. Diese Gruppen können selbstverständlich hervorragende Arbeit leisten und bereichernde Inputs in einem Seminar geben, nicht-neurodivergente Vertreterinnen und Vertretern solcher Gruppen erfüllen jedoch nur eingeschränkt die Forderung von „Nothing about us without us“. Ähnliches gilt z.B. für Erziehungsberechtigte von neurodivergenten Lernenden, die sehr wertvolle Perspektiven beitragen können (z.B. die Elternperspektive auf häusliche Vor- und Nachbereitung von Unterricht), die aber, soweit sie selber nicht neurodivergent sind, ebenfalls die oben genannte Forderung nicht erfüllen können. In der Praxis bedeutet dies aber, dass die Rekrutierung von Expertinnen und Experten ohne persönliche Kontakte sehr anspruchsvoll sein kann, und auch im vorliegenden Seminar nicht zu dem Grad gelang, wie es wünschenswert gewesen wäre. 

Die inhaltliche Evaluation des Seminars erfolgte durch eine abschließende Focus Group Diskussion mit den Studierenden. Die Studierenden gaben an, dass sich das gewählte Format eigne, mit Neurodiversität einhergehende unterrichtspraktische Herausforderungen zu erkennen und perspektivisch anzugehen:

Ja ich denk auch die Experten haben uns für bestimmte Bereiche halt sensibilisiert […] und auch bestimmte Probleme und Herausforderungen aufmerksam gemacht und dann fand ich da an sich schön die Struktur von der Lehrveranstaltung dass wir dann […] hier immer noch am Ende noch eine kleine Phase hatten wo wir dann uns überlegt haben wie könnten wir das jetzt konkret fördern im Unterricht und wie könnte man Materialien erstellen […]

 Aus der Analyse ergab sich ebenfalls, dass aus Sicht der Studierenden die Perspektiven der eingeladenen Expertinnen und Experten maßgeblich zu einer Bewusstmachung und Überwindung eigener, meist defizitorientierter subjektiver Theorien beigetragen haben:

[…] ich kann immer nur mich als Beispiel LRS nehmen. Ich hätte […]  immer das Gefühl dass die Kinder teilweise faul sind und ich hatte so eine Gegnerhaltung teilweise und so hat man wirklich auch den Respekt vor dem Individuum auch […] bekommen, gerade bei Autismus und so.

Hierbei muss aber berücksichtigt werden, dass neben neurodivergenten Expertinnen und Experten auch andere Stakeholderinnen (z.B. Vertreterinnen von Selbsthilfegruppen und Verbänden, ein Elternteil eines neurodivergenten Kindes sowie eine Inklusionshelferin) als Expertinnen beteiligt waren. In der Focus Group zeigte sich, dass in dieser konkreten Seminaraufstellung es nicht unbedingt Aussagen von direkt selbstbetroffenen Personen, die aus der Ich-Perspektive sprachen, waren, die am stärksten beeindruckten, sondern z.B. abstrakte, dramatische Schilderungen der emotionalen und sozialen Folgen für Schülerinnen und Schüler, oder ein emotionales Statement einer Mutter eines neurodivergenten Kindes:

Also zum einen […] hat es mich bewegt oder fasziniert, dass […] so eine LRS-Schwäche wirklich eine Depression für so ein Kind hervorrufen kann bis hin zur Schulangst, Schulabbruch, Schulverweigerung ähm aber auch wie gesagt dieser Fakt dass jeder ja wirklich auch ein Recht auf inklusives, auf eine inklusive Beschulung hat und auch die Mutter meinte ja dann sie hat sich es ja auch nicht ausgesucht ein autistisches Kind zu haben.

5. Fazit

In diesem Artikel haben wir argumentiert, dass eine Neurodiversitätsperspektive auf neurologische Unterschiedlichkeit, die z.B. Autismus, AD(H)S oder Dyslexie wertfrei als Formen von Heterogenität betrachtet, eine sinnvolle Perspektive für den inklusiven Englischunterricht darstellen kann. Wir haben außerdem argumentiert, dass „Nothing about us without us“ eine wichtige Forderung ist, die bisher kaum in der fachdidaktischen Ausbildung berücksichtigt wird – obwohl die praktische Umsetzung dieser politisch/ethischen Forderung durchaus Vorteile für die fachdidaktische Hochschullehre haben kann. Wir haben erste Überlegungen zur Einbindung von neurodivergenten Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen präsentiert, und auf praktische Herausforderungen bei der Implementierung hingewiesen. 

Dieser Beitrag versteht sich dabei als eine Einladung zum Diskurs zu diesen Themen – eine Einladung, die auch explizit an neurodivergente Menschen als Expertinnen und Experten für ihr eigenes Lernen gerichtet ist. 

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Disziplinen- und phasenübergreifende Kooperation für die Lehrkräftebildung fruchtbar machen – Einsichten aus dem Entwicklungsteam TIES im Kontext inklusiven Englischunterrichts

Robin Straub (Wissenschaftlicher Mitarbeiter;  Zukunftszentrum Lehrerbildung (ZZL) der Leuphana Universität Lüneburg; Projekt ZZL-Netzwerk)

Stefan Spöhrer (Schulleiter; Johannes-Rabeler-Schule Lüneburg;
Studienseminarleiter für den Förderschwerpunkt Lernen; Studienseminar Lüneburg)

Lea Meimerstorf (Lehramtsstudierende Englisch; Leuphana Universität Lüneburg)

Abstract

Die Vorbereitung angehender Lehrkräfte auf inklusiven Fachunterricht erfordert die Bezugnahme auf unterschiedliche Fachexpertisen sowie die Berücksichtigung sowohl akademischer Grundlagen als auch berufspraktischer Handlungsorientierung. Am Beispiel des Entwicklungsteams Teaching in Inclusive English Settings (TIES) wird ein institutionen- und phasenübergreifendes Kooperationsformat vorgestellt. Im Sinne eines Third Space eröffnet die Entwicklungsarbeit im Team einen gemeinsamen Arbeits- und Denkraum, der die Expertisen und Interessen unterschiedlicher an der Lehrkräftebildung beteiligten Status- und Akteursgruppen für die Entwicklung von Lehr-Lern-Arrangements fruchtbar macht. Ergebnisse aus der Begleitforschung geben Einblicke in die Arbeitsweise sowie Chancen und Herausforderung der Entwicklungsteamarbeit.

1. Herausforderungen und Gestaltungsperspektiven inklusiven Englischunterrichts

1.1 Lehramtsstudierende auf inklusiven Englischunterricht vorbereiten – Eine doppelte Querschnittsaufgabe für die Lehrkräftebildung

Die Ausbildung angehender Lehrkräfte mit Blick auf inklusive Schule und inklusiven Fachunterricht wird im Rahmen des vorliegenden Beitrags als eine doppelte Querschnittsaufgabe für die Lehrkräftebildung verstanden (vgl. Lindmeier & Lütje-Klose, 2015). Einerseits ist die Gestaltung inklusiven Fachunterrichts, hier am Beispiel des Unterrichtsfachs Englisch, auf Beiträge aus der Allgemeinen und Sonderpädagogik, der Fachdidaktik sowie der Fachwissenschaft angewiesen. Je nach Problemstellung können weitere Disziplinen wie bspw. Erziehungswissenschaften (Lindmeier & Lütje-Klose, 2015), Bildungswissenschaften (Grosche, 2015) bis hin zur Gesundheitspsychologie hinzukommen, wenn bspw. Fragen zum spezifischen Belastungs- und Beanspruchungserleben inklusiver Unterrichtssettings erörtert werden (Peperkorn, Horstmann, Dadaczynski & Paulus, 2017). In der Schulpraxis findet die disziplinenübergreifende Zusammenarbeit vielfältige, wenngleich nicht immer konfliktfreie Entsprechungen. In der Forschungsliteratur wird u. a. auf multiprofessionelle Teams (Arndt, 2014), interprofessionelle Kooperationen (Dizinger, Fussangel & Böhm-Kasper, 2011) bzw. Co-Teaching-Formate (Friend, Cook, Hurley-Chamberlain & Shamberger, 2010) verwiesen, welche die Zusammenarbeit zwischen Fach- und Förderschullehrkräften sowie mit Schulbegleiter*innen und der Schulsozialarbeit in den Blick nehmen.

Andererseits muss sich eine Auseinandersetzung mit schulischer Inklusion notwendigerweise einer zentralen Herausforderung der Lehrkräfteprofessionalisierung stellen: der des sog. Theorie-Praxis-Problems (Villiger, 2015). Lehrkräftebildung zeichnet sich demnach durch ein grundlegendes Spannungsfeld zwischen akademischem Wissenschaftsanspruch und berufspraktischem Handeln aus, das durch die dreistufige Ausbildungsstruktur entlang der Phasen Studium, Vorbereitungs- und Schuldienst institutionell verankert ist (Hericks, 2004). Während im Studium die fachlichen, fachdidaktischen sowie bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Grundlagen mit wissenschaftlichem Anspruch gelegt werden, dient der Vorbereitungsdienst vorrangig dem Erwerb berufspraktischer Handlungskompetenzen, die im Verlauf der späteren Berufspraxis gefestigt und durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ausgebaut werden. Die Phaseneinteilung ist jedoch Brennpunkt anhaltender wie auch kontrovers diskutierter Problemwahrnehmungen, wie dem sog. „Praxisschock“ bzw. der Forderungen nach einem Ausbau des Praxisbezugs im Studium und der besseren Verzahnung der Phasen (Hericks, 2004; Monitor Lehrerbildung, 2016; Terhart, 2000).

Ausgehend von der zugrunde gelegten Problemwahrnehmung bedarf es folglich sowohl des Rückgriffs auf ausgewiesene Expertisen unterschiedlicher Bezugsdisziplinen als auch der Verschränkung der an der Lehrkräftebildung beteiligten Institutionen entlang der Phasen Studium, Vorbereitungs- und Schuldienst, um der doppelten Querschnittsaufgabe Lehrkräfte auf inklusiven Fachunterricht problemadäquat zu begegnen.

1.2 Disziplinen- & phasenübergreifende Kooperation in Third Spaces

Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, wie und unter welchen Bedingungen Lehr-Lern-Arrangements für die Ausbildung von Lehrkräften ausgearbeitet werden können, die sowohl eine interdisziplinäre Verschränkung als auch die Verbindung wissenschaftlicher und berufspraktischer Anforderungen gewährleisten. Mit Blick in die gegenwärtige Forschungsliteratur wird der ursprünglich im US-amerikanischen Diskurs entstandene und derzeit in der Schweiz stark rezipierte Ansatz des Third Space als fruchtbarer Referenzpunkt für die Ausgestaltung kooperativer Verzahnung diskutiert (Pilypaitytė & Siller, 2018; Zeichner, 2010). Third Spaces bzw. Hybride Räume seien als „Orte der Verhandlung“ zu verstehen (Fraefel & Bernhardsson-Laros, 2016, S. 103) und durch die wechselseitige Einlassung auf unterschiedlichen Positionen und Expertisen gekennzeichnet. Dies ermögliche eine konstruktive Auseinandersetzung und gemeinschaftliche Erarbeitung von Handlungsperspektiven, aber auch von konkreten Produkten, wie bspw. Konzepten und Materialien für universitäre Lehrveranstaltungen bzw. schulischen Unterricht. Als eine konstitutive Voraussetzung hierfür wird die wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung gesehen, die sich in einer hierarchiearmen Zusammenarbeit auf Augenhöhe manifestiert (Fraefel, 2018). In der Lehrkräftebildung wurde das Konzept der Third Spaces vorrangig als Schnittstelle zwischen den beteiligten Bezugsinstitutionen verhandelt. Eine Erweiterung um disziplinen- und fachübergreifende Zusammenarbeit, wie am Beispiel inklusiven Fachunterrichts, stellt demgegenüber bisher eine Ausnahme dar (vgl. Schmidt, 2017).

2. Disziplinen- & phasenübergreifende Kooperation im Entwicklungsteam TIES

Anhand des Entwicklungsteams Teaching in Inclusive English Settings – im Folgenden ET TIES genannt – wird ein Format für die disziplinen- und phasenübergreifende Zusammenarbeit in der Lehrkräftebildung vorgestellt (Straub & Dollereder, 2019). Hierbei bezeichnet „Entwicklungsteam“ (ET) ein disziplinen- und institutionenübergreifendes Kooperationsformat, das im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojekts ZZL-Netzwerks am namensgebenden Zukunftszentrum Lehrerbildung (ZZL) der Leuphana Universität Lüneburg entwickelt wurde. Leitgedanke der Zusammenarbeit in den ETs des ZZL-Netzwerks ist die ergebnisorientierte Auseinandersetzung mit übergeordneten Herausforderungen der Lehrkräftebildung durch Vertreter*innen der lehrkräftebildenden Institutionen (vor allem Universität, Schulen, Studienseminaren, Institutionen der Lehrkräfteweiterbildung). Ziel ist es hierbei, gemeinsam Konzepte und Materialien für eine integrierte Lehrkräfteausbildung zu entwickeln. Aus der Zusammenarbeit des ETs TIES gingen bspw. neben Handreichungen für die Schulpraxis auch themenspezifische Videolernbausteine sowie eine erprobte und evaluierte, einsemestrige universitäre Lehrveranstaltung im Bachelorstudium hervor (Blume, Roters, Schmidt & Gerlach, 2019; Blume & Schmidt, 2018).

Die Mitwirkung unterschiedlicher Akteursgruppen unter Berücksichtigung berufsspezifischer Diversitätsmerkmale (vgl. Tabelle 1) eröffnet die konstruktive Bezugnahme auf unterschiedliche Expertisen und Bedürfnisse und trägt somit zur besseren Verzahnung wissenschaftlicher und berufspraktischer Anforderungen, sprich: Theorie-Praxis-Verzahnung, bei. Im Verlauf der bisher zweijährigen Zusammenarbeit waren insgesamt 18 Personen aktiv am ET beteiligt, wobei im Zeitverlauf erwartungsgemäße Fluktuationen stattgefunden haben. Im Umfeld des ETs TIES ist noch ein erweiterter Personenkreis aktiv, der im Sinne von critical friends Fachexpertisen und Beurteilungen punktuell einbringt, jedoch nicht in die gesamten Aktivitäten des ETs eingebunden ist (z. B. Forschende anderer Universitäten zu für die Arbeit des ET relevanten Themenbereichen).

Die Arbeitsorganisation des ETs zeichnet sich entsprechend der Zusammenarbeit in Third Spaces durch eine hierarchiearme Zusammenarbeit aus. Gleichwohl organisatorische und koordinative Aufgaben vorrangig durch Universitätsvertreter*innen – insbesondere durch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin – übernommen wurden, galt in vielen Entscheidungsprozessen gleiches Stimmrecht für alle ET-Mitglieder. Dies trifft insbesondere auf inhaltlicher Ebene für die Festlegung der Arbeitsschwerpunkte und Ziele wie auch auf die Absprachen in Bezug auf Arbeitsweise und Umsetzung geplanter Aktivitäten zu. Übergreifende Abstimmungs- und Reflexionsphasen fanden im Plenum statt. Die Ausarbeitung einzelner Seminarinhalte erfolgte i. d. R. arbeitsteilig in institutionenübergreifenden Expert*innengruppen, wobei die wissenschaftliche Mitarbeiterin stets inhaltlich und koordinativ eingebunden war. Die Arbeitstreffen fanden im monatlichen Rhythmus und aufgrund der Ausstattung vorrangig in den Räumlichkeiten der Universität statt.

3. Befunde aus der Begleitforschung

3.1 Methodisches Vorgehen

In Ergänzung zu einer standardisierten Einstellungsbefragung, mittels derer epistemische, soziale und organisationale Facetten der Zusammenarbeit in den ETs erhoben wurde (Straub & Kulin, 2017), zielte eine qualitative Teilstudie darauf ab, gelingende sowie auch herausfordernde Aspekte der Zusammenarbeit herauszuarbeiten. Die Auswertungsmethode der offenen Antwortformate entspricht einer Kombination aus einer inhaltlich-strukturierenden und einer evaluativen, qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016). Das Kategoriensystem wurde deduktiv-induktiv entwickelt (vgl. Tabelle 2), wobei die deduktiven Kategorien aus den Skalen der standardisierten Fragebogenerhebung und die induktiven Kategorien entsprechend aus dem Datenmaterial abgeleitet wurden. An der Erhebung haben insgesamt 62 Personen aus den insgesamt acht ETs des ZZL-Netzwerks teilgenommen, wobei sich die nachfolgenden Befunde auf die Aussagen der Mitglieder des ETs TIES stützen (n = 10). 

Das im Zuge der qualitativen Inhaltsanalyse herausgearbeitete Kategoriensystem wurde im Anschluss durch je eine/n Vertreter*in aus Universität, Schulpraxis (Studienseminar/Schule) und Studierende in Einzel- bzw. Gruppengesprächen reflektiert, um illustrierende Beispiele ergänzt und somit die Befunde durch die Befragungsbeteiligten validiert.

3.2 Befunde

Soziale Integration durch Wertschätzung und Anerkennung

Als wesentliches Element für die soziale Integration des ETs und somit essenziell für die gelingende Zusammenarbeit wurde die wechselseitige Anerkennung und Wertschätzung der jeweiligen Expertisen wie auch Bedürfnisse angesehen. Der offene Austausch und die intensive Auseinandersetzung mit gemeinsamen Bezugsproblemen ermöglichte eine vertiefende Perspektivenübernahme, die in einem besseren Verständnis für alternative Positionen mündete. Andererseits wurden durch das differenziertere Verständnis Diskrepanzen bzw. abweichende Problemwahrnehmungen deutlich und somit für eine konstruktive Auseinandersetzung adressierbar. So wurde sichtbar, an welchen Stellen bereits starke Überschneidungen vorlagen. Die Kongruenzwahrnehmung, dass die eigenen Ansätze, Perspektiven und handlungsleitenden Überzeugungen mit denen der Kooperationspartner*innen anschlussfähig und als relevant erachtet wurden, bestätigte insbesondere die Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen der Schulpraxis in ihrer Berufsidentität. Dies zeigt sich exemplarisch in der Diskussion zum Thema fachspezifischer Unterrichtsstörungen, einer Thematik, die in der Fachdidaktik Englisch bisher kaum wissenschaftlich behandelt wurde, jedoch in Bezug auf die Gestaltung inklusiven Unterrichts durch die unterschiedlichen Akteursgruppen als hochrelevant erachtet wurde. Die Federführung bei der Entwicklung einer Seminareinheit zu diesem Thema übernahm daraufhin eine Förderschullehrkraft und Studienseminarleitung für Sonderpädagogik, die neben langjähriger Praxiserfahrung über umfassende Kenntnisse praxisnaher Literatur verfügte. Vertreter*innen der Universität nahmen hingegen eine vorrangig unterstützende Rolle ein und steuerten ihrerseits ergänzende Literaturvorschläge bei. Somit konnte anstelle wechselseitiger Zuschreibungen einer praxisfernen Wissenschaft bzw. einer unbedarften Tradierung berufspraktischen Handelns entgegengewirkt und stattdessen die Notwendigkeit zur Verknüpfung komplementärer Perspektiven sichtbargemacht werden. Studierende wiederum sahen sich in ihrer Kompetenzentwicklung bestärkt, indem sie auf Augenhöhe mit erfahrenen Expert*innen sowohl akademischer als auch schulischer Praxis interagieren und ihre Bedürfnisse und Vorschläge gleichberechtigt einbringen konnten.

Insgesamt wurde die auf den Arbeitsprozess sowie die status- und berufsgruppenbezogene Wertschätzung und Anerkennung als fruchtbar für die Zusammenarbeit im ET erlebt. Allerdings benannten die Befragten auch konkrete Herausforderungen. Insbesondere die Wissenschaftler*innen sahen sich mit einer hohen sozial-emotionalen Anforderung konfrontiert, die teils impliziten, teils expliziten Erwartungen nach wertschätzender und empathischer Kommunikation zu erfüllen und gleichzeitig für den Arbeitsprozess zentrale Organisations- und Koordinationsaufgaben zu verantworten. Hierin spiegelt sich ein immanentes Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe und der trotz allem gegebenen Statusunterschiede wider.

Eine weitere Herausforderung bestand im Umgang bzw. der Sichtbarmachung geleisteter Beiträge, bspw. in Form von Urheberschaft. Während die ET-Arbeit überwiegend als gleichberechtigt und partizipativ angesehen wurde, lag die wissenschaftliche Begleitforschung vorrangig in der Verantwortung der Wissenschaftler*innen. Studierende und Vertreter*innen aus dem Studienseminar und der Schulpraxis nahmen hier eine beratende Rolle ein, sodass eine Abgrenzung zwischen critical friend, Reviewer*in bzw. Ko-Autor*in herausfordernd war. Im ET wurde die Frage nach der Sichtbarmachung des Engagements und Autorenschaft vor allem mit Blick auf die entwickelten Praxisbeiträge explizit adressiert und infolgedessen insbesondere bei den gemeinsam entwickelten Seminarinhalten die hauptverantwortlichen Autor*innen der jeweiligen Sitzungen namentlich kenntlich gemacht sowie auch in der Außendarstellung des Projekts durch eine Netzwerkvisualisierung auf der Projekt-Homepage, sowie durch Posterpräsentationen und gemeinsame Vorträgen ausgewiesen (ZZL-Netzwerk, 2019).

Heterogene Teamkonstellation als Chance und Herausforderung

Die status- und berufsgruppenbezogene Heterogenität in der Teamkonstellation wurde durch die Mitglieder der ETs überwiegend als eine die inhaltliche Auseinandersetzung bereichernde und für die gemeinsame Entwicklung von Perspektiven und Ausarbeitung von konkreten Konzepten und Materialien befruchtende Ausgangslage wahrgenommen. Diese Potenziale wurden insbesondere auf den offenen Austausch und die Bereitschaft zur Verhandlung unterschiedlicher Positionen zurückgeführt. Allerdings setzen diese Effekte eine ergebnisorientierte Auseinandersetzung an einem gemeinsamen Bezugsproblem voraus. Bspw. äußerten die studentischen ET-Mitglieder das Bedürfnis, dass die entwickelten Materialien konkrete Orientierungshilfen und Handreichungen in Bezug auf spezifische Förderschwerpunkte enthalten sollten. Dem entgegen äußerten die beteiligten Lehrkräfte und Studienseminarleiter*innen jedoch Bedenken, dass durch den Fokus auf Förderschwerpunkte eine defizitorientierte Perspektive Vorschub geleistet und das Materialien auf etwaiges Rezeptwissen verkürzt werden könnte. Daher solle der Zugang zu den Materialen ressourcenorientiert erfolgen, indem von zu entwickelnden Kompetenzbereichen und einer inklusionssensiblen Didaktik ausgegangen werden solle. Bezeichnend für die Arbeit im ET war es, dass in der folgenden Auseinandersetzung die jeweiligen Bedürfnisse kritisch erörtert wurden, ohne diese jedoch gegeneinander auszuspielen. Dadurch konnte ein Konsens erzielt werden, der darauf abzielte, eine online-basierte Plattform einzurichten, die es erlaubt sich die Materialien aus einer fall- bzw. handlungsorientierten als auch einer konzeptionellen Perspektive heraus anzueignen und die gleichzeitig eine Verknüpfung beider Ebenen herstellt.

Der offene Austausch berufsgruppenspezifischer Expertisen und Bedürfnisse führte aus der Sicht der Wissenschaftsvertreter*innen auch zu einer Entlastung gegenüber einseitig überhöhten Erwartungen. So konnte bspw. ein ET-Mitglied, das der Landesschulbehörde angehört, vertiefende Auskünfte über politisch-administrative Vorgaben und Leitlinien geben, während Wissenschaftler*innen ihre Expertise über den Forschungsstand beisteuerten und Studienseminarmitarbeiter*innen und Lehrkräfte verdichtete Erfahrungswerte sowie Good-Practice-Beispiele einbrachten.

Heterogenität kann somit eine Ressource aufgrund der Verfügbarkeit unterschiedlicher Expertisen und Positionen sein, aber gleichzeitig auch eine Herausforderung aufgrund der notwendigen Auseinandersetzung und zusätzlichen Koordinationsanforderungen bedeuten. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Berufskontexte erschwerte die Terminfindung ebenso wie die Gruppengröße mit ca. zehn aktiven Personen sowie die bei einem freiwilligen Engagement kaum vermeidbare Fluktuation. Dies gilt insbesondere, wenn ko-konstruktive Arbeitsprozesse auf Basis von Mehrheits- bzw. Konsensentscheidungen gestaltet werden. Neue Mitglieder hingegen sind mit der Situation konfrontiert, sich mit Arbeitsständen auseinanderzusetzen, denen ein intensiver Aushandlungsprozess vorausgegangen ist, jedoch i. d. R. nicht grundsätzlich infrage gestellt werden können, um eine notwendige Kontinuität zwecks Zielerreichung im vorgegebenen Zeitrahmen sicherzustellen.

Gemeinschaftliche Zielsetzungen und ko-konstruktive Arbeitsweisen

Die Arbeitsweise und Zielorientierung wurde durch die beteiligten ET-Mitglieder als eine Verschränkung von top-down und bottom-up Ansätzen beschrieben, indem theoriegeleitete Themenschwerpunkte mit realen Fallbeispielen in Bezug zueinander gesetzt wurden (vgl. vorheriges Beispiel zu Förderschwerpunkten). Die Sichtung, Auswahl, Konkretisierung und Ausarbeitung inhaltlicher Arbeitsschwerpunkte wurde durch alle beteiligten Akteursgruppen als anspruchsvolle Aushandlungsprozesse beschrieben, da es unterschiedliche Pro- und Kontraargumente vor dem Hintergrund jeweiliger Relevanzwahrnehmungen zu verhandeln galt. Studierende begrüßten erwartungsgemäß die intendierte Verknüpfung wissenschaftlicher Grundlagen mit berufspraktischen Handlungsoptionen in praxisnahen Anwendungsbeispielen. Der dem offenen Austausch zugrunde liegende Anspruch der Ergebnisoffenheit und möglichst keine einseitigen Vorgaben zu machen, führt in der Retrospektive der beteiligten Akteur*innen dazu, dass die gemeinsame Zielformulierung noch klarer hätte ausgearbeitet werden können, um so konkretere Zielsetzungen in Bezug auf die Kompetenzentwicklung der Studierenden sowie deren Erfassung sicherzustellen.

Hierbei wurde die besondere Dynamik der Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Kooperationspartner*innen mit ungleichverteilten Ausgangslagen nochmals deutlich. Einerseits ermöglichte, wie zuvor ausgeführt wurde, ein wechselseitig wertschätzender und anerkennender Umgang miteinander etwaige Hemmnisse aufgrund von Statusunterschieden abzubauen und sich auf einen ko-konstruktiven Diskurs einzulassen. Andererseits macht es eine inhaltlich fruchtbare Diskussion erforderlich jeweilige Expertiseansprüche und Interessenslagen nicht zurückzuhalten, sondern im Gegenteil konstruktiv in die Diskussion einzubringen. Allerdings verfügten die Vertreter*innen der Universität aufgrund der Übernahme zentraler Koordinations- und Moderationsaufgaben über zusätzliche Gestaltungs- und Verantwortungsspielräume gegenüber den anderen Akteursgruppen. Diese strukturelle Asymmetrie wurde sowohl von Vertreter*innen der Schulpraxis als auch den Studierenden artikuliert, jedoch zugleich relativiert. Einerseits bestünden ihrerseits kaum die notwendigen Kapazitäten, um diese Aufgaben zusätzlich zu übernehmen. Andererseits wurde die Koordination durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin als große Entlastung empfunden, der zugleich eine hilfreiche Orientierungsfunktion zugerechnet wurde.

Wissensaustausch und ko-konstruktives Arbeiten als Ressource für professionelle Entwicklung

Die aktive Mitarbeit im ET eröffnete in der Wahrnehmung der beteiligten Akteursgruppen vielfältige Lernchancen, nicht nur im Hinblick auf die professionelle Entwicklung der künftig an den Seminarangeboten teilnehmenden Studierenden, sondern gerade auch für die beteiligten ET-Mitglieder selbst. Für erfahrene Lehrkräfte habe die Mitarbeit Fortbildungscharakter, da sie sich themenbezogen mit aktuellen Befunden aus der Forschung und konkreten Beispielen aus der eigenen Berufspraxis auseinandersetzen, hierbei aber vertiefende Einblicke in fachfremde Expertisen erlangen. Darüber hinaus wurden thematisch passende Aspekte aus der ET-Arbeit für die Arbeit im Studienseminar oder anlassbezogen im Schulunterricht adaptiert. Ebenso betrachten die Universitätsvertreter*innen die ko-konstruktivkokonstruktive Zusammenarbeit als bereichernd für die Ausschärfung und Weiterentwicklung wissenschaftlicher Fragestellungen und Ansätze. Bspw. führten die intensiven Diskussionen zu Fragen nach fachspezifischen Unterrichtsstörungen. Zudem wurde die enge Verzahnung wissenschaftlicher Konzepte und Befunde mit berufspraktischen Fallbeispielen als Validierung des eigenen Arbeitens erkannt. Aus der Perspektive der teilnehmenden Studierenden stelle die Mitarbeit im ET eine vertiefende Lerngelegenheit dar, indem sie erworbenes Fachwissen anhand authentischer, praxisnaher Problemstellungen in ko-kokonstruktiven Prozessen gemeinsam mit erfahrenen Expert*innen aus Wissenschaft und Schulpraxis in den gemeinschaftlichen Arbeitsprozess einbringen. Zudem artikulieren die Studierenden, sich zunehmend sichererer in ihrer beruflichen Identität als angehende Lehrkräfte und ihrer eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu sein.

4. Schlussbetrachtung

Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags war die Perspektive, dass die Entwicklung von Lehr-Lern-Arrangements zur Vorbereitung von angehenden Lehrkräften auf inklusiven Fachunterricht, hier am Beispiel des Fachs Englisch, als eine doppelte Querschnittsaufgabe zu verstehen ist. Neben der Einbindung unterschiedlicher Fachexpertisen (Fachdidaktik, Sonderpädagogik u.a.) bedürfen auf die Lehrkräfteprofessionalisierung ausgerichtete Seminarangebote der Verzahnung von wissenschaftlichen Grundlagen mit berufspraktischen Handlungskompetenzen. Am Beispiel des ETs TIES wurde ein institutionen- und phasenübergreifendes Kooperationsformat vorgestellt, das im Sinne eines Third Spaces einen gemeinsamen Arbeits- und Denkraum eröffnet, in dem die Perspektiven, Wissensstände und Erfahrungswerte unterschiedlicher an der Lehrkräftebildung beteiligter Status- und Berufsgruppen mit dem Ziel der ko-konstruktiven Zusammenarbeit verknüpft werden. Befunde der Begleitforschung indizieren, dass die heterogenen Teamkonstellationen insgesamt als eine Chance für einen offenen Austausch über Fach- und Organisationsgrenzen hinweg wahrgenommen wurden. Dies bereitete eine fruchtbare Ausgangslage für die vertiefende und ergebnisorientierte Auseinandersetzung. Die beteiligten Akteure*innen gaben an, dass Lernchancen und Wissenszuwachs dann am höchsten seien, wenn unterschiedliche Perspektiven in Bezug auf eine geteilte Herausforderung kritisch-konstruktiv verhandelt wurden. Die Ausarbeitung und Einigung auf gemeinsame Ziele und Arbeitsweisen stellt hierbei eine ebenso wichtige, wie zeitintensive Voraussetzung dar und ist mit hohem Koordinations- und Kommunikationsaufwand verbunden. Im Rahmen des vorliegenden Fallbeispiels, wurde herausgearbeitet, dass die Hauptlast der Koordinationsaufgaben durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin getragen wurde. Die daraus resultierende strukturelle Asymmetrie wurde durch die beteiligten Akteure*innen auf der Ebene der Zusammenarbeit allerdings nicht per se als schädliches Hierarchiegefälle von Wissenschaftler*innen gegenüber Vertreter*innen der Schulpraxis und der Studierenden wahrgenommen. Dies ist im Wesentlichen auf die ausgeprägte wechselseitige Wertschätzung und Anerkennung der beteiligten Status- und Berufsgruppen zurückzuführen. In diesem Sinne wird die soziale Integration der beteiligten Akteure*innen als eine zentrale Voraussetzung für die ko-konstruktive Zusammenarbeit gesehen.

Acknowledgments

Der vorliegende Beitrag ist im Forschungs- und Entwicklungsprojekt ZZL-Netzwerk an der Leuphana Universität Lüneburg entstanden und wird im Rahmen der gemeinsamen ,Qualitätsoffensive Lehrerbildung‘ von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen: 01JA1603; www.leuphana.de/zzl-netzwerk). Die Autor*innen danken zwei anonymen Gutachter*innen für konstruktive Hinweise im Zuge des Begutachtungsverfahrens. Ebenfalls wird Carolin Michels wird für die redaktionelle Durchsicht gedankt. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autor*innen.

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Inklusion im Fremdsprachenunterricht: Ergebnisse einer Studie zu den Herausforderungen für das gemeinsame Sprachenlernen aus Sicht von Lehrkräften

Marcus Bär & Melissa Martins da Silva ((Bergische Universität Wuppertal)

Abstract

Der nachfolgende Beitrag stellt eine kleine empirische Studie vor, bei der mithilfe eines Fragebogens die Perspektive von Lehrkräften auf die unterrichtliche Umsetzung eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts erforscht wurde. Es nahmen insgesamt zehn Lehrkräfte aus Nordrhein-Westfalen teil, die mindestens eine Fremdsprache unterrichten. Neben Englisch (5) sind auch die Sprachen Französisch (2) und Spanisch (5) vertreten. Die Studie fokussiert hierbei in Anlehnung an die sonderpädagogischen Förderschwerpunkte den Aspekt der Beeinträchtigungen und gibt die Sichtweisen der befragten Lehrkräfte hinsichtlich der allgemeinen sowie fremdsprachenspezifischen Herausforderungen in Abhängigkeit der Förderschwerpunkte wieder. Für die Studie wurde ein Fragebogen mit offenen und geschlossenen Fragetypen entwickelt, der auf der Grundlage konkreter Fallbeschreibungen die Herausforderungen für die Planung und Durchführung von Fremdsprachenunterricht thematisiert und somit eine Antwort auf die Frage zu finden versucht, ob bzw. inwieweit die genannten Herausforderungen förderschwerpunktabhängig sind. Die Studie fokussiert hierbei die Sicht der Lehrkräfte, da sie eine zentrale Rolle bei der Planung des Unterrichts und der Begleitung von Lernprozessen im Rahmen eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts spielen.

1. Einleitung und Problemstellung

Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesrepublik Deutschland jährt sich 2019 bereits zum zehnten Mal. Deutschland hat sich in diesem Zusammenhang verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu etablieren, welches eine gemeinsame Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung erlaubt (vgl. UN 2006, Art. 24). Als Konsequenz wurden u.a. rechtlichen Rahmenbedingungen in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer durch entsprechende Änderungen angepasst. So heißt es z.B. in § 2, Abs. 5 des Schulgesetzes NRW: „Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderung. In der Schule werden sie in der Regel gemeinsam unterrichtet und erzogen (inklusive Bildung)“ (MSB NRW, 2018). An dieser Stelle kann und soll nicht die definitorische Einengung des Begriffs Inklusion auf den Aspekt der Behinderung diskutiert werden, die im oben zitierten Schulgesetz zum Ausdruck kommt. Vielmehr ist es das Ziel dieses Beitrags, die Ergebnisse einer empirischen Studie vorzustellen, die die Herausforderungen aus Sicht der Fremdsprachenlehrkräfte skizziert, welche diese bei der konkreten Umsetzung inklusiven Unterrichts sehen, zumal – wie Gerlach (2015, S. 132) verdeutlicht – viele Lehrkräfte hierbei an ihre Grenzen stoßen und mit den damit verbundenen Ansprüchen überfordert sind. So wurde u.a. in einer Anfang 2019 unter Schulleiterinnen und Schulleitern durchgeführten Repräsentativbefragung im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) das Thema „Inklusion und Integration“ deutschlandweit als zweitgrößtes Problem an der Institution Schule – nach „Lehrermangel“ – genannt, was die Bedeutung bzw. Relevanz der Thematik für den Schulalltag eindrucksvoll unterstreicht (vgl. Forsa 2019, S. 5). 

Unsere Studie fokussiert die Aufdeckung aktuell bestehender Probleme, die aus Sicht von Lehrkräften eine Umsetzung beim gemeinsamen Fremdsprachenlernen erschweren. Dabei orientieren wir uns für diese Arbeit an einem engen Inklusionsbegriff und konzentrieren uns dementsprechend auf die Herausforderungen, die in Abhängigkeit der verschiedenen Förderschwerpunkte genannt werden, um u.a. zu ermitteln, ob bestimmte Förderbedarfe für die Durchführung eines Fremdsprachenunterrichts eine größere Herausforderung darstellen als andere und welche Begründungen hierfür von den Lehrkräften genannt werden.

2. Theoretische Grundlagen der Studie

Auch wenn wir uns grundsätzlich einem weiten Inklusionsbegriff verpflichtet fühlen, wie er bspw. bei Bär (2017) oder Schlaak (2016) beschrieben wird, so haben wir die Befragung der Lehrkräfte im Rahmen der nachfolgend beschriebenen Studie aus pragmatischen Gründen und in Anlehnung an die Ausführungen im o.g. Schulgesetz auf den Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf beschränkt. Bei der Definition der einzelnen Förderbedarfe orientieren wir uns an den Beschreibungen aus der Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen (AO-SF) (https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/Schulrecht/APOen/SF/AO_SF.pdf). Hiernach werden insgesamt sieben Förderschwerpunkte unterschieden: (1) Lernen, (2) Sprache, (3) emotionale und soziale Entwicklung, (4) Hören und Kommunikation, (5) Sehen, (6) geistige Entwicklung sowie (7) körperliche und motorische Entwicklung (vgl. ebd., § 2).

Die rechtliche Verankerung der Inklusion hat in den letzten Jahren u.a. dazu geführt, dass laut Statistiken der Kultusministerkonferenz (KMK) immer mehr Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden: So besuchten in Nordrhein-Westfalen bspw. im Schuljahr 2017/2018 ca. 56.000 Lernende – und somit etwa 42 % aller Förderschülerinnen und -schüler – eine allgemeinbildende Schule, während ca. 77.000 Lernende in Förderschulen unterrichtet wurden (vgl. KMK, 2019a, S. 27; KMK, 2019b, S. 15). Die steigenden Zahlen sind allerdings auch der Tatsache geschuldet, dass bei immer mehr Kindern ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wird (vgl. Klemm, 2015, S. 6). Diese Überblickszahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verteilung der einzelnen Förderschwerpunkte sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Über alle Schulformen hinweg dominiert der Förderschwerpunkt „Lernen“ (ca. 39% aller Lernenden), gefolgt vom Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ (ca. 21%) sowie vom Förderschwerpunkt „Sprache“ (ca. 11%). Interessant ist an dieser Stelle die Feststellung, dass sich die Anteile der Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen und allgemeinbildenden Schulen mit zwei Ausnahmen die Waage halten: Während sich die Schülerschaft bei fünf Förderschwerpunkten mit Quoten zwischen 45% und 55% in etwa gleich hoch auf Förderschulen und allgemeinbildende Schulen verteilt, besuchen Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“ zu etwa 65% und Lernende mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ zu etwa 88% eine Förderschule (vgl. KMK, 2019a, S. 8).

Allein diese in aller Kürze vorgestellten statistischen Daten zeigen, dass inklusiver Unterricht trotz zehnjähriger Erfahrung „nach wie vor eine große Herausforderung an Bildungspolitik und Schulorganisation, an ethische Haltung und professionelle Einstellung sowie an Lehrerkompetenzen und Unterrichtsgestaltung“ (Boenisch, 2016, S. 55) darstellt. Lehrkräfte stehen immer häufiger „ambivalenten Handlungsaufforderungen zwischen Förder- und Selektionsauftrag“ gegenüber (Kurtz & Köpfer, 2017, S. 137). Damit aber alle Adressaten eines inklusiven Fremdsprachenunterrichts am Regelunterricht teilnehmen können, bedarf es noch weiterer spezifischerer Maßnahmen, um den Fremdsprachenunterricht in einem umfassenden Sinne barrierefrei zu gestalten, zumal jede Art von Beeinträchtigung eine gesonderte Passung erfordert. Allerdings ist es nicht möglich, dass Lehrkräfte „in der ganzen Bandbreite oft sehr spezifischer, mit Spezialkenntnissen verbundener förderpädagogischer Kompetenzen ausgebildet werden“ (Hallet, 2017, S. 92), sodass selbst bei Zugrundelegung eines engen Inklusionsbegriffs auf zusätzliche personale Ressourcen zurückgegriffen werden muss. So sollten neben Lehrkräften der allgemeinen Schule auch weitere Personen mit sonderpädagogischer Expertise im Unterricht vertreten sein. Als Team sollte dann der Unterricht gemeinsam geplant und durchgeführt werden, zumal nur auf diese Weise „das für einzelne Beeinträchtigungen und Förderbedarfe notwendige professionelle spezialisierte Können und Wissen“ (ebd.) zur Verfügung steht. Aktuell wird die Situation durch eine „ressourcenbezogene Unterversorgung“ (Kurtz & Köpfer, 2017, S. 137) erschwert, zumal Inklusion oftmals lediglich als Strukturmaßnahme verstanden und als Sparprogramm durchgeführt wird (vgl. Küchler & Roters, 2014, S. 244). Inklusive Schulen verlangen aber „in enger Abstimmung arbeitende Teamplayer in multiprofessionellen Arbeitskontexten“ (Schmidt, 2017, S. 288), weshalb zukünftige Lehrkräfte bereits während des Studiums „auf die Herausforderungen und Chancen, methodisch-didaktische Besonderheiten und insgesamt Formen der effektiven, multiprofessionellen Zusammenarbeit (…) in inklusiven Lehr-/Lernsettings des schulischen Fremdsprachenunterrichts vorbereitet werden“ müssen (ebd.).

Eine erfolgreiche Umsetzung der Inklusion ist aber selbstverständlich von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Zu den Gelingensbedingungen gehören neben den zuvor beschriebenen notwendigen personellen Ressourcen vor allem die Art und der Grad der Beeinträchtigungen auf Seiten der Schülerinnen und Schüler (vgl. hierzu weiterführend Horne & Timmons, 2009) sowie eine entsprechende Bewusstheit auf Seiten der Lehrkräfte im Sinne von diagnostischer Kompetenz. Es gehört daher zu den Aufgaben der Lehrkräftebildung, neben der „Vermittlung einer positiven Grundhaltung und der grundsätzlichen Bereitschaft, sich auf neue Herausforderungen einzulassen“ (Bär, 2017, S. 16), auch „Kenntnis[se] von und über fachwissenschaftliche, (fach-)didaktische und (sonder-)pädagogische Theorien bzw. ein entsprechendes diagnostisches Wissen“ (ebd.) in die Studienpläne zu integrieren. Lehrkräfte müssen auch „über diagnostische Kompetenzen verfügen, sodass eine Identifikation von Lernausgangslagen, Beeinträchtigungen und Förderbedarfen möglich ist“ (Hallet, 2017, S. 92). Eine nicht adäquate Ausbildung der Lehrkräfte sowie fehlende institutionalisierte Fort- und Weiterbildungen können bereits zu Herausforderungen führen, zumal mangelnde Inklusionskompetenzen sowie unzureichende Inklusionserfahrungen Lehrkräfte sehr schnell an ihre Grenzen bringen können (vgl. Klemm, 2015, S. 8 sowie weiterführend u.a. Hedderich, 2016). Außerdem führen mangelnde Erfahrungen häufig zu Berührungsängsten und Gefühlen der Überforderung (vgl. Mendez, 2012, S. 6).

In der Fachliteratur werden darüber hinaus noch diverse andere Gelingensbedingungen beschrieben, die aus Platzgründen an dieser Stelle nur kurz erwähnt werden können. Neben der baulichen Infrastruktur sowie der räumlichen Ausstattung der Schulen wird v.a. das Fehlen passender Unterrichtsmaterialien und -medien als besondere Herausforderung genannt (vgl. u.a. Hallet, 2017, S. 93; Schmidt, 2017, S. 293). Diese Materialien müssten den Anforderungen an heterogene Lerngruppen dahingehend gerecht werden, dass auf differenzierende Aufgaben und Übungen im Hinblick auf verschiedenste Heterogenitätsdimensionen zugegriffen werden kann und bspw. Wahlmöglichkeiten in Bezug auf Lernprodukte und -wege bestehen. Eine zentrale Herausforderung stellt zudem die aktuelle Praxis der Leistungsbewertung dar, die sich in einem inklusiven bzw. differenzierenden Unterricht als schwierig darstellt, zumal das Paradox zwischen differenzierendem Unterrichten und standardorientierten Prüfen nicht gänzlich aufgelöst werden kann (vgl. z.B. Bär, 2017, S. 15f.). Für die meisten Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist von Rechts wegen eine zielgleiche Beschulung vorgesehen, sodass differenzierende (formative) Evaluationsformen, die sich an der individuellen Bezugsnorm orientieren statt an einer standardisierten Regelnorm, mit der systemisch bedingten Selektionsfunktion von Schule inkompatibel sind; die Möglichkeit der Gewährung von Nachteilsausgleichen für die zielgleich geförderten Lernenden soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben (vgl. u.a. Mendez, 2012, S. 10). Als Beispiele für offenere Formen der Leistungsbewertung werden in der Fachliteratur häufig Portfolios genannt, „in denen die Lehrkraft kriterienbasiert vorgehen kann und in einem begleitenden Prozess stärkenorientiert die individuellen (sprachlichen) Kompetenzen (…) einschätzen kann“ (Küchler & Roters, 2014, S. 244). Das Spannungsverhältnis, dem alle Lehrpersonen ausgesetzt sind, ist offensichtlich: Zum einen sollen alle gemeinsam unterrichtet und die Vielfalt im Sinne eines Lernzuwachses anerkannt und genutzt werden, zum anderen bleiben die Funktionen und Erwartungen der Schule unverändert, unter anderem die Selektionsfunktion und Leistungsbewertung.

3. Durchführung der Studie

Wie aus den vorangegangenen Ausführungen deutlich geworden ist, existiert bereits eine Reihe von theoretischen Annahmen über die lehrerseitigen Herausforderungen inklusiven Fremdsprachenunterrichts. Empirische Studien hingegen sind rar; so hat sich neben Kötter & Trautmann (2018) sowie Springob (2017) bspw. Gerlach (2015) im deutschsprachigen Kontext bereits mit der Perspektive von Lehrkräften auf Inklusion beschäftigt und „Experteninterviews mit Sonder- und Förderpädagogen mit Fremdsprachenlehrererfahrung sowie Fremdsprachenlehrkräften an Regelschulen mit Erfahrung in inklusivem Unterrichten“ (ebd., S. 128) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass Inklusion insgesamt „große Sorgen und auf praktischer Ebene Umsetzungsschwierigkeiten bereitet“ (ebd., S. 134). Die am häufigsten genannten Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen betreffen u.a. die i.d.R. nicht vorhandene Unterstützung durch eine zweite Lehrperson, die nicht ausreichende Aus- und Fortbildungssituation sowie fehlendes oder ungeeignetes Fördermaterial (vgl. ebd., S. 131ff.). Offen bleibt, ob bzw. inwiefern diese Herausforderungen in Abhängigkeit von den einzelnen Förderschwerpunkten stehen.

Bevor wir in Kapitel 4 die Ergebnisse unserer Studie erläutern, soll ein kurzer Einblick in den Aufbau und die Durchführung der Studie gewährt werden. Ausgangspunkt ist das Verständnis von Inklusion, das in Gesetzestexten und Verordnungen festgehalten ist (s.o.). Anhand konkreter Fallbeispiele, deren Beschreibungen sich an den dort aufgelisteten Förderschwerpunkten bzw. an den dort beschriebenen Beeinträchtigungen orientieren, wurde ein Fragebogen an über 30 willkürlich ausgewählte Fremdsprachenlehrkräfte an insgesamt sieben Gymnasien und Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen verteilt. Lehrkräfte an anderen allgemeinbildenden Schulformen wurden nicht einbezogen, da das Erlernen einer zweiten und dritten (romanischen) Fremdsprache wie bspw. Französisch und/oder Spanisch i.d.R. nur an Gymnasien und Gesamtschulen angeboten wird. Die Studie hatte einerseits das Ziel herauszufinden, wo die grundlegenden Herausforderungen im Hinblick auf das gemeinsame Lehren und Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf aus Sicht der Lehrkräfte liegen, und zum anderen zu ergründen, ob bzw. inwiefern diese abhängig vom (diagnostizierten) sonderpädagogischen Förderbedarf sind. 

Die Daten der vorliegenden Studie wurden mithilfe eines Fragebogens erfasst, der aus zwei Teilen bestand und als paper-and-pencil-Version durchgeführt wurde. Im ersten Teil des Fragebogens wurden personenbezogene Daten (z.B. zur Berufserfahrung und Fächerkombination, zu Erfahrungen im Umgang mit Inklusion usw.) erfragt sowie eine Beschreibung des Begriffsverständnisses von Inklusion erbeten. Darüber hinaus sollten die Lehrkräfte die (besondere) Funktion des Fremdsprachenunterrichts in einem inklusiven Schulsystem beschreiben und angeben, wie sie Inklusion empfinden (z.B. als Mehrfachbelastung, Bereicherung, Herausforderung, …). Der zweite Teil des Fragebogens war in sieben Teilabschnitte untergliedert: Jeder Abschnitt begann mit einem kurzen Fallbeispiel eines Kindes oder Jugendlichen zu einem spezifischen Förderbedarf, worauf stets die identischen Items folgten. Die Verwendung von Fallbeispielen wurde gewählt, um die Vergleichbarkeit der lehrerseitigen Antworten zu erhöhen, da sich diese stets an einer genau definierten Situation bzw. Beschreibung einer Beeinträchtigung orientieren konnten. Zum besseren Verständnis der Studienergebnisse sollen die sieben Fallbeispiele nachfolgend kurz erläutert werden: Beim Förderschwerpunkt „Lernen“ wird ein Kind vorgestellt, dessen Lernschwierigkeiten sich u.a. darin äußern, Wörter zu erkennen und vorzulesen; bei der Produktion schriftlicher Texte unterlaufen dem Kind zudem viele orthografische Fehler, weshalb es bei der Bearbeitung von Aufgaben mehr Zeit benötigt und schnell überfordert ist. Der Förderschwerpunkt „Sprache“ wird mit einem Kind umschrieben, das an einer Artikulationsstörung (Stammeln) leidet, weshalb es Laute nicht richtig aussprechen kann. Ferner fällt es ihm aufgrund des stark gestörten Redeflusses schwer, spontan zu sprechen. Hinsichtlich des Förderschwerpunkts „emotionale und soziale Entwicklung“ wird ein Kind vorgestellt, das eine geringe Selbststeuerung und ein eingeschränktes Sozialverhalten aufweist, was sich wiederum in häufiger Hyperaktivität, Aggressivität und Verweigerung äußert. Beim Förderschwerpunkt „Hören und Kommunikation“ wird ein Kind mit einer Beeinträchtigung der auditiven Wahrnehmung beschrieben, welches Schwierigkeiten beim Zuhören und Verstehen hat und somit schnell unaufmerksam wird. Ein Kind, das in seiner visuellen Wahrnehmung eingeschränkt ist, wird beim Förderschwerpunkt „Sehen“ vorgestellt. Es hat selbst aus der ersten Reihe Schwierigkeiten, die Tafelschrift zu lesen und kann die Schrift in Schulbüchern nicht entziffern. Das Fallbeispiel zum Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ beschreibt ein Kind mit einer deutlich eingeschränkten und situationsverhafteten Aufnahmefähigkeit. Seine Wahrnehmungs- und Denkprozesse sind schwerfällig, seine Feinmotorik sowie sein Ausdrucksvermögen sind eingeschränkt. Der letzte Förderschwerpunkt „körperliche und motorische Entwicklung“ wird mit einem Kind umschrieben, das in seiner Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt ist, sodass es auf einen auf ihn zugeschnittenen Stuhl angewiesen ist, der seine Körperhaltung unterstützt. Es benötigt Hilfe beim Einnehmen des Platzes und braucht sehr viel Zeit für die Bearbeitung kleinerer Aufgaben (z.B. einen Satz schreiben).

Wie bereits erwähnt, folgten den jeweiligen Fallbeispielen immer die gleichen Items; diese wurden ausgehend von den in der Fachliteratur angedeuteten Problemen inklusiven Unterrichts entwickelt und umfassten letzten Endes die folgenden acht Themenblöcke: (1) die unterrichtliche Erfahrungen mit Kindern mit einem ähnlichen Symptombild, (2) die Ausbildung der Lehrkräfte, (3) die Ausstattung mit passendem Unterrichtsmaterial, (4) die „soziale Beschulbarkeit“, (5) die Begleitung durch eine/n Sonderpädagogen/-in, (6) die Schulformwahl (Regelschule oder Förderschule), (7) die besonderen Herausforderungen für den Fremdsprachenunterricht sowie (8) die baulichen und technischen Ressourcen. Der Fragebogen fragt somit sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Daten, mit denen versucht wird, die Perspektive der im untersuchten Feld handelnden Personen zu erfassen. Die Erhebung der Daten erfolgte im Oktober 2018, wobei aufgrund einer geringen Rücklaufquote, die möglicherweise mit dem Umfang des Fragebogens zusammenhängt, lediglich zehn Fragebögen in die Auswertung einfließen konnten.

4. Ergebnisse der Studie

Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Studie näher beschrieben werden, wenngleich aus Platzgründen an dieser Stelle nur auf ausgewählte Aspekte eingegangen werden kann. Die Beschreibung der Ergebnisse erfolgt dabei nicht entlang der verschiedenen Förderschwerpunkte, sondern richtet sich an den zuvor genannten acht Themenblöcken aus, um die Abhängigkeit der Antworten vom jeweiligen Förderschwerpunkt besser verdeutlichen zu können.

Die Antworten der zehn Lehrkräfte, die alle an Gymnasien unterrichten, zeigen in Bezug auf die genossene Ausbildung folgendes Bild: Sieben Lehrkräfte weisen eine Berufserfahrung zwischen einem und vier Jahren; sie sind bereits in Form von Seminaren oder Studienprojekten im Laufe ihres Studiums mit dem Thema Inklusion in Berührung gekommen sind. Die drei Lehrkräfte mit längerer Berufserfahrung (hier neun, zwölf und 27 Jahre) geben hingegen an, während des Studiums keine entsprechenden Seminare o.Ä. besucht zu haben. Auf dieser Grundlage scheint es nicht verwunderlich, dass sich die Lehrkräfte mit längerer Berufserfahrung – förderschwerpunktübergreifend – bei 18 von 21 Fällen bezüglich der Aussage „Ich fühle mich zur Beschulung dieses Kindes genügend ausgebildet“ für „stimme eher nicht zu“ oder „stimme nicht zu“ entschieden haben. Aber auch die Lehrkräfte, die sich laut eigener Aussage während des Studiums mit dem Thema Inklusion auseinandergesetzt haben, fühlen sich in ca. drei Viertel der Fälle (36 von 49) nicht oder eher nicht ausreichend zur Beschulung des Kindes ausgebildet. Diese Aussagen verdeutlichen, dass die aktuellen Studiengänge offenbar lückenhaft, zu allgemein bzw. nicht differenziert genug sind. Zudem fehlt eine förderschwerpunktabhängige Ausbildung; häufig mangelt es an Wissen bzw. spezifischen Informationen über verschiedene Förderschwerpunkte und den Umgang mit ihnen (z.B. hinsichtlich gezielter Fördermöglichkeiten, Differenzierungsmaßnahmen, Methoden und Strategien zur Beschulung eines Kindes mit einem konkreten Förderbedarf). Allerdings ist es kritisch zu hinterfragen, inwieweit förderschwerpunktabhängiges und ggf. auch medizinisches oder therapeutisches Wissen Teil der fachlich orientierten Lehrkräftebildung sein kann, zumal Kinder mit demselben Förderschwerpunkt sehr unterschiedlich ausgeprägte Beeinträchtigungen aufweisen und verschiedene Fördermaßnahmen benötigen können. Für die befragten Fremdsprachenlehrkräfte stellen hinsichtlich einer Teilnahme am Fremdsprachenunterricht v.a. die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung eine große Herausforderung dar. Insgesamt zeigen die Antworten und weiterführenden Erläuterungen bzw. Begründungen der Lehrkräfte, dass weniger körperliche und organische Einschränkungen ein Problem oder eine Besonderheit für den Fremdsprachenunterricht darstellen, sondern vor allem kognitive, soziale, emotionale und sprachliche Beeinträchtigungen, da sich diese auf wichtige im Fremdsprachenunterricht zu erwerbende Kompetenzen auswirken können. Bei auditiven, visuellen oder motorischen Einschränkungen hingegen scheinen die Fördermöglichkeiten offensichtlicher bzw. bekannter zu sein, da den Beeinträchtigungen häufig durch technische Hilfen entgegengewirkt werden kann. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang noch folgender Hinweis: Die Einschätzungen der Lehrkräfte bezüglich ihrer Ausbildung zur Beschulung eines in den Fallbeispielen beschriebenen Kindes variieren dahingehend, dass Lehrkräfte, die laut eigener Aussage bereits ein Kind mit ähnlichen Beeinträchtigungen unterrichtet haben, sich besser vorbereitet bzw. genügend ausgebildet sehen, als diejenigen, die noch keine eigene Unterrichtserfahrung aufweisen. Erstere stimmen der Aussage „Ich fühle mich zur Beschulung dieses Kindes ausreichend ausgebildet“ in 46% (eher) nicht zu, während letztere dies doppelt so häufig angeben. Somit scheint bei der Beantwortung der Frage die (nicht ausschließlich ausbildungstechnisch bedingte) eigene Unsicherheit im Umgang mit Inklusion bzw. die Angst vor der Herausforderung eine große Rolle zu spielen (vgl. hierzu u.a. Mendez, 2012, S. 6).

Deutliche Unterschiede bei den Antworten der Lehrkräfte ergeben sich in Abhängigkeit vom Förderschwerpunkt hinsichtlich der Einschätzung, ob die Schülerinnen und Schüler eher in einer allgemeinen Schule oder in einer Förderschule unterrichtet werden sollten, wofür im Fragebogen der durchaus als kritisch einzustufende Begriff der „sozialen Beschulbarkeit“ gewählt wurde.1 In der Summe schätzen die Lehrkräfte – förderschwerpunktübergreifend – die Kinder aus den Fallbeispielen zu zwei Dritteln als sozial gut beschulbar ein, d.h. sie erkennen in der überwiegenden Zahl der Fälle keine Hindernisse, die gegen ein gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung in einer allgemeinen Schule sprechen. Dies verdeutlicht, dass die Lehrkräfte vom Grundsatz her der Inklusion der Kinder – zumindest der aufgeführten Fallbeispiele – positiv gegenüberstehen und zum Ausdruck bringen, dass der Besuch in einer allgemeinen Schule gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern möglich ist. Dies trifft insbesondere auf Kinder mit den Förderschwerpunkten Lernen, Hören und Kommunikation sowie Sehen zu, während eine Mehrheit der Lehrkräfte für Kinder mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung bessere Fördermöglichkeiten in einer Förderschule sehen. Uneinheitlich erweisen sich die Einschätzungen hinsichtlich des Förderschwerpunktes Sprache (vgl. hierzu die z.T. abweichende tatsächliche Verteilung der Förderschülerinnen und -schüler auf allgemeinen Schulen und Förderschulen; KMK 2019a).

Die lehrerseitigen Einschätzungen zur „sozialen Beschulbarkeit“ gehen wiederum mit den Aussagen hinsichtlich der (erwünschten) Begleitung durch eine sonderpädagogisch ausgebildete Lehrkraft einher. Die befragten Lehrpersonen geben u.a. an, dass eine geistige Beeinträchtigung die Teilnahme am Fremdsprachenunterricht aufgrund von Denk- und Wahrnehmungsstörungen sehr erschwert und dass eine einzelne Lehrkraft aufgrund der Klassengröße dementsprechend nicht die notwendige Aufmerksamkeit und Unterstützung geben kann, die ein Kind mit dieser Beeinträchtigung benötigt. Sie befürworten daher in diesem Fall – und darüber hinaus auch zur Unterrichtung von Kindern mit den Förderschwerpunkten Lernen, körperliche und motorische sowie emotionale und soziale Entwicklung – mehrheitlich die Begleitung durch einen Sonderpädagogen bzw. eine Sonderpädagogin. Beachtenswert erscheint in diesem Zusammenhang, dass die befragten Lehrkräfte nicht grundsätzlich die Unterstützung durch eine sonderpädagogische Lehrkraft begrüßen. Im Gegensatz zur theoretisch fundierten fachdidaktischen Literatur, die immer wieder die Sinnhaftigkeit des team-teachings betont (siehe auch Kapitel 2), tritt in den Aussagen der Lehrkräfte ein Verständnis zutage, welches die Rolle eines Sonderpädagogen bzw. einer Sonderpädagogin nahezu ausschließlich als Unterstützung für ein bestimmtes Kind versteht, d.h. „der Sonderpädagoge bzw. die Sonderpädagogin [übernimmt] nach Absprache die Förderkinder“ (Greiten, 2014, S. 116) und die Lehrkraft der allgemeinen Schule führt in der Folge mit den anderen Lernenden den Unterricht fort. Eine echte Zusammenarbeit bedeutet aber vielmehr „die gemeinsame Planung des Unterrichts, die gemeinsame Entscheidung über Förderschwerpunkte und das Treffen von weiteren Absprachen für den gemeinsamen Unterricht“ (Bär, 2017, S. 14).

Abschließend wollen wir noch auf die besonderen Herausforderungen für den Fremdsprachenunterricht eingehen. Die Antworten der Lehrkräfte zeigen auf, dass die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache, Hören und Kommunikation, geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung Spezifika für den Fremdsprachenunterricht umfassen. Zum einen ergeben sich besondere Herausforderungen für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen, da das Erlernen einer Fremdsprache durch bereits bestehende Schwierigkeiten in der Rechtschreibung und beim Lesen der L1 erschwert wird. Ferner wird die insbesondere bei zweiten und dritten Fremdsprachen anzutreffende steile Progression sowie die Verpflichtung zu schriftlichen Klausuren als sehr herausfordernd genannt. Die steile Progression führt auch zu Schwierigkeiten bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung, zumal sowohl Störungen der Wahrnehmungs- und Denkprozesse als auch der Konzentration und Selbststeuerung die Vermittlung neuer sprachlicher Strukturen laut Aussage der Lehrkräfte erschweren können. Bei den Förderschwerpunkten Hören und Kommunikation sowie Sprache besteht die besondere Herausforderung in der Teilnahme an Unterrichtsgesprächen in der Fremdsprache, welcher eine wichtige Bedeutung zum Einüben der Fremdsprache zukommt. Während beim Förderschwerpunkt Sprache das Problem im Bereich der Artikulation liegt, wird die Schwierigkeit für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation vor allem an der Geräuschkulisse festgemacht, die durch viele mündliche Austauschphasen (Tandembögen, Murmelphasen) häufig höher ist als in anderen Fächern. Bei auditiven Beeinträchtigungen können zudem Schwierigkeiten bei der Adaptation der richtigen Artikulation der Fremdsprache auftreten.

Es sei abschließend erwähnt, dass die befragten Lehrkräfte nicht nur auf die besonderen Herausforderungen inklusiven Fremdsprachenunterrichts verweisen, sondern sich auch zum Potenzial des Fremdsprachenunterrichts in einem inklusiven Schulsystem äußern und die Chancen betonen. So biete der Fremdsprachenunterricht bspw. das Potenzial, die Akzeptanz jedes Einzelnen zu schulen, da das Lernen von Sprachen stets auch die Beschäftigung mit fremden Kulturen impliziere.

5. Fazit

Aufgrund der geringen Rücklaufquote ist die Reichweite der vorliegenden Befragung sehr gering. Die Ergebnisse zeigen lediglich Tendenzen auf, die allerdings in weiten Teilen die theoretischen Annahmen der Fachliteratur im Hinblick auf die Herausforderungen bzw. bestehenden Probleme inklusiven Fremdsprachenunterrichts bestätigen. So stellt laut Aussage der Lehrkräfte die Lehrer(-aus-/-fort-)bildung ein großes Manko dar. In diesem Zusammenhang wäre förderschwerpunktabhängiges und sonderpädagogisches Wissen nötig, das nicht oder nur unzureichend Teil der verschiedenen (Ausbildungs-)Phasen ist. Stattdessen greifen die Lehrkräfte im Unterricht auf Alltagskonzepte, subjektive Erfahrungswerte sowie Ratschläge anderer Lehrkräfte zurück oder eignen sich Wissen durch eigene Recherche an. Insgesamt betonen die Lehrkräfte ein klares Dilemma zwischen Individualisierung und Normierung und fordern eine bessere materielle sowie personelle Ausstattung, um den Zielen der Inklusion – verstanden als gesellschaftliches Menschenbild – ein Stück näher zu kommen. Denn die Ergebnisse zeigen auch, dass die befragten Fremdsprachenlehrkräfte einem gemeinsamen Fremdsprachenunterricht für Kinder mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf mehrheitlich positiv gegenüberstehen und nur bei wenigen Förderschwerpunkten (geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung) den Besuch einer Förderschule befürworten. In Bezug auf den Fremdsprachenunterricht liegen laut Aussagen der Lehrkräfte die Herausforderungen bei Kindern mit den Förderschwerpunkten Lernen, geistige Entwicklung sowie emotionale und soziale Entwicklung besonders hoch.

Obwohl die Einschätzungen der Lehrkräfte in Abhängigkeit der einzelnen Förderschwerpunkte variieren, erachten sie insgesamt die gemeinsame Beschulung als möglich und wünschenswert, sofern die notwendigen Rahmenbedingungen gegeben sind. Und es ist Aufgabe aller beteiligten Akteurinnen und Akteure, diese Rahmenbedingungen zu schaffen und konkrete Wege für inklusiven Fremdsprachenunterricht aufzuzeigen sowie Materialien zu entwickeln, die sich an den Prinzipien des Inklusionskonzepts orientieren und somit gemeinsames Lernen ermöglichen, aber zugleich auch die verschiedenen Förderschwerpunkte berücksichtigen.

1 = Wir sind uns der Problematik des nicht systemischen Begriffs der sozialen Beschulbarkeit bewusst, verwenden ihn an dieser Stelle aber dennoch, da er im Rahmen der Studie genutzt wurde.

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Inclusive English Teaching Practices and English as a Lingua Franca – Providing Another (Goal) Dimension

Carolin Zehne (Bielefeld University)

Abstract

The aim of this article is to link English as a lingua franca (ELF) to inclusive practices in English language teaching (ELT). It will be argued that the use of English as a lingua franca can provide another dimension to the language. This is particularly useful in the light of differentiation and individualization in open settings. 

Firstly, the term inclusion will be briefly outlined in the context of this article. In a next step, ELF will be conceptualized in a competence-based approach and then linked to inclusive teaching in ELT. This will be done by viewing ELF as a set of features, a mindset, and a communicative mode and set of strategies.  

Each point will be elaborated on and discussed in connection with inclusion in ELT. As an outlook, some insights into first practical ideas for the classroom will be presented, particularly concerning the Lernaufgaben-Planungs-(LAP-)Modell1 (Eßer, Gerlach, & Roters, 2018) and competence-based tasks (Hallet, 2012).

1. Inclusive Teaching Practices in English

Issues of heterogeneity have in fact always been present in classrooms. The ways in which they have been recognized and dealt with have changed over time in the school context in Germany (Bär, 2017, p. 10; Königs, 2017, p. 126). Apart from the more general discussion about inclusion in educational settings, which became particularly prominent with the ratification of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities and Article 24 in Germany (Bär, 2017, p. 10), stakeholders of individual subjects have started to engage with the topic. This entails investigating what inclusion and inclusive teaching practices mean for their specific subject contexts and developing practical measures for teachers to use for their classrooms (Katzenbach, 2017, p. 136). Growing awareness of the need for conceptually and practically dealing with inclusion in the context of ELT in Germany is also reflected in a growing number of publications (Königs, 2017, p. 127). 

Through learning a foreign language in general and English with its status as a world language in particular, students encounter concepts of otherness and diversity, which are also prominent themes in inclusion (Bär, 2017, p. 15). Learning English as a foreign language also fosters students’ cultural participation in various discourses, as they are able to access these discourses through the language they learn (Küchler & Roters, 2014, p. 235). Being able to take part in various discourses in and through a foreign language is also described as a main goal of foreign/English language teaching (Hallet, 2012). 

Essentially in an educational context, “inclusion is concerned with providing appropriate responses to the broad spectrum of learning needs in formal and non-formal educational settings” (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, 2005, p. 15). Viewing inclusion – in the context of ELT – as a “pedagogical approach that starts with the learning of everybody” (Black-Hawkins, 2017, p. 13), it becomes apparent that the needs and predispositions of every individual student have to be taken into account in order to ensure the best learning outcome for everyone. This does not only include those students with a diagnosed special educational need (SEN), but rather individual predispositions and learner characteristics (Klippel, 2017, p. 115). However, oftentimes this broad view on inclusion vanishes in practice to some extent where the focus is rather set on disabilities/special needs (Katzenbach, 2017, p. 124). 

Within a broad view of inclusion which does not exclusively focus on disability, the focus on individual needs and abilities entails differentiated learning goals for all – individual goals for individual learners (Amrhein & Bongartz, 2014; Bär, 2017) or “consistent individualization,” as Küchler and Roters (2014, p. 244) call it. This entails open (Bär, 2017, p. 14) and individualized approaches to learning, holistic learning, differentiated tasks and material, as well as various kinds of scaffolding (Klippel, 2017, pp. 117-118). It has to be stated that modern, communicatively oriented foreign language teaching already provides a solid basis for such individualized approaches (Küchler & Roters, 2014, p. 241; Schäfer & Springob, 2018, p. 164). For providing such an open learning setting in which the needs of every learner are addressed on the one hand and communication – an essential part of foreign language teaching – does not get lost on the other, Feuser’s (1998) Gemeinsamer Gegenstand2 or Hallet’s (2012) competence-based tasks are often mentioned as adequate models to be taken as a basis (Eßer, Gerlach, & Roters, 2018; Schäfer & Springob, 2018). 

Subject specific requirements have to be met and ways have to be found to make the subject accessible for students with different dispositions following principles of learner and competence orientation, as well as meaningful communication (Eßer et al., 2018, p. 10). Klippel (2017, pp. 117-118) remarks to remain realistic and keep high demands on the part of the teachers in mind, especially when it comes to pragmatic aspects , such as big classes, the need to work with a course book, hardly any team teaching, as well as  a lack of specially trained educators (Schäfer & Springob, 2018, pp. 163-164). It should thus become clear that inclusion also requires changes on the macro and meso level, including institutional conditions such as class size or teacher training (Küchler & Roters, 2014, p. 245). 

With a broad view on inclusion in the context of ELT, the overall goal of enabling students to take part in discourses in the foreign language – in English in this case – can mean various things for students when consistent individualization in open settings is applied. How English as a lingua franca (ELF) can contribute to this individualization will be described in the next section. 

2. Conceptualizing ELF for Inclusive Teaching Practices in ELT

With the ever-growing use of English on a global scale, the field of research into the use of English as a lingua franca (ELF) has grown over the past 20 years. With some similarities to the World Englishes paradigm, research in the field investigates the use of English in lingua franca settings, i.e. mainly – but not exclusively – between non-native speakers of the language. As the global use of English transcends boundaries, is not regionally restricted and thus becomes quite complex, uncertainty remains as to what the term ELF actually means and whether it can be conceptualized as “a language, a language system, a code, or a variety” (Mortensen, 2013, p. 27). This uncertainty often leads to misconceptions and critical voices (Baker & Jenkins, 2015). These misconceptions include that ELF denies diversity and researchers in the field try to impose a single variety of English or promote a simplified version of it (Galloway & Rose, 2015, p. 164). It is thus important to briefly clarify what is meant by ELF in the context of this paper. 

With much empirical research and theoretical progression in the field, commonly used definitions stress the use of English as a lingua franca, including its variable, flexible, context-dependent nature:3 

  • any use of English among speakers of different first languages for whom English is the communicative medium of choice and often the only option (Seidlhofer, 2011, p. 7)
  • the use of English in a lingua franca scenario (Mortensen, 2013, p. 42)
  • […] ELF is whatever it is in a situation where two (or more) speakers need to communicate through a lingua franca (Ranta, 2018, p. 246)

The basis of its inherent flexible nature can be best described through what Mauranen (2018, p. 10) calls second order language contact: 

[…] speakers who use ELF as their means of communication speak English that is a product of language contact between their other languages and English; a shared first language is the source of similect affinity, and English comes in as they have encountered it in their learning process. ELF, then, means contact between these hybrid, contact-based lects – that is, ELF is a higher-order, or second-order language contact. Therein lies its particular complexity. 

If ELF is viewed as second-order language contact, its underlying multicultural and multinormative characteristics (Mortensen, 2013, pp. 37-38) become apparent. The English of speakers taking part in a particular communicative situation is always influenced by other languages those speakers know. These individual versions of English in turn come into contact in ELF situations (see also Figure 1). 

Figure 1: Multilingual, multicultural, and multinormative characteristics of the use of English as a lingua franca resulting from second-order language contact (based on Mauranen, 2018).

ELF is thus not “just” another variety of English. It cannot be clearly identified as a code. ELF rather functions a communicative tool and mode which can be best described “as a series of more or less demanding communicative situations where speakers come with whatever their language skills to tackle the communicative tasks at hand” (Ranta, 2018, p. 247).

With growing awareness of the nature of ELF use due to empirical research, there have been calls to implement some of these findings into ELT (Jenkins, 2012; Kohn, 2015a). Seidlhofer (2001) introduces the idea of a conceptual gap

[w]hile pedagogic ideas about teaching and learning on the one hand and sociolinguistic ideas about the sovereignty and prestige of indigenized varieties of English on the other may have changed quite dramatically, […] assumptions about the ‘E’ in TEFL have remained curiously unaffected by these momentous developments. In TEFL, what constitutes a valid target is still determined with virtually exclusive reference to native-speaker norms (p. 135). 

The way English is conceptualized for ELT is not in line with the changes the use and role of English have undergone. Research into the use of English as a lingua franca provide an insight into the ways in which the language is used by people from various language backgrounds for their individual communication needs without necessarily sticking to standard or native speaker norms. However, standardized models of English still provide the basis for teaching, even if they might not be representative of the diversity of the language. 

The following remark by Bieswanger (2008) illustrates that exposing students to standardized language only does not adequately prepare them for the challenges they have to face outside the classroom, in real-life communication, with native and non-native speakers: 

The conversation failed because their interlocutors did not speak the type of standardized English they had themselves learned in secondary school, but used a variety they considered „strange“. […] The above reports indicate that many years of English foreign language education in secondary school had not prepared these speakers for the sociolinguistic reality in an increasingly globalized world and had failed to create any kind of awareness of the considerable regional variation in the use of English (pp. 28-29).

Even though the issue of a mismatch between what is taught in the classroom and what students need outside this rather protected environment is not new, the field contributes to this general discussion (Swan, 2012, p. 383). 

In relation to the ELT classroom and students’ lives, ELF can thus be viewed as a certain competence to use English in variable, context-dependent lingua franca situations which students should acquire given the realities of English use and communication they have to face outside of the classroom, in real-life. ELF in such a competence-based framework for educational purposes can be regarded as 

  • A set of features for international intelligibility 
  • A mindset 
  • A communicative mode and set of strategies 

Each aspect of this conceptualization and its links to inclusion will be further explained in the following subsections. 

2.1 ELF as a Set of Features 

Even though research in the field of ELF has moved away from establishing ELF as a fixed variety with characteristic features (Jenkins, 2015; Seidlhofer, 2009), it can nevertheless be useful to keep in mind certain features which appear to be crucial for international intelligibility outside the classroom, even though they might not be characteristic for ELF per se. The two most prominent examples describe certain features on the phonological and lexico-grammatical level. In her Lingua Franca Core (LFC), Jenkins (2000, 2008) describes some features of pronunciation which appear to be essential for international intelligibility – so called core features –, along with features which do not impede intelligibility, but might be regarded as essential in more traditional, standard approaches to pronunciation – so called non-core features. Some non-core features cover the following areas:

  • Individual consonant sounds 
  • Groups of consonants (clusters) 
  • Vowels 
  • Nuclear stress placement (Walker, 2010, p. 28)4 

On the lexico-grammatical level, Seidlhofer (2004, p. 220) provides a preliminary list of features which frequently occurred in the naturally occurring data in the Vienna Oxford International Corpus of English (VOICE), a corpus of real-life ELF use: 

  • Dropping the third person present tense ’s’ 
  • Confusing the relative pronouns who and which
  • Omitting definite and indefinite articles where they are obligatory in English as a native language (ENL), and inserting them where they do not occur in ENL
  • Failing to use correct forms in tag questions (e.g., isn’t it? or no? instead of shouldn’t they?)
  • Inserting redundant prepositions, as in we have to study about…
  • Overusing certain verbs of high semantic generality, such as do, have, make, put, take
  • Replacing infinitive-constructions with that-clauses, as in I want that
  • Overdoing explicitness (e.g. black color rather than just black)

It has to be noted that these lists are not comprehensive, nor do they aim at replacing one model (Standard English) with another. However, they could raise awareness when it comes to “mistakes” or “errors” learners make when compared to the traditional normative reference model of Standard English in educational settings. Awareness of these features as an outcome of empirical research might provide teachers – as well as students – with a mindset that even if they might not be able to reach the expected Standard Language competence, e.g., when it comes to pronunciation, they are still intelligible at an international level, talking to other (non-) native speakers. This awareness is in turn connected to the second aspect of ELF conceptualized for (inclusive) ELT.

2.2 ELF as a Mindset

With more research devoted to how non-native speakers of English use language to generate meaning and communicate successfully, more emphasis is put on non-native speakers as users of the language in their own right, with their own unique abilities.5 As multicompetent users (Cook, 2006; 2007), they differ fundamentally from native speakers of English. Comparing them and their abilities exclusively to those of native speakers inevitably leads to a rather deficit-oriented view. Rather, attention should also be paid to how communicatively effective their language is (Seidlhofer, 2011, p. 195). This also takes into account the learners’ unique predispositions and (linguistic) resources. 

Heavily stressing individuality and emphasizing the active role of the learner, learning English becomes a matter of actively constructing what English entails for the students within Kohn’s (2011; 2015a) concept of a my English approach. Creating my English involves several aspects, such as 

  • creating one’s own declarative and procedural linguistic communicative knowledge (what is considered possible and appropriate) 
  • developing one’s individual profile of performance requirements
  • creating one’s own identity orientation (Kohn, 2015a)

Within a social constructivist framework, the construction of the students’ my English thus becomes a highly individual process which is influenced by numerous factors, such as aptitude, motivation, target norms and others, rather than being a purely normative or even behavioristic process in which native speaker/standard language target norms have to be approximated – the closer the better for the learner. 

This more resource-oriented approach to the learners’ individual abilities and resources is in line with a less deficit-oriented view in inclusive teaching practices and focuses on what learners can do within their individual possibilities. ELF as a mindset can thus support teachers and students in learning to value their own abilities more, even if a standardized version of English remains the model for the classroom. Like in inclusive approaches to ELT, the learners and their individually attainable learning outcomes become the central aspect in the classroom. Individualizing learning as a central aspect of inclusive teaching measures in ELT are strongly connected to the idea of constructing one’s own English within the range of what is possible and desirable for each individual student. For some students, this could also be connected to potential pronunciation or lexico-grammatical features listed above. ELF can thus contribute to a more positive and supportive atmosphere. This more general awareness of one’s own role as a non-native speaker of a language is connected to the last aspect of ELF in ELT.

2.3 ELF as a Communicative Mode and Set of Strategies

Viewing ELF as a communicative mode perhaps provides the most tangible aspect of a competence based model for the classroom. On the one hand, being competent in Standard English – especially in writing – certainly has its justification for ELT. On the other hand, a certain competence to use English in lingua franca settings as an addition to Standard English and as an aspect of the sociolinguistic reality of the use of English in today’s globalized world can be regarded as an important addition to ELT, particularly in connection with the construction of my English. Kohn (2015b) mentions ELF competences as a tangible framework for classroom practice (see Figure 2).6

Figure 2: Aspects of ELF competence described by Kohn (2015b).

Students should be made aware of the way English is used as a lingua franca and that the basis for successful communication in such settings might be different from the one in more standardized usage in the settings they are mainly exposed to in the classroom. This also includes greater awareness of the different ways in which English is used – by non-native speakers in lingua franca settings. Working on ELF comprehension skills, students are exposed to ELF in use, i.e. mainly unfamiliar pronunciation, unclear utterances, different sentence structures and others in a way that students develop processing strategies for this type of unfamiliar language-in-use. ELF-aware production skills in turn are more concerned with the students’ own language, especially outside the classroom in ELF settings. Considering the students’ own requirements for correctness and performance, they should be enabled to focus on their own linguistic resources to express themselves. Strategic communicative interaction might be viewed in the more general context of communicative competence. However, some communicative strategies might be particularly common in ELF communicative encounters (e.g. paraphrasing, self-repair and repetition, code switching, etc.). Regarding non-native speaker creativity, students should be given the space and possibility to actively and creatively use their linguistic resources to get meaning across. 

What becomes evident is that ELF should not be regarded as simply another variety which could replace Standard English or which could be seen as a simplified version of English for weaker students. The way English is conceptualized within ELF and how learners of English are viewed in their own right does, add to how English is conceptualized in a way that could be beneficial for inclusive teaching practices. Furthermore, a less deficit-oriented view with a focus on the individual learner is an essential element of inclusive teaching practices in English (Amrhein & Bongartz, 2014; Küchler & Roters, 2014). Using English in ELF settings is part of what Hallet (2012) calls fremdsprachliche Diskursfähigkeit7 as the main goal of ELT. Being able to actively participate in discourse does not only require competence in Standard English, but also competence in the use of English as a lingua franca.8 

ELF provides possibilities of differentiating more within open, learner-oriented settings. Research findings of naturally occurring ELF talk between non-native speakers (see 3.1) provide empirical evidence for a less deficit-oriented view when it comes to student abilities. Even though students’ spoken production might not conform to Standard English norms, they can make themselves understood. Closely connected to this is the more general idea of an ELF-aware mindset. ELF competences can be integrated as an additional element in the ELT classroom and provide more choices for students according to their individual propensity and abilities. 

For inclusive ELT, ELF as a set of features, a mindset, and a communicative mode provides more ways to differentiate and to meet the needs of every learner, e.g. giving students the chance to be exposed to non-native speaker accents if it is more relevant for them and their later lives (see Schulte & Schildhauer fc.) or practicing certain communication strategies. Being aware of ELF thus fosters several ends: 

  • Having an empirical basis and justification for the skills of weaker students when it comes to the potential minimal requirements for international intelligibility  
  • Opening up more challenging ways to being exposed to the language for more skilled students 
  • Providing a motivational factor in the sense that students can deepen their knowledge about the use of English in lingua franca contexts and the relevance of this mode of communication for their lives9

3. Discussion: The Role of ELF for Inclusive Teaching Practices in ELT on the Methodological Level

Elements of ELF competences can be implemented in open, task-oriented settings, such as competence-based tasks (Hallet, 2012) or the LAP model (Eßer et al., 2018) for planning inclusive English lessons. The competences can further be divided into: 

  • more input-oriented aspects (e.g. dealing with other non-native pronunciation or raising awareness of the role English plays as an international lingua franca)
  • communication strategies used in lingua franca encounters  

Within the framework of competence-based tasks, ELF and its associated competences can provide another element of choice, e.g., when it comes to input, topics, or scaffolding. The material provided for students could thus include input by non-native speakers or scaffolding which is based on features of ELF (see section 3.1). 

The same applies for the LAP model, in which ELF competences could be added in exercises (Übungen) or situational tasks (situative Aufgaben). Again, giving learners the opportunity to be exposed to input of other non-native speakers as a part of ELF comprehension skills could be one element. There is a lot of audio material available online which teachers can use as a source of input. Platforms like youtube.com, ted.com, myenglishvoice.com, or ello.org provide numerous chances to expose students to non-native speakers. Even though communication strategies might be hard to practice in the classroom to some extent, students could still practice skills like paraphrasing (e.g., having to explain certain specialized words for a presentation, taboo warm-up game, see Figure 3), code-switching, other-initiated repair, or self-repair, particularly when communicating with weaker students. 

Figure 3. Example of a taboo card for the warm-up game to practice paraphrasing.

Apart from implementing communication strategies in the classroom, communicating with other non-native speakers could be facilitated using apps or social media, e.g., through joining or creating an eTwinning project10 or joining epals11.

4. Conclusion 

English conceptualized as a lingua franca – a set of features, a mindset, as well as a communicative mode and set of strategies – provides a way to differentiate what successful communication and fremdsprachliche Diskursfähigkeit12 mean. It thus contributes to individualization and individual learning goals as a central aspect of inclusive teaching practices in ELT. Based on a broad understanding of inclusion, it can serve as a valuable addition for weaker and stronger students. This also includes motives for learning English. 

Similar to other inclusive teaching practices in ELT, practical ideas for teachers are much needed. To illustrate what implementing ELF into ELT practice could look like, the author of this article is currently working on a project which aims at developing best practice examples and material in close collaboration with teachers and students. For this, interviews with students and teachers are being conducted, and curricula as well as material in use are analyzed to explore institutional framework conditions in a multi-perspective view within a research design based on a constructivist Grounded Theory approach (Charmaz, 2014). Results of this framework analysis will then be taken into account while developing practical measures on the lesson level. 

Endnotes

1.  Learning task planning model 

2.  shared theme

3.  In contrast, earlier definitions of ELF stress its nature as a bounded, additionally acquired language system which often excludes native speakers in ELF settings: 

4.  For a detailed description of the LFC see e.g. Walker (2010). 

5.  This is not restricted to research in the field of ELF, see also e.g. Butzkamm and Caldwell (2009), Cook (1999, 2001, 2006).

6.  It has to be noted that these competences are mainly concerned with speaking and listening skills rather than writing due to framework conditions set by the respective curricula.

7.  Being able to take part in discourses that involve the foreign language. 

8.  The use of English as a lingua franca and its role in our globalized world is also mentioned in the curricula e.g. for North-Rhine Westphalia (e.g. Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (2004, 2014, 2019)). 

9.  Students display a clear awareness of the role English plays outside the classroom. Many students have experienced lingua franca situations in real-life which they perceived as different from using English in the classroom. The way they use English as a lingua franca outside the classroom evokes feelings of pride and confidence (Zehne, in press).  

10.  https://www.etwinning.net/en/pub/projects.htm

11.  http://www.epals.com/.

12.  Being able to take part in discourses that involve the foreign language.

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